Metrische Räume

Euklidische Räume

Betrachtet man die stufenweise Erweiterung des Zahlensystems \(\natural \rightarrow \integer \rightarrow \rational \rightarrow \real \rightarrow \complex \), so sieht man, dass jeder der Schritte \(\natural \rightarrow \integer \rightarrow \rational \) und \(\real \rightarrow \complex \) durch Probleme motiviert wird, die rein algebraischer Natur sind. Anders beim Schritt \(\rational \rightarrow \real \): Hier handelt es sich um eine metrische/topologische Vervollständigung. Dass dieser Schritt weitreichender ist, erkennt man auch daran, dass \(\rational \) im Gegensatz zu \(\real \) abzählbar ist und in Computern gespeichert werden kann.

Auf dem euklidischen Raum \(\real ^n\), ein \(\real \)-Vektorraum, kann man ein Skalarprodukt
\(\innerproduct {-, -}\colon \real ^n \times \real ^n \rightarrow \real \) definieren durch \(\innerproduct {(x_1, \dotsc , x_n), (y_1, \dotsc , y_n)} = x_1 y_1 + \dotsb + x_n y_n\).
Es erfüllt die Skalarprodukt-Axiome

  • \(\innerproduct {x, x} \ge 0\) und \(\innerproduct {x, x} = 0 \;\Leftrightarrow \; x = 0\),

  • \(\innerproduct {x, y} = \innerproduct {y, x}\) sowie

  • \(\innerproduct {x, \lambda y + \mu z} = \lambda \innerproduct {x, y} + \mu \innerproduct {x, z}\).

Das Skalarprodukt induziert eine Norm \(\norm {x} = \sqrt {\innerproduct {x, x}}\), die wiederum die Norm-Axiome

  • \(\norm {x} \ge 0\) und \(\norm {x} = 0 \;\Leftrightarrow \; x = 0\),

  • \(\norm {\lambda x} = |\lambda | \norm {x}\) sowie

  • \(\norm {x + y} \le \norm {x} + \norm {y}\) erfüllt.

Die Norm induziert dann eine Metrik \(d(x, y) = \norm {x - y}\) mit den Metrik-Axiomen

  • \(d(x, y) \ge 0\) und \(d(x, y) = 0 \;\Leftrightarrow \; x = y\),

  • \(d(x, y) = d(y, x)\) sowie

  • \(d(x, z) \le d(x, y) + d(y, z)\).

Man kann auch von den Axiomen ausgehen und auf einem \(\real \)-Vektorraum \(V\) ein euklidisches Skalarprodukt definieren (eine positiv definite, symmetrische Bilinearform \(\innerproduct {-, -}\) auf \(V\)). Damit wird \((V, \innerproduct {-, -})\) zum euklidischen Vektorraum.
Analog kann man normierte Vektorräume definieren. Jedes Skalarprodukt induziert eine Norm, diese erfüllt die Ungleichung von Cauchy-Schwarz \(|\innerproduct {x, y}| \le \norm {x} \cdot \norm {y}\).

Beispiele für euklidische Räume:
\(\Omega = \natural \), \(\ell ^2(\Omega ) = \{f\colon \Omega \rightarrow \real \;|\; \sum _{x \in \Omega } f(x)^2 < \infty \}\) (Menge aller quadrat-summierbaren Abbildungen) mit Skalarprodukt \(\innerproduct {f, g} = \sum _{x \in \Omega } f(x)g(x)\). Für \(\Omega = \{1, \dotsc , n\}\) erhält man den \(\real ^n\) mit üblichem Skalarprodukt.
\(\C ([0,1], \real )\) mit Skalarprodukt \(\innerproduct {f, g} = \int _0^1 f(x)g(x)\dx \).

Beispiele für normierte Räume:
Jede euklidische Raum ist normiert mittels \(\norm {x} = \sqrt {\innerproduct {x, x}}\) (induzierte Norm).
Auf \(\real ^n\) wird für \(1 \le p < \infty \) die Norm \(\norm {x}_p = (|x_1|^p + \dotsb + |x_n|^p)^{1/p}\) (\(p\)-Norm) definiert, ebenso \(\norm {x}_\infty = \sup \{|x_1|, \dotsc , |x_n|\}\) (Supremums-Norm).
\(\Omega = \natural \), \(\ell ^\infty (\Omega ) = \{f\colon \Omega \rightarrow \real \;|\; \sup _{x \in \Omega } |f(x)| < \infty \}\) (Menge aller beschränkten Abbildungen), \(\norm {f}_\infty = \sup _{x \in \Omega } |f(x)|\) sowie \(\ell ^p(\Omega ) = \{f\colon \Omega \rightarrow \real \;|\; \sum _{x \in \Omega } |f(x)|^p < \infty \}\) (Menge aller \(p\)-summierbaren Abbildungen, \(1 \le p < \infty \)), \(\norm {f}_p = (\sum _{x \in \Omega } |f(x)|^p)^{1/p}\).

Metrische Räume

Metrik:  Sei \(X\) eine Menge. Eine Abbildung \(d\colon X \times X \rightarrow \real \) heißt Metrik, falls sie M1, M2 und M3 erfült. Das Paar \((X, d)\) heißt dann metrischer Raum.

Beispiel: Jeder normierte Raum \((V, \norm {-})\) induziert eine Metrik durch \(d(x, y) = \norm {x - y}\).
\(d\colon \real ^n \times \real ^n \rightarrow \real \), \(d(x, y) = \norm {x - y}\) für \(\real x = \real y\) und \(d(x, y) = \norm {x} + \norm {y}\) für \(\real x \not = \real y\) ist eine Metrik (französische Eisenbahn-Metrik).
\(d\colon X \times X \rightarrow \real , d(x, y) = 0\) für \(x = y\) und \(d(x, y) = 1\) für \(x \not = y\) ist eine Metrik
(diskrete Metrik).
Ist \(d\colon X \times X \rightarrow \real \) eine Metrik, so auch \(d^\ast (x, y) = \min \{d(x, y), 1\}\) (gestutzte Metrik) und \(d’(x, y) = \frac {d(x, y)}{1 + d(x, y)}\) (gestauchte Metrik). \(d\), \(d^\ast \) und \(d’\) sind topologisch äquivalent (s. u.).
Ist \(d\colon X \times X \rightarrow \real \) eine Metrik und \(Y \subset X\), so auch \(d_Y\colon Y \times Y \rightarrow \real \), \(d_Y(x, y)= d(x, y)\) für \(x, y \in Y\) (Teilraum).

Konvergenz und Stetigkeit

offener/abgeschlossener Ball:  Sei \((X, d)\) ein metrischer Raum. Für \(x \in X\) und \(r \in \real _{> 0}\) sei \(B(x, r) := \{y \in X \;|\; d(x, y) < r\}\) bzw. \(\overline {B}(x, r) := \{y \in X \;|\; d(x, y) \le r\}\) der offene bzw. abgeschlossene Ball um \(x\) mit Radius \(r\) (\(B(x, \varepsilon )\) heißt auch \(\varepsilon \)-Umgebung um x).

offene/abgeschlossene Menge: 
\(O \subset X\) heißt offen (bzgl. der Metrik \(d\)), falls \(\forall _{x \in O} \exists _{\varepsilon > 0}\; B(x, \varepsilon ) \subset O\).
\(A \subset X\) heißt abgeschlossen (bzgl. der Metrik \(d\)), falls \(X \setminus A\) offen ist.

Umgebung:  \(U \subset X\) heißt Umgebung von \(x \in X\), falls \(\exists _{\varepsilon > 0}\; B(x, \varepsilon ) \subset U\).

Beispiel: \(O \subset X\) ist offen genau dann, wenn sie Umgebung jedes ihrer Punkte ist.
\(B(x, r)\) ist offen und \(\overline {B}(x, r)\) ist abgeschlossen.

Satz (System aller offenen Mengen): Das System \(J \subset P(X)\) aller offenen Mengen erfüllt

  • \(\emptyset , X \in J\),

  • für alle \(O_1, \dotsc , O_n \in J\), \(n \in \natural \) gilt, dass \(O_1 \cap \dotsb \cap O_n \in J\), sowie

  • für alle \(O_i \in J\), \(i \in I\) gilt, dass \(\bigcup _{i \in I} O_i \in J\).

Konvergenz:  Seien \((X, d)\) ein metrischer Raum und \(a \in X\).
Eine Folge \(\{x_n\}_{n \in \natural }\) in \(X\) konvergiert gegen \(a\), falls \(\forall _{\varepsilon > 0} \exists _{m \in \natural } \forall _{n \ge m}\; d(a, x_n) < \varepsilon \).
Das ist der Fall genau dann, wenn jede Umgebung von \(a\) fast alle Folgenglieder enthält
(d. h. alle bis auf endlich viele). Der Grenzwert ist (falls existent) eindeutig.

Stetigkeit:  Seien \((X, d)\) und \((Y, e)\) metrische Räume.
Eine Abbildung \(f\colon X \rightarrow Y\) heißt stetig, falls \(\forall _{x \in X} \forall _{\varepsilon > 0} \exists _{\delta > 0} \forall _{x’ \in B(x, \delta )}\; f(x’) \in B(f(x), \varepsilon )\).
Das ist der Fall genau dann, wenn für jede offene Menge \(O\) in \(Y\) \(f^{-1}(O)\) offen in \(X\) ist.

(topologisch) äquivalente Metriken:  Zwei Metriken \(d, e\colon X \times X \rightarrow \real \) heißen
(topologisch) äquivalent, falls jede Teilmenge \(Y \subset X\) genau dann offen bzgl. \(d\) ist, wenn sie offen bzgl. \(e\) ist. Dies ist der Fall genau dann, wenn durch \(d\) und \(e\) derselbe Konvergenzbegriff definiert wird (was der Fall ist genau dann, wenn derselbe Stetigkeitsbegriff definiert wird).

Beispiel: Auf \(\real ^n\) sind die \(p\)-Metriken (\(1 \le p \le \infty \)) äquivalent. Auf \(\C ([0,1], \real )\) gilt dies nicht!

Topologische Räume

Topologische Räume

Topologie:  Sei \(X\) eine Menge. Ein System von Teilmengen \(\T \subset P(X)\) heißt Topologie, falls

  • \(\emptyset , X \in \T \),

  • für alle \(U_1, \dotsc , U_n \in \T \), \(n \in \natural \) gilt, dass \(U_1 \cap \dotsb \cap U_n \in \T \), sowie

  • für alle \(U_i \in \T \), \(i \in I\) gilt, dass \(\bigcup _{i \in I} U_i \in \T \).

Das Paar \((X, \T )\) heißt dann topologischer Raum. Die Elemente \(U \in \T \) heißen offene Mengen, ihre Komplemente heißen abgeschlossene Mengen.

Beispiel: Jede Metrik \(d\) eines metrischen Raums \((X, d)\) induziert eine Topologie
\(\T _d = \{U \subset X \;|\; U \text { offen bzgl. d}\}\). Für \(X = \real ^n\) bzw. \(X \subset \real ^n\) ist \((X, \T _d)\) Topologie bzgl. der euklidischen Metrik bzw. bzgl. der eingeschränkten Metrik.

metrisierbar:  Eine Topologie \(\T \) heißt metrisierbar, falls sie von einer Metrik induziert wird.

Beispiel: Die diskrete Topologie auf \(X\) ist \(\T = P(X)\) und wird von der diskreten Metrik induziert. Die indiskrete Topologie auf \(X\) ist \(\T = \{\emptyset , X\}\), sie ist nicht metrisierbar (\(|X| \ge 2\)).

(offene) Umgebung:  Sei \(a \in X\). Eine offene Menge \(O \in \T \) mit \(a \in O\) heißt offene Umgebung von \(a\). \(U \subset X\) heißt Umgebung von \(a\), falls \(U\) eine offene Umgebung von \(a\) enthält.

Konvergenz:  Eine Folge \(\{x_n\}_{n \in \natural }\) in \(X\) konvergiert gegen \(a \in X\), falls jede Umgebung \(U\) von \(a\) fast alle Folgenglieder enthält (also \(\exists _{m \in \natural } \forall _{n \ge m}\; x_n \in U\)).

Beispiel: Für metrische Räume ist dies die übliche Konvergenz.
In der diskreten Topologie konvergieren genau die fast-konstanten Folgen.
In der indiskreten Topologie konvergiert jede Folge gegen jeden Punkt.

Vergleich von Topologien:  Seien \(\T _1, \T _2 \subset P(X)\) Topologien. \(\T _1\) heißt feiner bzw. echt feiner als \(\T _2\), falls \(\T _1 \supset \T _2\) bzw. \(\T _1 \supsetneqq \T _2\). In diesem Fall heißt \(\T _2\) heißt gröber bzw. echt gröber.

Beispiel: Auf \(\C ([0,1], \real )\) ist für \(1 \le p < q \le \infty \) die Topologie der \(q\)-Norm echt feiner als die Topologie der \(p\)-Norm. Auf der Menge \(\C _C(\real , \real )\) der kompakt getragenen Funktionen (d. h. Funktionen, bei denen der Abschluss der Nichtnullstellenmenge kompakt ist) sind die \(p\)-Norm und die \(q\)-Norm nicht vergleichbar. Auf \(X = \{a, b\}\) gibt es die vier Topologien \(\{\emptyset , X\}\), \(\{\emptyset , \{a\}, X\}\), \(\{\emptyset , \{b\}, X\}\) und \(\{\emptyset , \{a\}, \{b\}, X\}\), die rautenförmig angeordnet werden können.

Beispiele

Sei \((X, \le )\) eine geordnete Menge.
Die Ordnungstopologie auf \(X\) ist \(\T = \{U \subset X \;|\; \forall _{x \in U} \exists _{a < x < b,\; a, b \in X}\; \left ]a,b\right [ \subset U\}\).

Sei \(X\) eine Menge. Die koendliche Topologie ist \(\T = \{U \subset X \;|\; U^C \text { endlich}\} \cup \{\emptyset \}\).
Hier konvergieren genau die Folgen, die jeden Wert \(\not =\) GW nur endlich oft annehmen.

Sei \(X\) eine Menge. Die koabzählbare Topologie ist \(\T = \{U \subset X \;|\; U^C \text { abzählbar}\} \cup \{\emptyset \}\).
Hier konvergieren genau die fast-konstanten Folgen.

Sei \(S \subset \complex [X_1, \dotsc , X_n]\). Die Nullstellenmenge von \(S\) ist definiert durch
\(V(S) := \{x \in \complex ^n \;|\; \forall _{f \in S}\; f(x) = 0\}\). Die \(V(S)\) heißen Zariski-abgeschlossen, ihre Komplemente Zariski-offen. Die Zariski-Topologie ist \(\T = \{\complex ^n \setminus V(S) \;|\; S \subset \complex [X_1, \dotsc , X_n]\}\).

Funktionenräume

punktweise Konvergenz:  Auf \(\real ^\real \) definiert man die Topologie der punktweisen Konvergenz wie folgt: Eine Folge \(f_n\colon \real \rightarrow \real \) konvergiert punktweise gegen \(f\colon \real \rightarrow \real \), falls \(f_n(x) \to f(x)\) für jedes \(x \in \real \), d. h. \(\forall _{x \in \real } \forall _{\varepsilon > 0} \exists _{m \in \natural } \forall _{n \ge m}\; |f(x) - f_n(x)| < \varepsilon \).
Für jede endliche Menge \(J = \{x_1, \dotsc , x_n\} \subset \real \) und \(\varepsilon > 0\) sei die \((J, \varepsilon )\)-Umgebung von \(f\) \(U(f, J, \varepsilon ) := \{g\colon \real \rightarrow \real \;|\; \forall _{x \in J}\; |f(x) - g(x)| < \varepsilon \}\).
Eine Menge \(O \subset \real ^\real \) heißt offen, falls es für alle \(f \in O\) ein \(J = \{x_1, \dotsc , x_n\}\) und \(\varepsilon > 0\) gibt, sodass \(U(f, J, \varepsilon ) \subset O\).
Dies definiert eine Topologie. Eine Folge \(f_n\) konvergiert gegen \(f\) bzgl. dieser Topologie genau dann, wenn \(f_n\) gegen \(f\) punktweise konvergiert.

gleichmäßige Konvergenz:  Analog definiert man die Topologie der gleichmäßigen Konvergenz: \(f_n\) konvergiert gleichmäßig gegen \(f\), falls \(\forall _{\varepsilon > 0} \exists _{m \in \natural } \forall _{x \in \real } \forall _{n \ge m}\; |f(x) - f_n(x)| < \varepsilon \).
Die \(\varepsilon \)-Umgebung von \(f\) ist \(U(f, \varepsilon ) := \{g\colon \real \rightarrow \real \;|\; \forall _{x \in \real }\; |f(x) - g(x)| < \varepsilon \}\).
Eine Menge \(O \subset \real ^\real \) heißt offen, falls es für alle \(f \in O\) ein \(\varepsilon > 0\) gibt, sodass \(U(f, \varepsilon ) \subset O\).
Dies definiert eine Topologie. Eine Folge \(f_n\) konvergiert gegen \(f\) bzgl. dieser Topologie genau dann, wenn \(f_n\) gegen \(f\) gleichmäßig konvergiert.

Bei Potenzreihen, z. B. der Exponentialfunktion \(\exp \colon \real \rightarrow \real \), \(\exp (x) = \sum _{k=0}^\infty \frac {x^k}{k!}\), hat man manchmal das Problem, das sie zwar punktweise konvergiert (d. h. die Folge der Partialsummen konvergiert punktweise), jedoch nicht gleichmäßig. Daher führt man einen weiteren Konvergenzbegriff ein, sozusagen ein „Kompromiss“ zwischen punktweiser und gleichmäßiger Konvergenz.

gleichmäßige Konvergenz auf jedem Kompaktum:  \(f_n\) konvergiert gleichmäßig auf jedem Kompaktum gegen \(f\), falls \(\forall _{K \subset \real \text { kompakt}} \forall _{\varepsilon > 0} \exists _{m \in \natural } \forall _{x \in K} \forall _{n \ge m}\; |f(x) - f_n(x)| < \varepsilon \).
Für \(K \subset \real \) und \(\varepsilon > 0\) definiert man \(U(f, K, \varepsilon ) := \{g\colon \real \rightarrow \real \;|\; \forall _{x \in K}\; |f(x) - g(x)| < \varepsilon \}\).
Eine Menge \(O \subset \real ^\real \) heißt offen, falls es für alle \(f \in O\) eine kompakte Menge \(K \subset \real \) und ein \(\varepsilon > 0\) gibt, sodass \(U(f, K, \varepsilon ) \subset O\).
Dies definiert eine Topologie. Eine Folge \(f_n\) konvergiert gegen \(f\) bzgl. dieser Topologie genau dann, wenn \(f_n\) gegen \(f\) gleichmäßig auf jedem Kompaktum konvergiert.

Bemerkung: Die Topologie \(\Tglm \) der gleichmäßigen Konvergenz ist echt feiner als die Topologie \(\Tkpkt \) der gleichmäßigen Konvergenz auf jedem Kompaktum, welche echt feiner als die Topologie \(\Tpw \) der punktweisen Konvergenz ist. \(\Tglm \), \(\Tkpkt \) sind metrisierbar, dagegen ist \(\Tpw \) nicht metrisierbar (entsprechender Satz s. u.).

Topologische Grundbegriffe

Menge der Umgebungen:  Sei \((X, \T )\) ein topologischer Raum. \(\U _x\) bezeichnet die Menge aller Umgebungen von \(x\) in \((X, \T )\) und \(\U _x^\circ \subset \U _x\) bezeichnet die Menge aller offenen Umgebungen von \(x\) in \((X, \T )\).

Lemma (Menge offen \(\Leftrightarrow \) Umgebung jedes ihrer Punkte):
\(U \subset X\) ist offen genau dann, wenn \(U\) Umgebung jedes ihrer Punkte ist.

(offene) Umgebung von Mengen:  Sei \(M \subset X\). Eine offene Menge \(O \subset X\) mit \(M \subset O\) heißt offene Umgebung von \(M\). Eine Menge \(U \subset X\), die eine offene Umgebung von \(M\) enthält, heißt Umgebung von \(M\). \(\U _M\) bezeichnet die Menge aller Umgebungen von \(M\).

Satz (Umgebungsaxiome): Sei \((X, \T )\) ein topologischer Raum. Dann gilt (Umgebungsaxiome):

  • \(X \in \U _x\), \(\forall _{U \in \U _x}\; x \in U\)

  • \(\forall _{U, V \in \U _x}\; U \cap V \in \U _x\)

  • \(\forall _{U \in \U _x} \forall _{U \subset V \subset X}\; V \in \U _x\)

  • \(\forall _{V \in \U _x} \exists _{U \in \U _x} \forall _{y \in U}\; V \in \U _y\)

Umgekehrt: Ist \(\{\U _x \;|\; x \in X\}\) eine Familie von Mengensystemen, die (U1) bis (U4) erfüllt, dann existiert genau eine Topologie \(\T \) auf \(X\), für die \(\U _x\) das Umgebungssystem für jedes \(x \in X\) ist, nämlich \(\T = \{O \subset X \;|\; \forall _{x \in O}\; O \in \U _x\}\).

topologische Grundbegriffe:  Bezüglich einer Teilmenge \(M \subset X\) heißt \(x \in X\)
innerer Punkt, falls \(M \in \U _x\),   äußerer Punkt, falls \(M^C \in \U _x\),
Randpunkt, falls \(\forall _{U \in \U _x}\; U \cap M \not = \emptyset ,\; U \cap M^C \not = \emptyset \),   Berührpunkt, falls \(\forall _{U \in \U _x}\; U \cap M \not = \emptyset \),
Häufungspunkt, falls \(\forall _{U \in \U _x}\; (U \cap M) \setminus \{x\} \not = \emptyset \),   isolierter Punkt, falls \(\exists _{U \in \U _x}\; U \cap M = \{x\}\).
Das Innere ist \(\inneres {M} = \bigcup _{O \subset M,\; O \text { offen}} O\) (die größte offene Menge, die in \(M\) enthalten ist, also die Menge aller inneren Punkte), der Abschluss ist \(\abschluss {M} = \bigcap _{A \supset M,\; A \text { abgeschlossen}} A\) (die kleinste abgeschlossene Menge, in der \(M\) enthalten ist, also die Menge aller Berührpunkte) und der Rand ist \(\rand {M} = \abschluss {M} \setminus \inneres {M}\) (also die Menge aller Randpunkte).

Satz (topologische Grundbegriffe): \(M \subset X\) ist offen genau dann, wenn \(M\) keinen ihrer Randpunkte enthält. \(M\) ist abgeschlossen genau dann, wenn \(M\) alle ihre Randpunkte enthält.
Wenn \(M\) offen oder abgeschlossen ist, dann hat der Rand keine inneren Punkte.
Es gilt \((\inneres {M})^C = \abschluss {M^C}\), \((\abschluss {M})^C = \inneres {(M^C)}\), \(\inneres {M} \subset M\) und \(\inneres {(\inneres {M})} = \inneres {M}\). Aus \(M \subset N\) folgt \(\inneres {M} \subset \inneres {N}\) und es gilt \(\inneres {(M \cap N)} = \inneres {M} \cap \inneres {N}\). Für den Abschluss gilt \(\abschluss {M} \supset M\) und \(\abschluss {\abschluss {M}} = \abschluss {M}\). Aus \(M \subset N\) folgt \(\abschluss {M} \subset \abschluss {N}\) und es gilt \(\abschluss {M \cup N} = \abschluss {M} \cup \abschluss {N}\).

Beispiel: Der Einheitsball \(\dball ^n := \{x \in \real ^n \;|\; \norm {x} \le 1\}\) ist abgeschlossen im \(\real ^n\).
Sein Inneres ist der offene Einheitsball \(\ball ^n := \{x \in \real ^n \;|\; \norm {x} < 1\}\),
sein Rand (sowie der von \(\ball ^n\)) ist die Einheitssphäre \(\sphere ^{n-1} := \{x \in \real ^n \;|\; \norm {x} = 1\}\).

dicht, diskret:  \(M \subset X\) heißt dicht in \(X\), falls \(\abschluss {M} = X\) ist.
\(A \subset X\) heißt diskret, falls jeder Punkt \(a \in A\) isoliert ist.

Beispiel: \(\rational \subset \real \) ist dicht (aber nicht diskret) und \(\integer \subset \real \) ist diskret (aber nicht dicht).
\(M\) ist dicht in \(X\) genau dann, wenn jeder Punkt \(x \in X\) ein Berührpunkt von \(M\) ist, also wenn jede nicht-leere offene Menge mindestens einen Punkt von \(M\) enthält.
\(X\) ist diskret genau dann, wenn keine Teilmenge \(M \subset X\) Randpunkte besitzt.

Abzählbarkeitsaxiome

Umgebungsbasis:  Seien \((X, \T )\) ein topologischer Raum und \(a \in X\).
Ein System \(\B _a \subset \U _a\) von Umgebungen heißt Umgebungsbasis von \(a\), falls jede Umgebung von \(a\) eine Umgebung aus \(\B _a\) enthält.

Beispiel: Jede Umgebungsbasis \((U_i)_{i \in I}\) kann durch Übergang zu \((\inneres {U_i})_{i \in I}\) als offen angenommen werden. In einem metrischen Raum \((X, d)\) bilden \(B\!\left (a, \frac {1}{n}\right )\), \(n \in \natural \) eine Umgebungsbasis von \(a\).

Lemma (bei Konvergenz nur Umgebungsbasis betrachten reicht): Seien \((x_n)_{n \in \natural }\) eine Folge in \(X\) und \((U_i)_{i \in I}\) eine Umgebungsbasis von \(a\) in \(X\). Dann gilt \(x_n \to a\) genau dann, wenn jede Umgebung \(U_i\), \(i \in I\) fast alle Folgenglieder \(x_n\) enthält.

erstes Abzählbarkeitsaxiom:  Ein Punkt \(a \in X\) erlaubt eine abzählbare Umgebungsbasis, falls es eine abzählbare Umgebungsbasis \(\{U_n \;|\; n \in \natural \} \subset \U _a\) von \(a\) gibt.
Gilt dies für alle \(a \in X\), so erfüllt \((X, \T )\) das erste Abzählbarkeitsaxiom.

Beispiel: Jeder metrisierbare topologische Raum \((X, \T )\) erfüllt das erste Abzählbarkeitsaxiom.

Satz (\(\T _{pw}\) erfüllt nicht 1. Abzählbarkeitsaxiom): Die Topologie \(\T _{pw}\) der punktweisen Konvergenz auf \(\real ^\real \) erfüllt nicht das erste Abzählbarkeitsaxiom und ist daher nicht metrisierbar.

Basis:  Ein System \(\B \subset \T \) heißt Basis der Topologie \(\T \), falls sich jede offene Menge \(U \in \T \) als Vereinigung von Mengen aus \(\B \) darstellen lässt, d. h. \(U = \bigcup _{i \in I} B_i\) mit \(B_i \in \B \), \(i \in I\).

Satz (Äquivalenz zur Basis): Für \(\B \subset \T \) ist Folgendes äquivalent:

  • \(\B \) ist Basis, d. h. \(\forall _{U \in \T } \exists _{S \subset \B }\; U = \bigcup _{B \in S} B\).

  • \(\forall _{U \in \T }\; U = \bigcup _{B \in \B ,\; B \subset U} B\).

  • \(\forall _{U \in \T } \forall _{x \in U} \exists _{B \in \B ,\; B \subset U}\; x \in B\).

zweites Abzählbarkeitsaxiom: 
\((X, \T )\) erfüllt das zweite Abzählbarkeitsaxiom, wenn \(\T \) eine abzählbare Basis erlaubt.

Folgerung: Ist \(\B \subset \T \) eine Basis, dann ist \(\phi \colon \T \rightarrow P(\B )\), \(U \mapsto \{B \in \B \;|\; B \subset U\}\) injektiv, denn \(U = \bigcup _{B \in \B ,\; B \subset U} B\). Insbesondere ist \(\card (\T ) \le \card (P(\B ))\).
Erlaubt also \(\T \) eine abzählbare Basis, so gilt \(\card (\T ) \le \card (P(\natural )) = \card (\real )\).

separabel:  Ein Raum heißt separabel, falls er eine abzählbare dichte Teilmenge besitzt.

Beispiel: \(\real = \abschluss {\rational }\), \(\real ^n = \abschluss {\rational ^n}\).

Satz (Topologie mit 2. Abzählbarkeitsaxiom ist separabel):
Erlaubt \(\T \) eine abzählbare Basis, dann existiert eine abzählbare dichte Teilmenge \(A \subset X\).

Satz (separable metrische Räume erfüllen das 2. Abzählbarkeitsaxiom):
Sei \((X, d)\) ein metrischer Raum. Ist \((X, \T _d)\) separabel, dann erlaubt \(\T _d\) eine abzählbare Basis \(\B = \{B\!\left (a, \frac {1}{k}\right ) \;|\; a \in A,\; k \in \natural \}\) (für \(A \subset X\) abzählbar, \(\abschluss {A} = X\)).

Folgerung: Die euklidische Topologie \(\T \) auf \(\real ^n\) erlaubt eine abzählbare Basis, z. B.
\(\B = \{B\!\left (a, \frac {1}{k}\right ) \;|\; a \in \rational ^n,\; k \in \natural \}\) und es gilt \(\card (\T ) = \card (\real )\).

Satz (Zusammenhang zwischen den Abzählbarkeitsaxiomen):
Das zweite Abzählbarkeitsaxiom impliziert das erste.

Bemerkung: Das erste Abzählbarkeitsaxiom impliziert jedoch nicht das zweite.
Ein Gegenbeispiel ist \(\real \) mit der diskreten Topologie.

Lemma (in Topologie mit 2. Abzählbarkeitsaxiom ist jede diskrete Teilmenge abzählbar):
Ist \(\B \subset \T \) eine Basis, dann gilt für jede diskrete Teilmenge \(A \subset X\) die Bedingung \(\card (A) \le \card (\B )\). Erlaubt also \(\T \) eine abzählbare Basis, dann ist jede diskrete Teilmenge abzählbar.

Satz (Beispiel für metrisierbare Topologie, die nicht beide Abzählbarkeitsaxiome erfüllt):
Sei \(\C _b(\real ) = \{f\colon \real \rightarrow \real \;|\; f \text { stetig, beschränkt}\}\) mit der Supremumsnorm \(\norm {f}_\infty = \sup _{x \in \real } |f(x)|\). Dann erfüllt \((\C _b(\real ), \norm {-}_\infty )\) als metrischer Raum das erste Abzählbarkeitsaxiom, aber nicht das zweite.

Lemma (Durchschnitt von Topologien): Sei \(X\) eine Menge und \((\T _\lambda )_{\lambda \in \Lambda }\) eine Familie von Topologien auf \(X\). Dann ist \(\bigcap _{\lambda \in \Lambda } \T _\lambda \) ebenfalls eine Topologie auf \(X\).

erzeugte Topologie, Erzeugendensystem:  Sei \(X\) eine Menge und \(\S \subset P(X)\) ein System von Teilmengen. Man definiert \(\B := \{S_1 \cap \dotsb \cap S_n \;|\; n \in \natural _0,\; S_1, \dotsc , S_n \in \mathcal {S}\}\) und
\(\mathcal {T} := \{\bigcup _{i \in I} B_i \;|\; I \text { Indexmenge},\; B_i \in \B \}\).
Dann ist \(\T \) die gröbste Topologie auf \(X\), die \(\S \) enthält, und \(\B \) ist eine Basis von \(\T \).
\(\T \) heißt die von \(\S \) erzeugte Topologie und \(\S \) heißt Erzeugendensystem oder Subbasis von \(\T \).

Beispiel: Jede Basis von \(\T \) ist ein Erzeugendensystem.
\(\mathcal {S} = \{\left ]-\infty , a\right [, \left ]a, +\infty \right [ \;|\; a \in \real \}\) führt zu \(\B = \{\left ]a, b\right [ \;|\; a, b \in \real \} \cup \{\real \} \cup \mathcal {S}\) und erzeugt die übliche Topologie \(\T \) auf \(\real \).
Auf \(\real ^n\) betrachtet man die Halbräume \(\{x \in \real ^n \;|\; x_k > a,\; k = 1, \dotsc , n\}\) und
\(\{x \in \real ^n \;|\; x_k < a,\; k = 1, \dotsc , n\}\). Dieses System \(\E \) erzeugt die euklidische Topologie auf \(\real ^n\).

Folgen und Konvergenz

separiert/hausdorffsch:  Ein topologischer Raum \((X, \T )\) heißt separiert
(hausdorffsch, Hausdorff-Raum)
, falls es für alle Punkte \(x, y \in X\), \(x \not = y\) disjunkte offene Umgebungen von \(x\) und \(y\) gibt, d. h. \(\forall _{x, y \in X,\; x \not = y} \exists _{U, V \in \T }\; x \in U,\; y \in V,\; U \cap V = \emptyset \).

Beispiel: Ist \((X, d)\) ein metrischer Raum, dann ist \((X, \T _d)\) hausdorffsch.
Allerdings ist nicht jeder Hausdorff-Raum metrisierbar. Bspw. ist \(\real ^\real \) mit der Topologie der punktweisen Konvergenz hausdorffsch, aber nicht metrisierbar (erfüllt nicht das 1. Abzählbarkeitsaxiom).

Satz (Eindeutigkeit des Grenzwerts): Sei \((X, \T )\) ein topologischer Raum.
Ist \(X\) hausdorffsch, dann hat jede Folge in \(X\) höchstens einen Grenzwert.
Die Umkehrung gilt, wenn \(X\) das 1. Abzählbarkeitsaxiom erfüllt.

Bemerkung: Auf das 1. Abzählbarkeitsaxiom kann man hier nicht verzichten. Zum Beispiel konvergieren in \(X\) mit der koabzählbaren Topologie genau die fast-konstanten Folgen. Hier gilt daher die Eindeutigkeit des Grenzwerts. Allerdings ist \(X\) für \(X\) überabzählbar nicht separiert.

Satz (Abschluss als folgenabgeschlossene Menge):
Seien \((X, \T )\) ein topologischer Raum und \(A \subset X\), \(x \in X\).
Wenn eine Folge \((a_n)_{n \in \natural }\), \(a_n \in A\) gegen \(x\) konvergiert, dann ist \(x \in \abschluss {A}\).
Die Umkehrung gilt, wenn \(x\) eine abzählbare Umgebungsbasis erlaubt.

folgenabgeschlossen:  Sei \((X, \T )\) ein topologischer Raum. \(A \subset X\) heißt folgenabgeschlossen, falls für alle Folgen \((a_n)_{n \in \natural }\) in \(A\) mit \(a_n \to x\), \(x \in X\) auch \(x \in A\) gilt.

Folgerung: Sei \((X, \T )\) ein topologischer Raum. Dann ist jede abgeschlossene Teilmenge \(A \subset X\) folgenabgeschlossen. Die Umkehrung gilt, falls \(X\) dem 1. Abzählbarkeitsaxiom genügt.

Bemerkung: Auf das 1. Abzählbarkeitsaxiom kann man auch hier nicht verzichten. Bspw. ist in der koabzählbaren Topologie jede Menge folgen-abgeschlossen, aber i. A. nicht abgeschlossen.

Stetige Abbildungen

Stetigkeit in einem Punkt:  Seien \(X\) und \(Y\) topologische Räume.
Eine Abbildung \(f\colon X \rightarrow Y\) heißt stetig in \(a \in X\), falls für jede Umgebung \(V\) von \(f(a)\) in \(Y\) das Urbild \(f^{-1}(V)\) eine Umgebung von \(a\) in \(X\) ist, d. h. \(\forall _{V \in \U _{f(a)}}\; f^{-1}(V) \in \U _a\).

Bemerkung: Es reicht, statt \(\U _{f(a)}\) eine Umgebungsbasis von \(f(a)\) zu betrachten.

Beispiel: \(f\colon \rational \rightarrow \rational \), \(f(x) = 0\) für \(x^2 > 2\), \(f(x) = 1\) für \(x^2 \le 2\), ist stetig in jedem Punkt. \(g\colon \real \rightarrow \real \), \(g(x) = 0\) für \(x^2 > 2\), \(g(x) = 1\) für \(x^2 \le 2\), ist nicht stetig in \(\pm \sqrt {2}\).

Satz (Stetigkeit bei Komposition): Seien \(X\), \(Y\) und \(Z\) topologische Räume.
Ist \(f\colon X \rightarrow Y\) stetig in \(a\) und \(g\colon Y \rightarrow Z\) stetig in \(f(a)\), dann ist \(g \circ f\colon X \rightarrow Z\) stetig in \(a\).

Satz (Äquivalenz für Stetigkeit):
Seien \(X\) und \(Y\) topologische Räume. Für \(f\colon X \rightarrow Y\) sind äquivalent:

  • \(f\) ist stetig in jedem Punkt \(a \in X\).

  • Für alle \(V \subset Y\) offen ist \(f^{-1}(V) \subset X\) offen.

  • Für alle \(B \subset Y\) abgeschlossen ist \(f^{-1}(B) \subset X\) abgeschlossen.

  • Für alle \(A \subset X\) gilt \(f(\abschluss {A}) \subset \abschluss {f(A)}\).

  • Für alle \(B \subset Y\) gilt \(f^{-1}(\inneres {B}) \subset \inneres {(f^{-1}(B))}\).

Stetigkeit:  Seien \((X, \T _X)\) und \((Y, \T _Y)\) topologische Räume.
Eine Abbildung \(f\colon X \rightarrow Y\) heißt stetig, falls \(\forall _{V \in \T _Y}\; f^{-1}(V) \in \T _X\).

Satz (Stetigkeit bei Komposition): Seien \(X\), \(Y\) und \(Z\) topologische Räume.
Ist \(f\colon X \rightarrow Y\) stetig und \(g\colon Y \rightarrow Z\) stetig, dann ist \(g \circ f\colon X \rightarrow Z\) stetig.

Homöomorphismus:  Seien \(f\colon X \rightarrow Y\) und \(g\colon Y \rightarrow X\) stetige Abbildungen.
Gilt \(g \circ f = \id _X\) und \(f \circ g = \id _Y\), dann heißen \(f\) und \(g\) zueinander inverse Homöomorphismen.
\(f\) heißt Homöomorphismus (\(f\colon X \homoe Y\)), falls es einen zu \(f\) inversen Homöomorphismus gibt.
\(X\) und \(Y\) heißen homöomorph (\(X \cong Y\)), falls es einen Homöomorphismus \(f\colon X \homoe Y\) gibt.

Bemerkung: Homöomorphe topologische Räume besitzen die gleichen Eigenschaften. Man nennt diese Eigenschaften deshalb topologisch invariant. Dazu zählen z. B. Anzahl der Elemente in \(X\) und \(\T \), erstes/zweites Abzählbarkeitsaxiom, Separabilität und Hausdorff-Eigenschaft.
Später werden Zusammenhang, Wegzusammenhang, Kompaktheit usw. dazu kommen.
Da zwei homöomorphe Räume die gleichen topologischen Eigenschaften besitzen, sind zwei Räume, die sich in einer der Eigenschaften unterscheiden, nicht zueinander homöomorph.

Beispiel: \([0,2] \cong [3,7]\), denn ein Homöomorphismus ist \(f\colon [0,2] \rightarrow [3,7]\), \(f(x) = 2x + 3\) mit inversem Homöomorphismus \(g\colon [3,7] \rightarrow [0,2]\), \(g(y) = \frac {y - 3}{2}\)
(alternativ z. B. auch \(f(x) = x^2 + 3\), \(g(y) = \sqrt {y - 3}\)). Es gilt jedoch \(\left [0,1\right [ \not \cong [0,1]\) sowie \(\left [0,1\right [ \not \cong \left ]0,1\right [\) (das kann später durch Kompaktheit und Zusammenhang gezeigt werden).

Bemerkung: Eine stetige Bijektion muss noch kein Homömorphismus sein (erst wenn die Umkehrung auch stetig ist). Beispielsweise ist \(f\colon \left [0, 2\pi \right [ \rightarrow \sphere ^1\), \(f(t) = e^{it}\) eine stetige Bijektion, aber die Umkehrabbildung \(g\colon \sphere ^1 \rightarrow \left [0, 2\pi \right [\), \(g(e^{it}) = t\) ist nicht stetig in \(1 + 0\i \in \sphere ^1\).

offene/abgeschlossene Abbildung:  \(f\colon X \rightarrow Y\) heißt offen bzw. abgeschlossen, falls das Bild jeder offenen bzw. abgeschlossenen Menge wieder offen bzw. abgeschlossen ist.

Satz (Kriterium für Homöomorphismen): Sei \(f\colon X \rightarrow Y\) eine stetige Bijektion.
Dann sind äquivalent:

  • \(f\) ist ein Homöomorphismus (d. h. \(f^{-1}\) ist stetig).

  • \(f\) ist offen.

  • \(f\) ist abgeschlossen.

Filter

Motivation: Sei \(\{x_n\}_{n \in \natural }\) eine Folge in \(X\). Dann ist \(E_m := \{x_n \;|\; n \ge m\}\) das \(m\)-te Endstück und \(\E := \{E_m \;|\; m \in \natural \}\) System aller Endstücke. \(\E \) erfüllt (FB1), (FB2) von unten. Es gilt: \(x_n \to a \;\Leftrightarrow \; \forall _{U \in \U _a} \exists _{m \in \natural }\; E_m \subset U\). Der von \(\E \) erzeugte Filter erfüllt (F1), (F2), (F3) von unten.

Filterbasis:  Sei \(X\) ein topologischer Raum. \(\E \subset P(X)\) heißt Filterbasis, falls Folgendes gilt:

  • \(\E \not = \emptyset \), \(\emptyset \notin \E \)

  • \(\forall _{U, V \in \E } \exists _{W \in \E }\; W \subset U \cap V\)

Filter:  \(\F \subset P(X)\) heißt Filter auf \(X\), falls Folgendes gilt:

  • \(X \in \F \), \(\emptyset \notin \F \)

  • \(\forall _{U, V \in \F }\; U \cap V \in \F \)

  • \(\forall _{U \in \F ,\; U \subset V \subset X}\; V \in \F \)

Jede Filterbasis \(\E \) erzeugt einen Filter \(\F = \aufspann {\E }_X := \{F \subset X \;|\; \exists _{E \in \E }\; E \subset F\}\).

Beispiel: Für \(A \subset X\) mit \(A \not = \emptyset \) ist \(\{A\}\) eine Filterbasis, der erzeugte Filter ist der Hauptfilter \(\aufspann {A}_X := \{F \subset X \;|\; A \subset F\}\).
Für \(a \in X\) (d. h. \(A = \{a\}\)) ist dies entsprechend \(\aufspann {a}_X := \{F \subset X \;|\; a \in F\}\).
Aus \(A \subset B\) folgt stets \(\aufspann {A}_X \supset \aufspann {B}_X\).
Ein Filter \(\F \) hat ein kleinstes Element \(A\) genau dann, wenn \(A = \bigcap _{F \in \F } F\) in \(\F \) ist.
In diesem Fall ist \(\F = \aufspann {A}_X\) ein Hauptfilter.

Beispiel: Sei \(X\) unendlich. Dann ist \(\F = \{F \subset X \;|\; F^C \text { endlich}\}\) der koendliche Filter auf \(X\). Es gilt \(\bigcap _{F \in \F } F = \emptyset \notin \F \).

Beispiel: Das System \(\U _a\) der Umgebungen von \(a \in X\) in einem topologischen Raum \((X, \T )\) ist ein Filter, der Umgebungsfilter von \(a\). Jede Umgebungsbasis \(\B = \{U_i \;|\; i \in I\} \subset \U _a\) ist eine Filterbasis und der erzeugte Filter ist gerade \(\U _a\).

Beispiel: Jede Folge \(\{x_n\}_{n \in \natural }\) in \(X\) definiert eine Filterbasis \(\E \) und einen Filter \(\F \) wie oben.
Es gilt \(x_n \to a\) genau dann, wenn \(\F \supset \U _a\).

Filter-Konvergenz:  Ein Filter \(\F \) konvergiert gegen \(a \in X\) (\(\F \to a\)), falls \(\F \supset \U _a\) ist.

Exkurs: Filter und Ideale
Sei \((R, +, \cdot )\) ein kommutativer Ring mit Eins (z. B. \((\integer , +, \cdot )\)).
Für \(m \in R\) sei \(I := \{rm \;|\; r \in R\}\). Diese Menge erfüllt folgende Eigenschaften:
(I1) \(0 \in I\),  (I2) \(\forall _{u, v \in I}\; u + v \in I\),  (I3) \(\forall _{u \in I,\; a \in R}\; au \in I\).
Ein Ideal in \(R\) ist eine Teilmenge \(I \subset R\), die (I1), (I2), (I3) erfüllt. Beispiele sind \(\{0\}\) (Nullideal) und \(\aufspann {m} := \{rm \;|\; r \in R\}\), wobei \(\aufspann {1} = R\). In der Tat gilt \(I = R\) genau dann, wenn \(1 \in I\) ist.
Ein echtes Ideal in \(R\) ist ein Ideal \(I \subsetneqq R\). Für solche gilt (I1’) \(0 \in I\), \(1 \notin I\), (I2), (I3) wie oben.

Statt \((R, +, \cdot )\) mit \(0\) und \(1\) betrachte nun \((P(X), \cap , \cup )\) mit \(X\) und \(\emptyset \).
Ein echtes Ideal in \((P(X), \cap , \cup )\) ist nichts anderes als ein Filter auf \(X\)!

Beispiel: Seien \(\F _1, \F _2\) Filter auf \(X\). Dann ist \(\F _1 \cap \F _2\) ein Filter auf \(X\). \(\F _1 \cup \F _2\) ist i. A. kein Filter, z. B. für \(a, b \in X\) mit \(a \not = b\) ist \(\aufspann {a} \cup \aufspann {b}\) kein Filter, da \(\{a\} \cap \{b\} = \emptyset \).
Genauer: Es gibt keinen Filter, der sowohl \(\aufspann {a}\) als auch \(\aufspann {b}\) enthält.

fremd, verträglich:  Zwei Filter \(\F _1, \F _2\) auf \(X\) heißen fremd, falls es \(U_1 \in \F _1\) und \(U_2 \in \F _2\) gibt mit \(U_1 \cap U_2 = \emptyset \). Andernfalls heißen sie verträglich, d. h. falls \(\forall _{U_1 \in \F _1,\; U_2 \in \F _2}\; U_1 \cap U_2 \not = \emptyset \).

Lemma (Filter sind verträglich \(\Leftrightarrow \) es gibt einen Filter, der beide enthält): Es existiert ein Filter auf \(X\), der \(\F _1\) und \(\F _2\) enthält, genau dann, wenn \(\F _1\) und \(\F _2\) verträglich sind. In diesem Fall ist \(\aufspann {\F _1, \F _2} := \{U_1 \cap U_2 \;|\; U_1 \in \F _1,\; U_2 \in \F _2\}\) der gröbste Filter, der \(\F _1\) und \(\F _2\) enthält.

Satz (\(X\) hausdorffsch \(\;\Leftrightarrow \;\) Filter-GW eindeutig): Sei \(X\) ein topologischer Raum. Dann ist \(X\) hausdorffsch genau dann, wenn kein Filter auf \(X\) gegen zwei verschiedene Punkte konvergiert.

Satz (Abschluss und Filter-GW): Seien \(X\) ein topologischer Raum, \(A \subset X\) und \(x \in X\).
Dann ist \(x \in \abschluss {A}\) genau dann, wenn es einen Filter \(\E \) auf \(A\) gibt, dessen zugehöriger Filter \(\F = \aufspann {\E }_X\) auf \(X\) gegen \(x\) konvergiert.

Bemerkung: Ist \(\F \) ein Filter auf \(X\) und \(f\colon X \rightarrow Y\) eine Abbildung, dann ist
\(\E = \{f(U) \;|\; U \in \F \}\) ein Filter auf \(f(X)\). Für \(f\) surjektiv ist dies ein Filter auf \(Y\).
Andernfalls ist \(\E \) nur eine Filterbasis auf \(Y\). Um im allgemeinen Fall (\(f(X) \subsetneqq Y\)) auch von einem Filter auf \(Y\) sprechen zu können, geht man nun zum erzeugten Filter \(\aufspann {E}_Y\) über.

Bildfilter:  Seien \(\F \) ein Filter auf \(X\) und \(f\colon X \rightarrow Y\) eine Abbildung. Dann ist
\(f(\F ) := \{V \subset Y \;|\; \exists _{U \in \F }\; f(U) \subset V\} = \aufspann {\{f(U) \;|\; U \in \F \}}_Y\) der Bildfilter von \(\F \) unter \(f\).

Satz (Äquivalenz für Stetigkeit):
Seien \(X, Y\) topologische Räume und \(f\colon X \rightarrow Y\) eine Abbildung. Dann sind äquivalent:

  • \(f\) ist stetig in \(a \in X\).

  • Für jeden Filter \(\F \) mit \(\F \to a\) gilt \(f(\F ) \to f(a)\).

  • \(f(\U _a) \to f(a)\).

Ultrafilter:  Ein Filter \(\F \) auf \(X\) heißt Ultrafilter oder maximaler Filter,
falls für alle Filter \(\F ’\) auf \(X\) mit \(\F ’ \supset \F \) gilt, dass \(\F ’ = \F \).

Beispiel: Für \(a \in X\) ist \(\aufspann {a}_X\) ein Ultrafilter.

Satz (Kriterium für Ultrafilter): Ein Filter \(\F \) auf \(X\) ist Ultrafilter genau dann, wenn für alle \(A \subset X\) entweder \(A \in \F \) oder \(A^C \in \F \) ist.

Satz (jeder Filter ist in einem Ultrafilter enthalten): Jeder Filter \(\F \) auf \(X\) ist in einem Ultrafilter enthalten, wenn man das Lemma von Zorn voraussetzt.

Konstruktion topologischer Räume

Teilräume

Teilraumtopologie:  Seien \((X, \T )\) ein topologischer Raum und \(A \subset X\) eine Teilmenge.
Dann ist \(\T _A = \{A \cap U \;|\; U \in \T \}\) eine Topologie auf \(A\), die Teilraumtopologie.
Der topologische Raum \((A, \T _A)\) heißt Teilraum von \((X, \T )\).

Beispiel: Die Teilraumtopologie von \(\real \) in \(\complex \) ist die übliche Topologie auf \(\real \).

Bemerkung: Sei \((X, d)\) ein metrischer Raum mit der induzierten Topologie \(\T \).
Auf \(A \subset X\) induziert die Teilraummetrik \(d_A\) die Teilraumtopologie \(\T _A\).

Satz (Charakterisierung der Teilraumtopologie):

  • \(\T _A\) ist die gröbste Topologie auf \(A\), für die die Inklusion \(\iota \colon A \rightarrow X\) stetig ist.

  • Für jeden Raum \(Y\) ist \(f\colon Y \rightarrow A\) stetig bzgl. \(\T _A\) genau dann, wenn \(g := \iota \circ f\colon Y \rightarrow X\) stetig ist.

  • Für jeden Raum \(Y\) ist \(\phi \colon \C (Y, A) \rightarrow \C (Y, X)\), \(f \mapsto \iota \circ f\) eine Bijektion auf die Teilmenge der stetigen Abbildungen \(g\colon Y \rightarrow X\), \(g(Y) \subset A\).

Die Teilraumtopologie \(\T _A\) auf \(A\) wird durch jede dieser Eigenschaften charakterisiert, d. h. \(\T _A\) ist die einzige Topologie mit diesen Eigenschaften.

Bemerkung: Ist \(A \subset X\) offen und \(U \subset A\), dann gilt \(U \in \T _A \;\Leftrightarrow \; U \in \T \). Ist \(A \subset X\) abgeschlossen und \(M \subset A\), dann ist \(M\) abgeschlossen in \(A\) genau dann, wenn \(M\) abgeschlossen in \(X\) ist.
Jeder Teilraum eines Teilraums \((Y, \T _Y)\) von \((X, \T _X)\) mit \(Y \subset X\) ist auch ein Teilraum von \((X, \T _X)\). Wenn \((X, \T )\) hausdorffsch ist/dem ersten/zweiten Abzählbarkeitsaxiom genügt, dann auch jeder Teilraum \((A, \T _A)\).

Einbettungstopologie:  Seien \((X, \T _X)\) ein topologischer Raum, \(A\) eine Menge und
\(f\colon A \rightarrow X\) eine injektive Abbildung. Die Einbettungstopologie \(\T _f := \{f^{-1}(U) \;|\; U \in \T \}\) auf \(A\) ist die gröbste Topologie auf \(A\), für die \(f\) stetig ist.
Ist \(A\) mit \(\T _f\) ausgestattet, dann heißt die stetige Abbildung \(f\colon (A, \T _f) \rightarrow (X, \T _X)\) Einbettung.
Die Teilraumtopologie auf \(A \subset X\) ist die Einbettungstopologie bzgl. der Inklusion \(\iota \colon A \rightarrow X\).

Bemerkung: Eine injektive Abbildung \(f\colon A \rightarrow X\) zwischen zwei topologischen Räumen \((X, \T _X)\) und \((A, \T _A)\) ist genau dann eine Einbettung, falls \(V \subset A\) offen in \(A\) ist genau dann, wenn es eine in \(X\) offene Menge \(U \subset X\) gibt mit \(f^{-1}(U) = V\).
Eine injektive Abbildung \(f\colon X \rightarrow Y\) zwischen topologischen Räumen ist eine Einbettung genau dann, wenn \(f\colon X \rightarrow f(X)\) ein Homöomorphismus ist.

Beispiel: Für \(m < n\) ist \(f\colon \real ^m \rightarrow \real ^n\), \(f(x_1, \dotsc , x_m) = (x_1, \dotsc , x_m, 0, \dotsc , 0)\) Einbettung.

Satz (Kriterium für Einbettungen): Sei \(f\colon X \rightarrow Y\) stetig und injektiv.
Ist \(f\) offen oder abgeschlossen, so ist \(f\) eine Einbettung.

Quotientenräume

Äquivalenzrelation:  Sei \(X\) eine Menge.
Eine Relation \(R \subset X \times X\) heißt Äquivalenzrelation, falls Folgendes gilt:

  • Reflexivität: \(\forall _{x \in X}\; xRx\)

  • Symmetrie: \(\forall _{x, y \in X}\; (xRy \;\Leftrightarrow \; yRx)\)

  • Transitivität: \(\forall _{x, y, z \in X}\; (xRy \land yRz \;\Rightarrow \; xRz)\)

Die Äquivalenzklasse von \(x \in X\) ist \(\cl _R(x) := \{x’ \in X \;|\; x’Rx\}\). Die Quotientenmenge von \(X\) bzgl. \(R\) ist \(X/R := \{\cl _R(x) \;|\; x \in X\}\). Die Quotientenabbildung ist \(q\colon X \rightarrow X/R\), \(x \mapsto \cl _R(x)\). Die Menge der Äquivalenzklassen bildet eine Partition von \(X\).

Bemerkung: Jede Abbildung \(f\colon X \rightarrow Y\) induziert eine Äquivalenzrelation
\(R_f := \{(x, x’) \in X \times X \;|\; f(x) = f(x’)\}\).
Damit erhält man eine injektive Abbildung \(\overline {f}\colon X/R_f \rightarrow Y\), \(\cl (x) \mapsto f(x)\).

Lemma (Faktorisierung von Abbildungen mithilfe von Äquivalenzrelationen):
Sei \(R \subset X \times X\) eine Äquivalenzrelation auf \(X\) und \(f\colon X \rightarrow Y\) eine Abbildung. Dann gibt es ein \(\overline {f}\colon X/R \rightarrow Y\) mit \(f = \overline {f} \circ q\) genau dann, wenn \(R \subset R_f\) ist. In diesem Fall gilt \(\overline {f}(\cl _R(x)) = f(x)\), insbesondere ist \(\overline {f}\) eindeutig. \(\overline {f}\) ist injektiv genau dann, wenn \(R = R_f\) ist.
Es gilt \(\overline {f}(X/R) = f(X)\), insbesondere ist \(\overline {f}\) surjektiv genau dann, wenn \(f\) surjektiv ist.

Satz (Faktorisierung von Abbildungen): In der Kategorie der Mengen faktorisiert jede Abbildung \(f\colon X \rightarrow Y\) zu \(f = \iota \circ \overline {f} \circ q\) mit \(q\colon X \rightarrow X/R_f\) surjektiv, \(\overline {f}\colon X/R_f \rightarrow f(X)\) bijektiv und \(\iota \colon f(X) \rightarrow Y\) injektiv:

(1.1–1.0) \{begin}{align*} \begin{xy} \xymatrix { X \ar [r]^f \ar @{>>} [d]_q & Y \\ X/R_f \ar [r]^\sim _{\overline {f}} & f(X) \ar @{^{(}->} [u]_\iota } \end {xy}
\{end}{align*}

Quotiententopologie:  Sei \((X, \T )\) ein topologischer Raum, \(R \subset X \times X\) eine Äquivalenzrelation sowie \(q\colon X \rightarrow Q := X/R\) die Quotientenabbildung.
Auf \(Q\) definiert man die Quotiententopologie \(\T _q := \{U \subset Q \;|\; q^{-1}(U) \in \T \}\).

Satz (Charakterisierung der Quotiententopologie):

  • \(\T _q\) ist die feinste Topologie auf \(Q\), für die die Quotientenabbildung \(q\colon X \rightarrow Q\) stetig ist.

  • Für jeden Raum \(Y\) ist \(f\colon Q \rightarrow Y\) stetig bzgl. \(\T _q\) genau dann, wenn \(g := f \circ q\colon X \rightarrow Y\) stetig ist.

  • Für jeden Raum \(Y\) ist \(\phi \colon \C (Q, Y) \rightarrow \C (X, Y)\), \(f \mapsto f \circ q\) eine Bijektion auf die Teilmenge der stetigen Abbildungen \(g\colon X \rightarrow Y\) mit \(R \subset R_g\).

Die Quotiententopologie \(\T _q\) auf \(Q\) wird durch jede dieser Eigenschaften charakterisiert, d. h. \(\T _q\) ist die einzige Topologie mit diesen Eigenschaften.

Identifizierungstopologie:  Seien \((X, \T _X)\) ein topologischer Raum, \(Y\) eine Menge und
\(f\colon X \rightarrow Y\) surjektiv. Die Identifizierungstopologie \(\T _f := \{U \subset Y \;|\; f^{-1}(U) \in \T _X\}\) ist die feinste Topologie auf \(Y\), sodass \(f\) stetig ist. Ist \(Y\) mit dieser Topologie ausgestattet, dann nennt man \(f\colon (X, \T _X) \rightarrow (Y, \T _f)\) eine Identifizierung oder identifzierend.
Die Quotiententopologie auf \(X/R\) ist die Identifizierungstopologie bzgl. der Quotientenabbildung \(q\colon X \rightarrow X/R\).

Bemerkung: Eine surjektive Abbildung \(f\colon X \rightarrow Q\) zwischen zwei topologischen Räumen ist genau dann identifizierend, falls \(V \subset Q\) offen in \(Q\) ist genau dann, wenn \(f^{-1}(V)\) offen in \(X\) ist.

Beispiel: Für \(n > m\) ist \(f\colon \real ^n \rightarrow \real ^m\), \(f(x_1, \dotsc , x_m, \dotsc , x_n) = (x_1, \dotsc , x_m)\) identifizierend.

Satz (kanonische Faktorisierung): Jede stetige Abbildung \(f\colon X \rightarrow Y\) faktorisiert zu \(f = \iota \circ \overline {f} \circ q\) mit \(q\colon X \rightarrow X/R_f\) stetig, surjektiv, \(\overline {f}\colon X/R_f \rightarrow f(X)\) stetig, bijektiv und \(\iota \colon f(X) \rightarrow Y\) stetig, injektiv. Dabei ist \(\overline {f}\) ein Homöomorphismus genau dann, wenn \(f\) identifizierend ist.

Satz (Kriterium für Identifizierungen): Sei \(f\colon X \rightarrow Y\) stetig und surjektiv.
Ist \(f\) offen oder abgeschlossen, so ist \(f\) identifizierend.

Bemerkung: Dieses Kriterium ist hinreichend, aber nicht notwendig: \(f\colon \real ^2 \rightarrow \real \), \(f(x, y) = x\) ist identifizierend, offen, aber nicht abgeschlossen, z. B. ist die Hyperbel
\(A = \{(x, y) \in \real ^2 \;|\; xy = 1\}\) abgeschlossen in \(\real ^2\), aber \(f(A) = \real \setminus \{0\}\) ist nicht abgeschlossen in \(\real \). \(f\colon [0, 1] \rightarrow \sphere ^1\), \(f(x) = e^{2\pi \i x}\) ist identifizierend, abgeschlossen, aber nicht offen, z. B. ist \(\left ]\frac {1}{2}, 1\right ]\) offen in \([0,1]\), aber \(f\left (\left ]\frac {1}{2}, 1\right ]\right )\) ist nicht offen in \(\sphere ^1\). Kombiniert man diese beiden Beispiele, so erhält man eine Abbildung \(f\colon [0, 1] \times \real \rightarrow \sphere ^1\) mit \(f(x, y) = e^{2\pi \i x}\), die identifizierend, aber weder offen noch abgeschlossen ist.

Erste Beispiele

Zusammenschlagen eines Teilraums:  Sei \((X, \T )\) ein topologischer Raum und \(A \subset X\). Man definiert eine Äquivalenzrelation auf \(X\) mit \(x \underset {A}{\equiv } y \;\Leftrightarrow \; (x = y) \lor (x, y \in A)\).
Die Äquivalenzklassen sind \(A\) und \(\{x\}\) für alle \(x \in X \setminus A\).
Der entsprechende Quotientenraum wird als \(X/\!/A := X/\!\underset {A}{\equiv }\) bezeichnet.

Beispiel: \([0, 1]/\!/\{0,1\} \cong \sphere ^1\), ebenso \(\dball ^n/\!/\sphere ^{n-1} \cong \sphere ^n\).

Beispiel: Auf dem komplexen Einheitskreis \(\sphere ^1 = \{z \in \complex \;|\; |z| = 1\}\) definiert man die komplexen Einheitswurzeln \(W_n = \{z \in \complex \;|\; z^n = 1\} = \{e^{2 \pi \i k/n} \;|\; k = 0, \dotsc , n - 1\}\). Dann entspricht \(\sphere ^1 /\!/ W_n\) einem Bouquet von \(n\) Kreislinien. Es gilt \(\sphere ^1 /\!/ W_n \cong \{z \in \complex \;|\; |z| = |z^n - 1|\}\).
Entsprechend entsteht \(\real /\!/ \integer \) durch Verheften aller ganzzahligen Punkte in \(\real \) (unendliches Bouquet).

Summen topologischer Räume

finale Abbildungsfamilien:  Seien \(X\) eine Menge, \(X_i\) Mengen für \(i \in I\) (\(I\) Indexmenge) und \(F = (f_i\colon X_i \rightarrow X)_{i \in I}\) eine Familie von Abbildungen.
\(F\) heißt finale Familie, falls \(X = \bigcup _{i \in I} f_i(X_i)\).
Zu \(g\colon X \rightarrow Y\) (\(Y\) Menge) definiert man \(g_i := g \circ f_i\colon X_i \rightarrow Y\).
Die Familie \(G = (g_i)_{i \in I}\) ist mit \(F = (f_i)_{i \in I}\) kompatibel, d. h. aus \(f_i(x_i) = f_j(x_j)\) folgt immer
\(g_i(x_i) = g_j(x_j)\) für alle \(i, j \in I\), \(x_i \in X_i\) und \(x_j \in X_j\).
\(\prod _{i \in I}^{(F)} \Abb (X_i, Y) \subset \prod _{i \in I} \Abb (X_i, Y)\) sei die Teilmenge der mit \(F\) kompatiblen Familien.

Satz (Bijektion): Sei \(F = (f_i\colon X_i \rightarrow X)_{i \in I}\) eine finale Familie.
Dann ist \(\phi \colon \Abb (X, Y) \rightarrow \prod _{i \in I}^{(F)} \Abb (X_i, Y)\), \(g \mapsto (g \circ f_i)_{i \in I}\) eine Bijektion.

finale Topologie:  Seien \((X_i, \T _i)\) topologische Räume, \(X\) eine Menge und \(F = (f_i)_{i \in I}\) eine finale Familie mit \(f_i\colon X_i \rightarrow X\) für \(i \in I\).
Die von \(F\) induzierte Finaltopologie \(\T _F\) auf \(X\) ist \(\T _F := \{U \subset X \;|\; \forall _{i \in I}\; f_i^{-1}(U) \in \T _i\}\).

Beispiel: Für \(f\colon Y \rightarrow X\) surjektiv und \(F = (f)\) ist die Finaltopologie auf \(X\) genau die Identifizierungstopologie bzgl. \(f\).

Satz (Eigenschaften der Finaltopologie):

  • \(\T _F\) ist die feinste Topologie auf \(X\), sodass alle \(f_i\colon X_i \rightarrow X\) stetig sind.

  • Für jeden Raum \(Y\) ist \(g\colon X \rightarrow Y\) stetig (bzgl. \(\T _F\)) genau dann, wenn für alle \(i \in I\) die Komposition \(g_i = g \circ f_i\) stetig ist.

  • \(\phi \colon \C (X, Y) \rightarrow \prod _{i \in I}^{(F)} \C (X_i, Y)\), \(g \mapsto (g \circ f_i)_{i \in I}\) ist eine Bijektion.

disjunkte Vereinigung zweier Mengen:  Seien \(X\) und \(Y\) Mengen mit \(X \cap Y = \emptyset \).
Für \(X \cap Y \not = \emptyset \) geht man zu \(X’ := X \times \{0\}\), \(Y’ := Y \times \{1\}\) über, damit \(X’ \cap Y’ = \emptyset \).
Die disjunkte Vereinigung bezeichnet man mit \(X \sqcup Y := X \;\dot {\cup }\; Y\).
Außerdem definiert man die Inklusionen \(i\colon X \rightarrow X \sqcup Y\), \(i(x) = x\) sowie \(j\colon Y \rightarrow X \sqcup Y\), \(j(x) = x\).

Satz (\((i, j)\) als finale Familie): \((i, j)\) ist eine finale Familie, und zwar die freie:
\(\phi \colon \Abb (X \sqcup Y, Z) \rightarrow \Abb (X, Z) \times \Abb (Y, Z)\), \(f \mapsto (f_1 := f \circ i, f_2 := f \circ j) = (f|_X, f|_Y)\) ist eine Bijektion für jede Menge \(Z\).

Bemerkung: Man schreibt manchmal \(Y^X := \Abb (X, Y)\) und \(X + Y := X \sqcup Y\).
Damit ist nämlich \(Z^{(X + Y)} \cong Z^X \times Z^Y\). Außerdem kann man dann auch \(X + Y = Y + X\), \((X + Y) + Z = X + (Y + Z)\) und \(X + \emptyset = \emptyset + X = X\) schreiben usw.

Summe zweier topologischer Räume: 
Seien \((X, \T _X)\), \((Y, \T _Y)\) topologische Räume mit \(X \cap Y = \emptyset \).
Auf \(X \sqcup Y\) definiert man die Summentopologie \(\T := \{U \sqcup V \;|\; U \in \T _X,\; V \in \T _Y\}\).
Die Summentopologie auf \(X\) ist die Finaltopologie zu \((i\colon X \rightarrow X \sqcup Y, j\colon Y \rightarrow X \sqcup Y)\).

disjunkte Vereinigung beliebig vieler Mengen: 
Sei \((X_\lambda )_{\lambda \in \Lambda }\) ein Mengensystem mit \(X_\lambda \cap X_\mu = \emptyset \) für \(\lambda \not = \mu \).
Für \(X_\lambda \cap X_\mu \not = \emptyset \), \(\lambda \not = \mu \) geht man zu \(X_\lambda ’ := X_\lambda \times \{\lambda \}\) über, damit \(X_\lambda ’ \cap X_\mu ’ = \emptyset \) für \(\lambda \not = \mu \).
Die disjunkte Vereinigung bezeichnet man mit \(X = \bigsqcup _{\lambda \in \Lambda } X_\lambda := \bigcup _{\lambda \in \Lambda } (X_\lambda \times \{\lambda \})\).
Außerdem definiert man die Inklusionen \(i_\lambda \colon X_\lambda \rightarrow X\), \(i_\lambda (x) = x\) für alle \(x \in X_\lambda \).

Satz (\((i_\lambda )_{\lambda \in \Lambda }\) als finale Familie): \((i_\lambda )_{\lambda \in \Lambda }\) ist eine finale Familie, und zwar die freie:
\(\phi \colon \Abb (X, Y) \rightarrow \prod _{\lambda \in \Lambda } \Abb (X_\lambda , Y)\), \(f \mapsto (f \circ i_\lambda )_{\lambda \in \Lambda }\) ist eine Bijektion für jede Menge \(Y\).

Summe beliebig vieler topologischer Räume:  Seien \((X_\lambda , \T _\lambda )\), \(\lambda \in \Lambda \), topologische Räume. Dann ist die Summentopologie auf \(X = \bigsqcup _{\lambda \in \Lambda } X_\lambda \) gegeben durch \(\T := \{\bigsqcup _{\lambda \in \Lambda } U_\lambda \;|\; U_\lambda \in T_\lambda \}\).
Die Summentopologie auf \(X\) ist die Finaltopologie zu \((i_\lambda \colon X_\lambda \rightarrow X)_{\lambda \in \Lambda }\).

Produkte topologischer Räume

initiale Abbildungsfamilien:  Seien \(X\) eine Menge, \(X_i\) Mengen für \(i \in I\) (\(I\) Indexmenge) und \(F = (f_i\colon X \rightarrow X_i)_{i \in I}\) eine Familie von Abbildungen.
\(F\) heißt initiale Familie, falls es zu jedem Paar \(x \not = x’\) in \(X\) ein \(i \in I\) gibt mit \(f_i(x) \not = f_i(x’)\).
Zu \(g\colon Y \rightarrow X\) (\(Y\) Menge) definiert man \(g_i := f_i \circ g\colon Y \rightarrow X_i\).
Die Familie \(G = (g_i)_{i \in I}\) ist mit \(F = (f_i)_{i \in I}\) kompatibel, d. h. es gilt \(\forall _{y \in Y} \exists _{x \in X} \forall _{i \in I}\; f_i(x) = g_i(y)\).
\(\prod _{i \in I}^{(F)} \Abb (Y, X_i) \subset \prod _{i \in I} \Abb (Y, X_i)\) sei die Teilmenge der mit \(F\) kompatiblen Familien.

Satz (Bijektion): Sei \(F = (f_i\colon X \rightarrow X_i)_{i \in I}\) eine initiale Familie.
Dann ist \(\phi \colon \Abb (Y, X) \rightarrow \prod _{i \in I}^{(F)} \Abb (Y, X_i)\), \(g \mapsto (f_i \circ g)_{i \in I}\) eine Bijektion.

initiale Topologie:  Seien \((X_i, \T _i)\) topologische Räume, \(X\) eine Menge und \(F = (f_i)_{i \in I}\) eine initiale Familie mit \(f_i\colon X \rightarrow X_i\) für \(i \in I\).
Für \(i \in I\) ist \(\T _{f_i} := \{f_i^{-1}(U) \;|\; U \in \T _i\}\) eine Topologie auf \(X\), und zwar die gröbste, sodass \(f_i\colon X \rightarrow X_i\) stetig ist. Die von \(F\) induzierte Initialtopologie \(\T _F\) auf \(X\) ist die von
\(\E = \bigcup _{i \in I} \T _{f_i} = \{f_i^{-1}(U) \;|\; i \in I,\; U \in \T _i\}\) erzeugte Topologie auf \(X\).

Satz (Eigenschaften der Initialtopologie):

  • \(\T _F\) ist die gröbste Topologie auf \(X\), sodass alle \(f_i\colon X \rightarrow X_i\) stetig sind.

  • Für jeden Raum \(Y\) ist \(g\colon Y \rightarrow X\) stetig (bzgl. \(\T _F\)) genau dann, wenn für alle \(i \in I\) die Komposition \(g_i = f_i \circ g\) stetig ist.

  • \(\phi \colon \C (Y, X) \rightarrow \prod _{i \in I}^{(F)} \C (Y, X_i)\), \(g \mapsto (f_i \circ g)_{i \in I}\) ist eine Bijektion.

Produkt zweier Mengen:  Seien \(X\) und \(Y\) Mengen.
Das Produkt von \(X\) mit \(Y\) bezeichnet man mit \(X \times Y := \{(x, y) \;|\; x \in X,\; y \in Y\}\).
Außerdem definiert man die Projektionen \(p\colon X \times Y \rightarrow X\), \(p(x, y) = x\), sowie \(q\colon X \times Y \rightarrow Y\), \(q(x, y) = y\).

Satz (\((p, q)\) als initiale Familie): \((p, q)\) ist eine initiale Familie, und zwar die freie:
\(\phi \colon \Abb (Z, X \times Y) \rightarrow \Abb (Z, X) \times \Abb (Z, Y)\), \(f \mapsto (p \circ f, q \circ f)\) ist eine Bijektion für jede Menge \(Z\).

Bemerkung: Man schreibt manchmal \(Y^X := \Abb (X, Y)\).
Damit ist nämlich \((X \times Y)^Z \cong X^Z \times Y^Z\). Außerdem kann man dann auch \(X \times Y \cong Y \times X\), \((X \times Y) \times Z \cong X \times (Y \times Z)\), \(X \times \{a\} \cong \{a\} \times X \cong X\) und \((X \sqcup Y) \times Z = (X \times Z) \sqcup (Y \times Z)\) schreiben usw.

Produkt zweier topologischer Räume:  Seien \((X, \T _X)\), \((Y, \T _Y)\) topologische Räume. Eine Menge \(W \subset X \times Y\) heißt offen in der Produkttopologie, falls es zu allen \((x, y) \in W\) offene Umgebungen \(U \in \T _X\), \(V \in \T _Y\), \(x \in U\), \(y \in V\) gibt, sodass \(U \times V \subset W\) ist.
Die Produkttopologie auf \(X \times Y\) ist die Initialtopologie zu \((p\colon X \times Y \rightarrow X, q\colon X \times Y \rightarrow Y)\).

Bemerkung: Die offenen Kästchen \(U \times V\) mit \(U \in \T _X\), \(V \in \T _Y\) definieren selbst noch keine Topologie, denn sie sind zwar unter dem Durchschnitt, aber nicht unter der Vereinigung abgeschlossen. Die offenen Kästchen bilden jedoch eine Basis der Produkttopologie.

Produkt beliebig vieler Mengen:  Sei \((X_\lambda )_{\lambda \in \Lambda }\) ein Mengensystem.
Das Produkt aller \(X_\lambda \) bezeichnet man mit
\(X = \prod _{\lambda \in \Lambda } X_\lambda := \{(x_\lambda )_{\lambda \in \Lambda } \;|\; \forall _{\lambda \in \Lambda }\; x_\lambda \in X_\Lambda \} = \{x\colon X \rightarrow \bigcup _{\lambda \in \Lambda } X_\lambda \;|\; \forall _{\lambda \in \Lambda }\; x(\lambda ) \in X_\Lambda \}\).
Außerdem definiert man die Projektionen \(p_\lambda \colon X \rightarrow X_\lambda \), \((x_\mu )_{\mu \in \Lambda } \mapsto x_\lambda \).

Satz (\((p_\lambda )_{\lambda \in \Lambda }\) als initiale Familie): \((p_\lambda )_{\lambda \in \Lambda }\) ist eine initiale Familie, und zwar die freie:
\(\phi \colon \Abb (Y, X) \rightarrow \prod _{\lambda \in \Lambda } \Abb (Y, X_\lambda )\), \(f \mapsto (p_\lambda \circ f)_{\lambda \in \Lambda }\) ist eine Bijektion für jede Menge \(Y\).

Produkt beliebig vieler topologischer Räume:  Seien \((X_\lambda , \T _\lambda )\), \(\lambda \in \Lambda \), topologische Räume. Für \(\lambda \in \Lambda \) definiert man \(\T _{p_\lambda } := \{p_\lambda ^{-1}(U) \;|\; U \in \T _\lambda \}\). Dann ist die Produkttopologie auf \(X = \prod _{\lambda \in \Lambda } X_\lambda \) die von \(\E := \bigcup _{\lambda \in \Lambda } T_{p_\lambda } = \{p_\lambda ^{-1}(U) \;|\; \lambda \in \Lambda ,\; U_\lambda \in T_\lambda \}\) erzeugte Topologie auf \(X\).
Eine Basis der Produkttopologie ist also
\(\B = \left \{p_{\lambda _1}^{-1}(U_1) \cap \dotsb \cap p_{\lambda _n}^{-1}(U_n) \;|\; n \in \natural ,\; \lambda _1, \dotsc , \lambda _n \in \Lambda ,\; U_1 \in \T _{\lambda _1}, \dotsc , U_n \in \T _{\lambda _n}\right \}\)
\(= \left \{\prod _{\lambda \in \Lambda } U_\lambda \;|\; U_\lambda \in \T _\lambda ,\; U_\lambda = X_\lambda \text { für fast alle } \lambda \in \Lambda \right \}\).
Die Produkttopologie auf \(X\) ist die Initialtopologie zu \((p_\lambda \colon X \rightarrow X_\lambda )_{\lambda \in \Lambda }\).

Beispiel: Für \(\Lambda = \{1, 2\}\) oder \(\Lambda \) endlich ist die Produkttopologie wie oben die Produkttopologie von endlich vielen Räumen. Auf \(\real ^\real \) ist die Produkttopologie genau die Topol. der pktw. Konv.

Bemerkung: Sind \((X_1, d_1), \dotsc , (X_n, d_n)\) metrische Räume, dann definiert \(d(x, y) :=\)
\(\sup \{d_i(x_i, y_i)\}\) eine Metrik auf \(X := X_1 \times \dotsb \times X_n\), die die Produkttopologie auf \(X\) induziert.

Satz (Metrisierbarkeit von Produkträumen): Seien \((X_i, \T _i)\) topologische Räume, die mindestens zwei Elemente \(a_i \not = b_i\) enthalten (\(i \in I\)). Das Produkt \(X = \prod _{i \in I} X_i\) wird mit der Produkttopologie auf \(X\) versehen.

  • Ist \(X\) metrisierbar, dann auch alle \(X_i\).

  • Sind alle \(X_i\) metrisierbar und \(I\) abzählbar, dann ist \(X\) metrisierbar.

  • Ist \(I\) überabzählbar, dann ist \(X\) nicht metrisierbar.

Satz (Metrisierbarkeit der Initialtopologie): Seien \((X_i, d_i)\), \(i \in \natural \) metrische Räume und
\(f_i\colon X \rightarrow X_i\) eine initiale Familie. \(d(x, y) := \sum _{i=0}^\infty 2^{-i} d_i^\ast (f_i(x), f_i(y))\) induz. die Initialtopologie.

Zylinder, Kegel, Einhängung:  Sei \(X\) ein topologischer Raum. Der Zylinder über \(X\) ist der Raum \(ZX := X \times [0,1]\). Der Kegel über \(X\) ist der Raum \(CX := ZX/\!/(X \times \{1\})\). Die Einhängung oder der Doppelkegel ist der Raum \(\Sigma X := (X \times [-1,1])/\!/(X \times \{1\})/\!/(X \times \{-1\})\).

Beispiel: \(C \sphere ^{n-1} \cong \dball ^n\), \(\Sigma \sphere ^{n-1} \cong \sphere ^n\)

Verheften von Räumen: 
Seien \(X, Y\) topologische Räume mit \(A \subset X\), \(B \subset Y\) und \(f\colon A \rightarrow B\) eine Abbildung.
Auf \(X \sqcup Y\) definiert man \(\sim \) als die von \(a \sim f(a)\), \(a \in A\) erzeugte Äquivalenzrelation.
Die Verheftung von \(X\) und \(Y\) entlang \(f\) ist der Quotientenraum \(X \cup _f Y := (X \sqcup Y)/\sim \).

Kompaktheit

Kompakte topologische Räume

Bemerkung: Kompaktheit ist ein topologisches Analogon zur Endlichkeit, denn
für jede endliche Menge \(X\) (jeden kompakten Raum \(X\)) gilt:

  • Jede (offene) Überdeckung \(X = \bigcup _{i \in I} U_i\) enthält eine endliche Teilüberdeckung, d. h. \(X = U_{i_1} \cup \dotsb \cup U_{i_n}\).

  • Jede Folge \((x_n)_{n \in \natural }\) in \(X\) besitzt eine konstante Teilfolge (einen Häufungspunkt).

  • Jede (stetige) Funktion \(f\colon X \rightarrow \real \) ist beschränkt und nimmt ihre Extrema an, d. h. \(\exists _{a, b \in X} \forall _{x \in X}\; f(a) \le f(x) \le f(b)\).

Überdeckung:  Seien \((X, \T )\) ein topologischer Raum und \(A \subset X\) eine Teilmenge.
Eine Familie \((U_i)_{i \in I}\) mit \(U_i \subset X\) heißt Überdeckung von \(A\), falls \(A \subset \bigcup _{i \in I} U_i\).
Sie heißt offen, falls \(\forall _{i \in I}\; U_i \in \T \), und endlich, falls \(I\) endlich ist.
Eine Teilüberdeckung ist eine Familie \((U_i)_{i \in J}\) mit \(J \subset I\) und \(A \subset \bigcup _{i \in J} U_i\).

kompakt:  \((X, \T )\) heißt kompakt, falls jede offene Überdeckung \((U_i)_{i \in I}\) von \(X\) eine endliche Teilüberdeckung enthält, d. h. \(\exists _{i_1, \dotsc , i_n \in I}\; X = U_{i_1} \cup \dotsb \cup U_{i_n}\).

Beispiel: Falls \(X\) diskret ist, ist \(X\) kompakt genau dann, wenn \(X\) endlich ist.
Falls \(X\) indiskret ist, so ist \(X\) immer kompakt.
Der euklidische Raum \(\real ^n\) ist nicht kompakt, denn \(\real ^n = \bigcup _{r \in \natural } B(0, r)\) ist eine offene Überdeckung, aber es gibt keine endliche Teilüberdeckung.

kompakte Teilmenge:  \(A \subset X\) heißt kompakt in \(X\), falls \((A, \T _A)\) kompakt ist (bzgl. der Teilraumtopologie \(\T _A\)), und relativ kompakt in \(X\), falls \(\abschluss {A}\) kompakt in \(X\) ist.

Bemerkung: Nach Definition der Teilraumtopologie ist \(V \subset A\) offen in \(\T _A\) genau dann, wenn \(\exists _{U \in \T _X}\; V = A \cap U\). Damit sind die folgenden Bedingungen äquivalent:
Jede Überdeckung \(A = \bigcup _{i \in I} V_i\) mit \(V_i \in \T _A\) enthält eine endliche Teilüberdeckung.
Jede Überdeckung \(A \subset \bigcup _{i \in I} U_i\) mit \(U_i \in \T _X\) enthält eine endliche Teilüberdeckung.

Beispiel: Jede endliche Menge \(A \subset X\) ist kompakt in \(X\).
\(\integer \subset \real \), \(\rational \subset \real \) sind nicht kompakt, denn \(\integer , \rational \subset \bigcup _{r \in \natural } \left ]-r, r\right [\) enthält keine endliche Teilüberdeckung. \(\left ]0, 1\right ]\) ist nicht kompakt, denn \(\left ]0, 1\right ] \subset \bigcup _{n \in \natural } \left ]\frac {1}{n}, 2\right [\) enthält keine endliche Teilüberdeckung (aber \(\abschluss {\left ]0, 1\right ]} = [0, 1]\) ist kompakt, s. u.).

Satz (stetiges Bild einer kompakten Menge ist kompakt):
Seien \(X\) kompakt und \(f\colon X \rightarrow Y\) stetig. Dann ist \(f(X)\) kompakt.

Satz (\([0, 1]\) ist kompakt): \([0, 1] = \{x \in \real \;|\; 0 \le x \le 1\}\) ist kompakt in \(\real \).

Satz (abgeschlossene Teilmengen von kompakten Räumen sind kompakt):
Seien \(X\) kompakt und \(A \subset X\) abgeschlossen. Dann ist \(A\) kompakt in \(X\).

Satz (kompakte Teilmengen von Hausdorff-Räumen sind abgeschlossen):
Seien \(X\) hausdorffsch und \(A \subset X\) kompakt. Dann ist \(A\) abgeschlossen.

Lemma (disjunkte Umgebungen bei kompakten Mengen in Hausdorff-Räumen):
Seien \(X\) hausdorffsch und \(A \subset X\) kompakt.
Dann gibt es für jedes \(b \in X \setminus A\) offene Umgebungen \(U\) von \(A\) und \(V\) von \(b\) mit \(U \cap V = \emptyset \).

Satz (disjunkte Umgebungen von zwei kompakten Mengen in Hausdorff-Räumen):
Seien \(X\) hausdorffsch und \(A, B \subset X\) kompakt.
Dann gibt es offene Umgebungen \(U\) von \(A\) und \(V\) von \(b\) mit \(U \cap V = \emptyset \).

Satz (Produkt von kompakten Räumen ist kompakt): Seien \((X, \T _X)\) und \((Y, \T _Y)\) kompakt.
Dann ist auch \(X \times Y\) in der Produkttopologie kompakt.

Folgerung: Jedes endliche Produkt kompakter Räume ist kompakt.

Beispiel: Jeder Quader \([a_1, b_1] \times \dotsb \times [a_n, b_n] \subset \real ^n\) ist kompakt.

Satz (Heine-Borel):
\(A \subset \real ^n\) ist kompakt genau dann, wenn \(A\) beschränkt und abgeschlossen ist.

Satz (stetige Funktion von einem kompaktem Raum ist beschränkt, nimmt ihre Extrema an):
Seien \(X\) kompakt und \(f\colon X \rightarrow \real \) stetig.
Dann gibt es \(a, b \in X\), sodass \(f(a) \le f(x) \le f(b)\) für alle \(x \in X\).

Satz (stetige Abbildungen von kompakten in Hausdorff-Räumen sind abgeschlossen):
Seien \(X\) kompakt, \(Y\) hausdorffsch und \(f\colon X \rightarrow Y\) stetig. Dann ist \(f\) abgeschlossen.
Insbesondere gilt: Ist \(f\) injektiv/surjektiv/bijektiv,
dann ist \(f\) Einbettung/Identifizierung/Homöomorphismus.

Satz (Vergleich von kompakten Hausdorff-Räumen): Sei \((X, \T )\) kompakt und hausdorffsch.
Jede echt feinere Topologie \(\T ’ \supsetneqq \T \) ist hausdorffsch, aber nicht kompakt.
Jede echt gröbere Topologie \(\T ’ \subsetneqq \T \) ist kompakt, aber nicht hausdorffsch.

Der Satz von Tychonoff

Satz (topologischer Raum kompakt \(\;\Leftrightarrow \;\) jeder Ultrafilter konvergiert):
Ein topologischer Raum \((X, \T )\) ist kompakt genau dann, wenn jeder Ultrafilter \(\F \) auf \(X\) konvergiert (\(\exists _{x \in X}\; \F \supset \U _x\)).

Lemma (Filter auf Produkt konvergiert \(\;\Leftrightarrow \;\) Bildfilter der Projektionen konvergieren gegen jede einzelne Komponente): Ein Filter \(\F \) auf \(X = \prod _{i \in I} X_i\) konvergiert gegen \(x = (x_i)_{i \in I}\) auf \(X\) genau dann, wenn jeder Bildfilter \(p_i(\F )\) auf \(X_i\) gegen \(x_i\) konvergiert, wobei \(p_i\colon X \rightarrow X_i\), \(p_i(x) = x_i\) die Projektion auf die \(i\)-te Komponente ist (\(i \in I\)).

Satz (Tychonoff): \(X = \prod _{i \in I} X_i\) ist kompakt genau dann, wenn alle \(X_i\) kompakt sind.

Erste Anwendungen

konvex:  Eine Teilmenge \(X \subset \real ^n\) heißt konvex, falls für alle \(a, b \in X\) auch \([a, b] \subset X\) gilt, wobei \([a, b] := \{(1 - t)a + tb \;|\; t \in [0, 1]\}\).

sternförmig:  Eine Teilmenge \(X \subset \real ^n\) heißt sternförmig bzgl. \(a \in X\), falls für alle \(b \in X\) auch \([a, b] \subset X\) gilt.

Bemerkung:
Eine Menge \(X \subset \real ^n\) ist konvex genau dann, wenn sie sternförmig bzgl. jeden ihrer Punkte ist.
\(I \subset \real \) ist sternförmig \(\;\Leftrightarrow \;\) \(I\) ist konvex \(\;\Leftrightarrow \;\) \(I\) ist ein Intervall.

Satz (kompakte, konvexe Menge mit Innerem ist homöomorph zur Vollkugel):
Sei \(X \subset \real ^n\) kompakt, konvex und \(\inneres {X} \not = \emptyset \). Dann ist \(X \cong \dball ^n\).

Satz (allgemeinere Version):
Sei \(X \subset \real ^n\) kompakt und sternförmig bzgl. allen \(a \in B(a_0, \varepsilon )\) für ein \(a_0 \in X\) und ein \(\varepsilon > 0\).
Dann ist \(X \cong \dball ^n\). Es gilt sogar: Es gibt ein \(h\colon \real ^n \homoe \real ^n\) mit \(h(X) = \dball ^n\).

topologischer Vektorraum:  Ein topologischer Vektorraum \((V, +, \cdot , \T )\) über \(\real \) ist ein
\(\real \)-Vektorraum \((V, +, \cdot )\) mit einer Topologie \(\T \) auf \(V\), wobei gilt:

  • \(+\colon V \times V \rightarrow V\) ist stetig.

  • \(\cdot \colon \real \times V \rightarrow V\) ist stetig.

  • \((V, \T )\) ist hausdorffsch.

Beispiel: \((\real ^n, +, \cdot )\) mit der euklidischen Topologie ist ein topologischer Vektorraum.
Auf \(\C ([0, 1], \real )\) definieren die \(p\)-Normen unendlich viele verschiedene Vektorraum-Topologien.

Satz (lineare Abbildungen stetig, Homöomorphismen):

  • Jede lineare Abbildung \(f\colon \real ^n \rightarrow V\) ist stetig (\(\real ^n\) mit eukl., \(V\) mit VR-Topologie).

  • Für \(x \in \real \setminus \{0\}\) ist \(\mu _x\colon V \rightarrow V\), \(\mu _x(v) = xv\) ein Homöomorphismus.

  • Für \(a \in V\) ist \(\tau _a\colon V \rightarrow V\), \(\tau _a(v) = v + a\) ein Homöomorphismus.

ausgeglichene Umgebung: 
Eine Umgebung \(A \in \U _0\) von \(0 \in V\) heißt ausgeglichen, falls \(tA \subset A\) für alle \(t \in [-1, 1]\).

Lemma (ausgeglichene Umgebungen bilden eine Umgebungsbasis der \(0\)):
Jede Umgebung \(U\) von \(0\) in \(V\) enthält eine offene, ausgeglichene Umgebung \(A\) von \(0\) in \(V\).

Satz (auf endlich-dimensionalen \(\real \)-Vektorräumen gibt es genau eine Vektorraum-Topologie):
Auf jedem endlich-dimensionalen \(\real \)-Vektorraum \((V, +, \cdot )\) gibt es genau eine Vektorraum-Topologie. Insbesondere ist die euklidische Topologie auf \(\real ^n\) die einzige Vektorraum-Topologie auf \((\real ^n, +, \cdot )\).

Bemerkung: Die Kompaktheit ist stets wesentlich! Der Satz gilt nicht für unendlich-dimensionale Vektorräume und auch nicht für topologische \(\rational \)-Vektorräume: Versieht man z. B. \(\rational ^2 \subset \real ^2\) mit der Produkttopologie und \(\rational [\sqrt {2}] := \{a + b\sqrt {2} \;|\; a, b \in \rational \}\) mit der Teilraumtopologie, so ist \(\rational ^2 \cong \rational [\sqrt {2}]\) als \(\rational \)-Vektorraum (bspw. durch \((a, b) \mapsto a + b \sqrt {2}\)), aber nicht als topologische \(\rational \)-Vektorräume.

Verwandte Kompaktheitsbegriffe

Lebesgue-Zahl:  Seien \((X, d)\) ein metrischer Raum und \((U_i)_{i \in I}\) eine offene Überdeckung von \(X\). Eine Zahl \(\delta > 0\) heißt Lebesgue-Zahl zu \((U_i)_{i \in I}\), falls \(\forall _{x \in X} \exists _{i \in I}\; B(x, \delta ) \subset U_i\).

Beispiel: Zu \((\left ]n, n + 2\right [)_{n \in \natural }\) ist \(\delta = \frac {1}{2}\) eine Lebesgue-Zahl.
Sei \(x_n = \ln n\) für \(n \in \natural \), \(x_0 = -\infty \). Die Überdeckung \((\left ]x_n, x_{n+2}\right [)_{n \in \natural }\) von \(\real \) erlaubt keine Lebesgue-Zahl bzgl. \(d(x, y) = |x - y|\).
Man kann allerdings auf \(\real \) auch die zu \(d(x, y) = |x - y|\) äquivalente Metrik \(e(x, y) = |e^x - e^y|\) betrachten. Bzgl. \(e\) erlaubt \((\left ]x_n, x_{n+2}\right [)_{n \in \natural }\) die Lebesgue-Zahl \(\delta = \frac {1}{2}\), d. h. die Lebesgue-Zahl und auch schon die Existenz einer solchen hängt wesentlich von der gewählten Metrik ab.

Lemma (Lebesgue): Sei \((X, d)\) ein kompakter metrischer Raum.
Dann existiert zu jeder offenen Überdeckung \((U_i)_{i \in I}\) von \(X\) eine Lebesgue-Zahl.

Bemerkung: Die Umkehrung gilt nicht, d. h. die Existenz einer Lebesgue-Zahl für jede offene Überdeckung impliziert nicht die Kompaktheit. Ein Gegenbeispiel ist \((X, d)\) mit der diskreten Metrik. \(\delta = 1\) ist eine Lebesgue-Zahl für jede offene Überdeckung, aber \((X, d)\) ist nicht kompakt, wenn \(X\) unendlich ist.

totalbeschränkt:  Ein metrischer Raum \((X, d)\) heißt totalbeschränkt, falls es zu jedem \(\varepsilon > 0\) eine endliche Familie \(a_1, \dotsc , a_n \in X\) gibt mit \(X = B(a_1, \varepsilon ) \cup \dotsb \cup B(a_n, \varepsilon )\).

Satz (metrischer Raum kompakt \(\;\Leftrightarrow \;\) totalbeschränkt, erlaubt immer Lebesgue-Zahl):
Ein metrischer Raum \((X, d)\) ist kompakt genau dann, wenn er totalbeschränkt ist und jede offene Überdeckung eine Lebesgue-Zahl erlaubt.

Satz (Charakterisierungen kompakter metrischer Räume):
Für jeden metrischen Raum \((X, d)\) sind äquivalent:

  • Kompaktheit: Jede offene Überdeckung von \(X\) enthält eine endliche Teilüberdeckung.

  • abzählbare Kompaktheit: Jede Folge \((x_n)_{n \in \natural }\) in \(X\) hat einen Häufungspunkt in \(X\).

  • Folgenkompaktheit: Jede Folge \((x_n)_{n \in \natural }\) in \(X\) hat eine konvergente Teilfolge.

  • Pseudokompaktheit: Jede stetige Funktion \(f\colon X \rightarrow \real \) ist beschränkt.

  • Lebesgue-Kompaktheit:
    \(X\) ist totalbeschränkt und jede offene Überdeckung erlaubt eine Lebesgue-Zahl.

  • Heine-Borel-Lebesgue-Kompaktheit:
    \(X\) ist totalbeschränkt und vollständig.

Bemerkung: Während die Kompaktheitsbegriffe 1., 2. und 3. nur eine topologische Beschreibung darstellen, d. h. sich auch auf topologische Räume ausweiten lassen, sind die Definitionen 5. und 6. metrischer Natur, denn sie basieren auf Totalbeschränktheit und Lebesgue-Zahlen.
Die 4. Definition der Pseudokompaktheit stellt eine Mischung dar.
Für topologische Räume gelten folgende Beziehungen:

(1.1–1.0) \{begin}{align*} \begin{xy} \xymatrix @C=2cm{ *+++[F]\txt {kompakt} \ar @<-1ex> @{=>} [r] & *+++[F]\txt {abz. kompakt} \ar @<-1ex> @{=>} [r]_{\text
{1. AA}} \ar @<-1ex> @{=>} [l]_{\text {2. AA}\quad } & *+++[F]\txt {folgenkompakt} \ar @<-1ex> @{=>} [l] } \end {xy} \{end}{align*}

Lokal-kompakte Räume und Alexandroff-Kompaktifizierung

Kompaktifizierung:  Sei \(X\) ein topologischer Raum. Eine Einbettung \(\iota \colon X \rightarrow Y\) in einen kompakten Raum \(Y\) mit \(\abschluss {\iota (X)} = Y\) heißt Kompaktifizierung auf \(X\).

Beispiel: Ist \(X\) kompakt, so ist \(\id \colon X \rightarrow X\) eine Kompaktifizierung.
\(\iota \colon \real \rightarrow \overline {\real } := \real \cup \{+\infty \} \cup \{-\infty \}\) ist eine Kompaktifizierung, wobei \(\overline {\real }\) mit der fortgesetzten Ordnungstopologie auf \(\real \) versehen wird, d. h. \(-\infty \le a \le +\infty \) für alle \(a \in \overline {\real }\).
\(\iota \colon \real \rightarrow \real \projective ^1\), \(\iota (x) = [x:1]\), dabei ist \(\real \projective ^1 \setminus \iota (\real ) = \{\infty \}\) mit \(\infty := [1:0]\).
\(\iota \colon \complex \rightarrow \complex \projective ^1\), \(\iota (x) = [x:1]\), dabei ist \(\complex \projective ^1 \setminus \iota (\complex ) = \{\infty \}\) mit \(\infty := [1:0]\).

lokal-kompakt:  Sei \(X\) ein topologischer Raum. \(X\) heißt lokal-kompakt, falls jede Umgebung eines Punktes \(x \in X\) eine kompakte Umgebung von \(x\) enthält.

Beispiel: \(\real ^n\) ist lokal-kompakt (z. B. mit \(\abschluss {B(x, \varepsilon )}\)). Jede offene Menge \(X \subset \real ^n\) ist lokal-kompakt.
\(\rational \) ist nicht lokal-kompakt.

Satz (offene/abgeschlossene Teilmengen): Jede offene/abgeschlossene Teilmenge \(Y \subset X\) eines lokal-kompakten Raums \(X\) ist lokal-kompakt.

Satz (in Hausdorff-Räumen reicht eine Umgebung für lokale Kompaktheit):
Sei \((X, \T )\) ein Hausdorff-Raum, in dem jeder Punkt \(x \in X\) eine kompakte Umgebung besitzt. Dann ist \(X\) lokal-kompakt.

Folgerung: Jeder kompakte Hausdorff-Raum ist lokal-kompakt.

Satz (Umgebungen von kompakten Mengen in lokal-kompakten Räumen):
Seien \(X\) lokal-kompakt und \(K \subset X\) kompakt. Dann enthält jede Umgebung \(U\) von \(K\) eine kompakte Umgebung \(V\) von \(K\), d. h. \(K \subset \inneres {V} \subset V \subset U\).

Satz (Alexandroff-Kompaktifizierung):
Sei \((X, \T )\) ein lokal-kompakter Hausdorff-Raum.

  • Es existiert ein kompakter Hausdorff-Raum \((\widehat {X}, \widehat {\T })\) und eine Einbettung \(\iota \colon X \rightarrow \widehat {X}\), sodass \(\widetilde {X} \setminus \iota (X) =: \{\infty \}\) nur aus einem Punkt besteht.

  • Ist \(\kappa \colon X \rightarrow Y\) eine offene Einbettung in einen kompakten Hausdorff-Raum \(Y\), dann ist die Abbildung \(f\colon Y \rightarrow \widehat {X}\), \(f \circ \kappa = \iota \) und \(f(Y \setminus \kappa (X)) = \{\infty \}\) stetig.

  • Sind \(\iota \colon X \rightarrow \widehat {X}\) und \(\kappa \colon X \rightarrow \widetilde {X}\) Einbettungen mit der Eigenschaft 1., dann sind \(\widehat {X}\) und \(\widetilde {X}\) homöomorph durch \(h\colon \widehat {X} \homoe \widetilde {X}\), \(h \circ \iota = \kappa \) und \(h(\widehat {\infty }) = \widetilde {\infty }\).

Lemma (Konstruktion von \((\widehat {X}, \widehat {\T })\)): Sei \(\infty \notin X\).
Definiere \(\widehat {X} := X \cup \{\infty \}\) und \(\widehat {\T } := \T \cup \{\widehat {X} \setminus K \;|\; K \subset X \text { abgeschlossen und kompakt}\}\).
Dann ist \(\widehat {\T }\) eine Topologie auf \(\widehat {X}\).

Lemma (Inklusion als Einbettung): Die Inklusion \(\iota \colon X \rightarrow \widehat {X}\) ist eine Einbettung.

Lemma (\(\widehat {X}\) ist kompakt): \((\widehat {X}, \widehat {\T })\) ist kompakt. Für \(X\) nicht kompakt gilt \(\abschluss {X} = \widehat {X}\).

Lemma (\((\widehat {X}, \widehat {\T })\) hausdorffsch \(\;\Leftrightarrow \;\) \((X, \T )\) hausdorffsch und lokal-kompakt):
\((\widehat {X}, \widehat {\T })\) ist hausdorffsch genau dann, wenn \((X, \T )\) hausdorffsch und lokal-kompakt ist.

Lemma (Eindeutigkeit bis auf Homöomorphie):
Seien \(\widehat {X}\) und \(\widetilde {X}\) Alexandroff-Kompaktifizierungen mit den Einbettungen \(\iota \) und \(\kappa \).
Dann ist \(h\colon \widehat {X} \rightarrow \widetilde {X}\) mit \(h \circ \iota = \kappa \) und \(h(\widehat {\infty }) = \widetilde {\infty }\) ein Homöomorphismus.

Beispiel: Sei \(X = \real ^n\) (lokal-kompakt). Dann ist der kompakte Hausdorff-Raum nach 1. \(\widehat {X} = \sphere ^n\) und die Einbettung \(\iota \colon \real ^n \rightarrow \sphere ^n\) ist die Umkehrung der stereographischen Projektion
(\(\sphere ^n \setminus \iota (\real ^n) = \{\infty \}\) besteht nur aus einem Punkt, dem Nordpol \(\infty \)).
Definiert man \(\kappa \colon \real \rightarrow \real \projective ^1\) wie oben, also \(\kappa (x) = [x:1]\), dann ist \(\kappa \) ebenfalls eine Einbettung, sodass \(\real \projective ^1 \setminus \kappa (\real )\) nur aus einem Punkt besteht, also ist \(\sphere ^1 \cong \real \projective ^1\).
Analog gilt mit \(\kappa \colon \complex \rightarrow \complex \projective ^1\), \(\kappa (x) = [x:1]\), dass \(\sphere ^2 \cong \complex \projective ^1\).

\(\sigma \)-kompakt:  Ein lokal-kompakter Hausdorff-Raum \(X\) heißt \(\sigma \)-kompakt, falls \(X\) eine abzählbare Vereinigung kompakter Mengen ist, d. h. \(X = \bigcup _{n \in \natural } K_n\) mit \(K_n \subset X\) kompakt.

Beispiel: \(\real ^n = \bigcup _{n \in \natural } \abschluss {B(0, n)}\) ist \(\sigma \)-kompakt.
\(\rational = \bigcup _{x \in \rational } \{x\}\) ist nicht \(\sigma \)-kompakt, denn \(\rational \) ist nicht lokal-kompakt.

Satz (äquivalente Beschreibungen):
Für jeden lokal-kompakten Hausdorff-Raum \(X\) ist Folgendes äquivalent:

  • \(X\) ist \(\sigma \)-kompakt, d. h. \(X = \bigcup _{n \in \natural } K_n\) mit \(K_n \subset X\) kompakt.

  • \(X = \bigcup _{n \in \natural } U_n\) mit \(U_n \subset X\) offen, \(\overline {U_n}\) kompakt, \(\overline {U_n} \subset U_{n+1}\).

  • \(X\) ist abzählbar im Unendlichen, d. h. \(\widehat {X}\) hat in \(\infty \) eine abzählbare Umgebungsbasis.

Satz (Teilmengen von lokal-kompakten Räumen): Sei \(X\) ein lokal-kompakter Raum.
Eine Teilmenge \(U \subset X\) ist offen in \(X\) genau dann, wenn \(U \cap K\) offen in \(K\) ist für alle \(K \subset X\) kompakt (analog mit \(U \subset X\) und \(U \cap K\) abgeschlossen).

kompakt erzeugt:  Sei \((X, \T )\) ein topologischer Raum.
Die Topologie \(\T \) heißt kompakt erzeugt, falls für jede Teilmenge \(A \subset X\) gilt:
Ist \(A \cap K\) offen in \(K\) für alle \(K \subset X\) kompakt, so ist \(A\) offen in \(X\)
(alternativ auch äquivalent dazu „abgeschlossen“ statt „offen“).

Bemerkung: Das heißt, dass \(\T \) die Finaltopologie bzgl. der finalen Familie
\(\{\iota _K\colon K \hookrightarrow X \;|\; K \subset X \text { kompakt}\}\) ist.

Beispiel: Beispiele für kompakt erzeugte Räume sind lokal-kompakte Räume, metrische Räume und Räume mit dem 1. Abzählbarkeitsaxiom.

eigentliche Abbildung:  Seien \(X, Y\) lokal-kompakte Hausdorff-Räume.
Eine stetige Abbildung \(f\colon X \rightarrow Y\) heißt eigentlich, falls für jede kompakte Menge \(K \subset Y\) das Urbild \(f^{-1}(K) \subset X\) kompakt ist.

Bemerkung: Man kann eigentliche Abbildung auch zwischen beliebigen Räumen definieren. In diesem Fall muss \(f\) stetig, abgeschlossen und das Urbild jedes Punkts muss kompakt sein.
Obige Definition wird dann mit „genau dann, wenn“ statt „falls“ zum Satz.

Beispiel: \(f\colon \natural \rightarrow \real ^d\), \(f(n) = x_n\) ist eigentlich genau dann, wenn \(\norm {x_n} \to \infty \) für \(n \to \infty \).
Eine stetige Abbildung \(f\colon \real _{\ge 0} \rightarrow \real ^d\) ist eigentlich genau dann, wenn \(\norm {f(x)} \to \infty \) für \(x \to \infty \), d. h. \(\forall _{r \ge 0} \exists _{x_0 \ge 0} \forall _{x > x_0}\; \norm {f(x)} > r\).

Satz (Fortsetzung von stetigen Abbildungen auf die Alexandroff-Kompaktifizierungen):
Seien \(X, Y\) lokal-kompakte Hausdorff-Räume und \(\widehat {X} := X \cup \{\infty \}\), \(\widehat {Y} := Y \cup \{\widetilde {\infty }\}\) die entsprechenden Alexandroff-Kompaktifizierungen.
Eine stetige Abbildung \(f\colon X \rightarrow Y\) lässt sich zu einer stetigen Abbildung \(\widehat {f}\colon \widehat {X} \rightarrow \widehat {Y}\) mit \(\widehat {f}(\infty ) = \widetilde {\infty }\) fortsetzen genau dann, wenn \(f\) eigentlich ist.

Die Kompakt-Offen-Topologie

Bemerkung: Das Ziel dieses Abschnitts ist, \(\C (X, Y)\) mit einer „vernünftigen“ Topologie auszustatten. Man kann die Definitionen für reellwertige Funktionen verallgemeinern und auf \(\C (X, Y)\) die Topologien der punktweisen, gleichmäßigen und kompakten Konvergenz definieren:

Topologie der punktweisen Konvergenz:  Seien \(X, Y\) topologische Räume. Auf \(Y^X\) wird die Topologie \(\Tpw \) der pktw. Konv. erzeugt von den Mengen \([x, O] := \{g\colon X \rightarrow Y \;|\; g(x) \in O\}\) mit \(x \in X\) und \(O \subset Y\) offen. Dies ist auch die Produkttopologie auf \(Y^X\). Man erhält die Topologie der punktweisen Konvergenz auf \(\C (X, Y)\) als Teilraumtopologie.

Topologie der gleichmäßigen Konvergenz:  Sei \(X\) ein topologischer und \((Y, d)\) ein metrischer Raum. Auf \(Y^X\) wird die Topologie \(\Tglm \) der gleichmäßigen Konvergenz induziert durch die Metrik \(d_X(f, g) := \sup _{x \in X} d^\ast (f(x), g(x))\). Die Topologie wird also erzeugt von den Mengen \(B(f, \varepsilon ) := \{g\colon X \rightarrow Y \;|\; d_X(f, g) < \varepsilon \}\) mit \(f\colon X \rightarrow Y\) und \(\varepsilon > 0\). Man erhält die Topologie der gleichmäßigen Konvergenz auf \(\C (X, Y)\) als Teilraumtopologie.

Topologie der kompakten Konvergenz:  Sei \(X\) ein topologischer und \((Y, d)\) ein metrischer Raum. Auf \(Y^X\) wird die Topologie \(\Tkpkt \) der kompakten Konvergenz erzeugt von den Mengen \(B_K(f, \varepsilon ) := \{g\colon X \rightarrow Y \;|\; d_K(f, g) < \varepsilon \}\) für \(K \subset X\) kompakt, \(f\colon X \rightarrow Y\) und \(\varepsilon > 0\). Man erhält die Topologie der kompakten Konvergenz auf \(\C (X, Y)\) als Teilraumtopologie.

Bemerkung: Es gilt \(\Tpw \subset \Tkpkt \subset \Tglm \).

Kompakt-Offen-Topologie:  Seien \(X, Y\) topologische Räume.
Für \(A \subset X\), \(B \subset Y\) definiert man \([A, B] = \C (X, A; Y, B) := \{f\colon X \rightarrow Y \text { stetig} \;|\; f(A) \subset B\}\).
Die Kompakt-Offen-Topologie oder KO-Topologie auf \(\C (X, Y)\) ist die von den Mengen \([K, O]\) mit \(K \subset X\) kompakt, \(O \subset Y\) offen erzeugte Topologie.

Bemerkung: Die Mengen \([K, O]\) bilden i. A. keine Basis der KO-Topologie, sondern nur ein Erzeugendensystem. Eine Basis sind alle Mengen der Form \([K_1, O_1] \cap \dotsb \cap [K_n, O_n]\) mit \(n \in \natural \), \(K_i \subset X\) kompakt und \(O_i \subset Y\) offen für \(i = 1, \dotsc , n\).
Ist \(X\) diskret, dann ist \(\C (X, Y) = Y^X\) und die KO-Topologie stimmt mit der Produkttopologie (Topologie der punktweisen Konvergenz) überein.
Ist \(X\) kompakt und \(Y\) ein metrischer Raum, dann stimmt die KO-Topologie auf \(\C (X, Y)\) mit der Topologie der gleichmäßigen Konvergenz überein.
Ist \(Y\) ein metrischer Raum, dann stimmt die KO-Topologie auf \(\C (X, Y)\) mit der Topologie der kompakten Konvergenz überein.

Satz (Einbettungen): Seien \(X \not = \emptyset \) und \(Y\) topologische Räume.

  • Ist \(B \subset Y\) ein Teilraum, dann ist \(\C (X, B) \subset \C (X, Y)\) ein Teilraum.

  • \(j\colon Y \rightarrow \C (X, Y)\), \(j(y) = \const _X^y\) ist eine Einbettung.

  • \(\C (X, Y)\) ist hausdorffsch genau dann, wenn \(Y\) hausdorffsch ist.

Satz (Stetigkeit der Komposition):

  • Für jede Abbildung \(g \in \C (Y, Z)\) ist \(g_\ast \colon \C (X, Y) \rightarrow \C (X, Z)\), \(f \mapsto g \circ f\) stetig.

  • Für jede Abbildung \(f \in \C (X, Y)\) ist \(f^\ast \colon \C (Y, Z) \rightarrow \C (X, Z)\), \(g \mapsto g \circ f\) stetig.

  • Ist \(Y\) lokal-kompakt, so ist \(\circ \colon \C (Y, Z) \times \C (X, Y) \rightarrow \C (X, Z)\), \((g, f) \mapsto g \circ f\) stetig
    (in \(g\) und \(f\) gleichzeitig).

Folgerung: Für jedes \(y \in Y\) ist die Auswertung \(e_y\colon \C (Y, Z) \rightarrow Z\), \(g \mapsto g(y)\) stetig.
Ist \(Y\) lokal-kompakt, so ist die Auswertung \(e\colon \C (Y, Z) \times Y \rightarrow Z\), \((g, y) \mapsto g(y)\) stetig.

Bemerkung: Lokale Kompaktheit ist wesentlich!
Gegenbeispiel: Die Auswertung \(e\colon \C (\rational , [0, 1]) \times \rational \), \((f, x) \mapsto f(x)\) ist nicht stetig.

Adjunktion:  Seien \(X\), \(Y\) und \(Z\) Mengen. Zu einer Abbildung \(f\colon X \times Y \rightarrow Z\) und \(x \in X\) ist \(f(x, -)\colon Y \rightarrow Z\), \(y \mapsto f(x, y)\) die Einschränkung \(Y \xrightarrow {\sim } \{x\} \times Y \xrightarrow {f} Z\).
Dies definiert \(\adj {f}\colon X \rightarrow Z^Y = \Abb (Y, Z)\) mit \((\adj {f}(x))(y) := f(x, y)\).
Die Abbildungen \(f\) und \(\adj {f}\) heißen zueinander adjungiert und \(Z^{X \times Y} \rightarrow (Z^Y)^X\), \(f \mapsto \adj {f}\) heißt Adjunktion. Dies ist eine Bijektion.

Satz (Adjunktion in topologischen Räumen): Seien \(X\), \(Y\) und \(Z\) topologische Räume.
Ist \(f\colon X \times Y \rightarrow Z\) stetig, dann auch \(\widetilde {f}\colon X \rightarrow \C (Y, Z)\).
Ist \(Y\) lokal-kompakt und \(\widetilde {f}\colon X \rightarrow \C (Y, Z)\), dann auch \(f\colon X \times Y \rightarrow Z\).

Folgerung: Ist \(X\) lokal-kompakt, dann ist die KO-Topologie auf \(\C (X, Y)\) die gröbste Topologie, sodass die Auswertung \(\C (X, Y) \times X \rightarrow Y\), \((f, x) \mapsto f(x)\) stetig ist.

Bemerkung: Seien \(X\), \(Y\) und \(Z\) Mengen.
Dann ist \(Z^{X + Y} \xrightarrow {\sim } Z^X \times Z^Y\), \(f \mapsto (f|_X = f \circ \iota _X, f|_Y = f \circ \iota _Y)\) eine Bijektion.
Für topologische Räume induziert dies eine Bijektion \(\C (X \sqcup Y, Z) \xrightarrow {\sim } \C (X, Z) \times \C (Y, Z)\) (1).
Analog induziert die Bijektion \((Y \times Z)^X \xrightarrow {\sim } Y^X \times Z^X\), \(f \mapsto (p_Y \circ f, p_Z \circ f)\) die Bijektion \(\C (X, Y \times Z) \xrightarrow {\sim } \C (X, Y) \times \C (X, Z)\) (2).
Analog induziert die Bijektion \(Z^{X \times Y} \xrightarrow {\sim } (Z^Y)^X\), \(f \mapsto \adj {f}\) die Bijektion
\(\C (X \times Y, Z) \xrightarrow {\sim } \C (X, \C (Y, Z))\) (3), wenn man voraussetzt, das \(Y\) lokal-kompakt ist.

Satz (Homöomorphismen bzgl. der KO-Topologie): Die natürlichen Bijektionen (1), (2) und (3) sind Homöomorphismen bzgl. der KO-Topologie. Hierbei setzt man für (2) \(X\) als hausdorffsch und für (3) \(X\) als hausdorffsch und \(Y\) als lokal-kompakt und hausdorffsch voraus.

Erzeugendensystem der Kompakta:  Sei \(X\) ein topologischer Raum. Eine Familie \(\A \) kompakter Mengen in \(X\) heißt Erzeugendensystem der Kompakta in \(X\), falls zu \(K \subset X\) kompakt und \(U \supset K\) offen \(A_1, \dotsc , A_n \in \A \) existieren mit \(K \subset A_1 \cup \dotsb \cup A_n \subset U\).

Beispiel: Für Hausdorff-Räume \(Y\) und \(Z\) ist die Familie \(\A := \{A \times B \;|\; A \subset Y \text { kompakt},\;\)
\(B \subset Z \text { kompakt}\}\) ein Erzeugendensystem der Kompakta in \(Y \times Z\).

Lemma (kompakte Hausdorff-Räume): Sei \(X\) ein kompakter Hausdorff-Raum. Dann existieren zu jeder offenen Überdeckung \(X = U_1 \cup \dotsb \cup U_n\) kompakte Teilmengen \(K_1 \subset U_1\), …, \(K_n \subset U_n\) mit \(X = \inneres {K_1} \cup \dotsb \cup \inneres {K_n}\).

Satz (Erzeugendensystem der KO-Topologie): Seien \(X\) und \(Y\) topologische Räume mit \(X\) hausdorffsch, \(\A \) ein Erzeugendensystem der Kompakta in \(X\) und \(\B \) ein Erzeugendensystem der Topologie auf \(Y\). Dann wird die KO-Topologie auf \(\C (X, Y)\) erzeugt von \(\{[A, B] \;|\; A \in \A , B \in \B \}\).

Folgerung: Sei \(X\) ein lokal-kompakter Hausdorff-Raum. Erlauben die Topologien auf \(X\) und \(Y\) abzählbare Basen, dann auch die KO-Topologie auf \(\C (X, Y)\).

Trennung

Trennung durch offene Mengen

Trennungsaxiome:  Sei \(X\) ein topologischer Raum.
Die folgenden Eigenschaften heißen Trennungsaxiome:

  • T1: Zu je zwei Punkten \(a \not = b\) in \(X\) existieren
    offene Umgebungen \(U \in \U _a\), \(V \in \U _b\) mit \(b \notin U\), \(a \notin V\).

  • T2: Zu je zwei Punkten \(a \not = b\) in \(X\) existieren
    disjunkte offene Umgebungen \(U \in \U _a\), \(V \in \U _b\).

  • T3: Zu \(A \subset X\) abgeschlossen und \(b \in X \setminus A\) existieren
    disjunkte offene Umgebungen \(U \in \U _A\), \(V \in \U _b\).

  • T4: Zu \(A, B \subset X\) abgeschlossen und disjunkt existieren
    disjunkte offene Umgebungen \(U \in \U _A\), \(V \in \U _B\).

Beispiel: \(\real ^n\) erfüllt T1, T2, T3 und T4.
Allgemein erfüllt jeder metrische Raum T1, T2, T3 und T4 (Folgerung s. u.). Es gilt:

(1.1–1.0) \{begin}{align*} \begin{xy} \xymatrix @C=2cm{ *+++[o][F]\txt {T1} \ar @<-1ex> @{=>} [r]_{X \text { endlich}} & *+++[o][F]\txt {T2} \ar @<-1ex> @{=>}
[l] \ar @<-1ex> @{=>} [r]_{X \text { kompakt}} & *+++[o][F]\txt {T3} \ar @<-1ex> @{=>} [l]_{\text {T1}} \ar @<-1ex> @{=>} [r]_{X \text { kompakt}} &
*+++[o][F]\txt {T4} \ar @<-1ex> @{=>} [l]_{\text {T1}} } \end {xy} \{end}{align*}

hausdorffsch, regulär, normal:  Ein topologischer Raum \(X\) heißt hausdorffsch, falls T2 gilt, regulär, falls T1 und T3 gelten, und normal, falls T1 und T4 gelten.

Bemerkung: T1 ist erfüllt genau dann, wenn \(\{x\}\) für jeden Punkt \(x \in X\) abgeschlossen ist.

Trennung durch stetige Funktionen

Bemerkung: Gegeben seien zwei Teilmengen \(A, B \subset X\) eines topologischen Raums \(X\).
Unter welchen Umständen existiert eine stetige Funktion \(f\colon X \rightarrow \real \) mit \(f|_A = 1\) und \(f|_B = 0\)?
Es muss zunächst einmal \(A \cap B = \emptyset \) gelten (sonst wäre \(f\) nicht wohldefiniert).
Außerdem ist die Fragestellung nicht-trivial, da z. B. für \(A := \rational \), \(B := \real \setminus \rational \) in \(\real \) keine stetige Funktion \(f\colon \real \rightarrow \real \) mit \(f|_A = 1\) und \(f|_B = 0\) existiert.

Abstand zwischen Mengen:  Sei \((X, d)\) ein metrischer Raum. Für \(A \subset X\) und \(x \in X\) ist \(d(x, A) := \inf _{a \in A} d(x, a)\) der Abstand von \(x\) zu \(A\).

Lemma (Abstand zwischen Mengen stetig): Für \(A \not = \emptyset \) ist \(d_A\colon X \rightarrow \real \), \(d_A(x) := d(x, A)\) stetig.
Für \(A \subset X\) abgeschlossen gilt \(d_A(x) = 0\) genau dann, wenn \(x \in A\).

Bemerkung: Für \(A = \emptyset \) ist \(d_\emptyset (x) = +\infty \) für alle \(x \in X\). Auf die Abgeschlossenheit kann man nicht verzichten: z. B. \(A := \rational \) in \(X := \real \), es gilt aber \(d_\rational (x) = 0\) für alle \(x \in \real \).

Folgerung: Jeder metrische Raum \((X, d)\) erfüllt T1, T2, T3 und T4.

Bemerkung: Im Beweis der Folgerung sieht man: \(g\colon X \rightarrow [-1, +1]\) mit \(g(x) := \frac {d_A(x) - d_B(x)}{d_A(x) + d_B(x)}\) ist für \(A, B \subset X\) abgeschlossen mit \(A \cap B = \emptyset \) wohldefiniert und stetig.
Die Abbildung \(f := \frac {1}{2}(1 - g)\colon X \rightarrow [0, 1]\) ist stetig und es gilt \(f|_A = 1\), \(f|_B = 0\).

Satz (Urysohn): Sei \(X\) ein T4-Raum. Dann existiert zu \(A, B \subset X\) abgeschlossen und disjunkt eine stetige Funktion \(f\colon X \rightarrow [0, 1]\) mit \(f|_A = 1\) und \(f|_B = 0\).

Bemerkung: Gegeben sei \(f\colon A \rightarrow Y\) auf \(A \subset X\).
Unter welchen Umständen existiert eine stetige Funktion \(F\colon X \rightarrow Y\) mit \(F|_A = f\)?
Die Fragestellung ist nicht-trivial, da z. B. für \(A := \rational \) die Funktion \(f\colon \rational \rightarrow \real \), \(f(x) = 0\) für \(x^2 > 2\) und \(f(x) = 1\) für \(x^2 \le 2\) keine stetige Fortsetzung \(F\colon \real \rightarrow \real \) auf \(\real \) erlaubt.

Lemma (Näherungsfortsetzung): Seien \(A \subset X\) abgeschlossen und \(\varphi \colon A \rightarrow [-s, s]\) stetig. Dann existiert eine Näherungsfortsetzung \(\Phi \colon X \rightarrow \left [-\frac {s}{3}, \frac {s}{3}\right ]\) mit \(|\varphi (a) - \Phi (a)| \le \frac {2}{3}s\) für alle \(a \in A\).

Satz (Tietze): Seien \(X\) ein T4-Raum und \(A \subset X\) abgeschlossen. Zu jeder stetigen Funktion \(f\colon A \rightarrow [a, b]\) existiert eine stetige Fortsetzung \(F\colon X \rightarrow [a, b]\) mit \(F|_A = f\).

Folgerung: Seien \(X\) ein T4-Raum und \(A \subset X\) abgeschlossen. Zu jeder stetigen Funktion \(f\colon A \rightarrow \real \) existiert eine stetige Fortsetzung \(F\colon X \rightarrow \real \) mit \(F|_A = f\) (auch für \(\real ^n\)).

Bemerkung: Aus \(A, B \subset \real ^n\) mit \(A \cong B\) folgt im Allgemeinen nicht, dass \(\real ^n \setminus A \cong \real ^n \setminus B\). Für \(n = 1\) ist ein Beispiel \(A := \real \setminus \{0\}\) und \(B := \real \setminus [-1, 1]\). Allerdings gilt die obige Aussage auch für \(A, B\) abgeschlossen: Für \(n = 2\), \(A := \sphere ^1 \sqcup 2\sphere ^1\) und \(B := 2\sphere ^1 \sqcup (\sphere ^1 + 4)\) gilt \(A \cong B\), aber \(\real ^2 \setminus A \not \cong \real ^2 \setminus B\) (Beweis später). Durch Hinzufügung zusätzlicher Freiheitsgrade (Stabilisierung) können die Komplemente durch den zusätzlichen Platz homöomorph werden: Für \(A’ := A \times \{0\} \subset \real ^3\) und \(B’ := B \times \{0\} \subset \real ^3\) gilt \(A’ \cong B’\) und \(\real ^3 \setminus A’ \cong \real ^3 \setminus B’\). Es gibt sogar einen Homöomorphismus \(h\colon \real ^3 \homoe \real ^3\) mit \(h(A’) = B’\), daraus folgt dann \(\real ^3 \setminus A’ \xrightarrow [h|_{\real ^3 \setminus A’}]{\cong } \real ^3 \setminus B’\).

Satz (Komplemente nach Stabilisierung homöomorph): Seien \(A \subset \real ^m\) und \(B \subset \real ^n\) abgeschlossene homöomorphe Teilmengen sowie \(A’ := A \times \{0\} \subset \real ^m \times \real ^n\), \(B’ := \{0\} \times B \subset \real ^m \times \real ^n\).
Dann sind \(\real ^{m+n} \setminus A’\) und \(\real ^{m+n} \setminus B’\) homöomorph.

Parakompaktheit

Träger:  Zu \(f\colon X \rightarrow \real \) heißt \(\supp (f) := \abschluss {\{x \in X \;|\; f(x) \not = 0\}}\) der Träger von \(f\).
\(\C _C(X, \real )\) sei die Menge der stetigen Funktionen von \(X\) nach \(\real \) mit kompaktem Träger.

Bemerkung: Das Integral definiert eine lineare Abbildung \(\int _{\real ^n}\colon \C _C(\real ^n, R) \rightarrow \real \).
Man will nun auch stetige Funktionen \(f\colon \sphere ^n \rightarrow \real \) integrieren.
Zur Definition eines Integrals \(\int _{\sphere ^n}\colon \C (\sphere ^n, \real ) \rightarrow \real \) bedient man sich den Parametrisierungen \(\varphi _\pm \colon \real ^n \homoe U_\pm := \sphere ^n \setminus \{\pm e_1\}\) mit \(\varphi _\pm \) der Umkehrung der stereographischen Projektion (bzgl. Nord-/Südpol). Ist nun \(f\colon \sphere ^n \rightarrow \real \) mit \(\supp (f) \subset U_+\) gegeben, so kann man auf \(U_+\) integrieren, d. h. \(\int _{U_+}\colon \C _C(U_+, \real ) \rightarrow \real \), \(\int _{U_+} f := \int _{\real ^n} f(\varphi _+(x)) \vol _+(x) \dx \). Ebenso ist für \(\supp (f) \subset U_-\) das Integral \(\int _{U_-}\colon \C _C(U_-, \real ) \rightarrow \real \), \(\int _{U_-} f := \int _{\real ^n} f(\varphi _-(x)) \vol _-(x) \dx \) definiert. Die Funktionen \(\vol _\pm \) sorgen für den Ausgleich der von \(\varphi _\pm \) erzeugten Verzerrung.
Was ist aber zu tun, wenn für \(f\colon \sphere ^n \rightarrow \real \) weder \(\supp (f) \subset U_+\) noch \(\supp (f) \subset U_-\) gilt? Die Funktionen \(f \circ \varphi _\pm \colon \real ^n \rightarrow \real \) hat dann keinen kompakten Träger mehr, liegt also nicht in \(\C _C(\real ^n, \real )\) und lässt sich somit auch nicht direkt integrieren.
Hier wendet man die Methode der „Teilung der Eins“ an:
Es gibt stetige Funktionen \(\tau _\pm \colon \sphere ^n \rightarrow [0, 1]\) mit \(\supp (\tau _+) \subset U_+\) und \(\supp (\tau _-) \subset U_-\) sowie \(\tau _+(x) + \tau _-(x) = 1\) für alle \(x \in \sphere ^n\). Damit kann man jede stetige Funktion \(f\colon \sphere \rightarrow \real \) in die Summe \(f = f_+ + f_-\) mit \(f_+ := \tau _+ \cdot f\) und \(f_- := \tau _- \cdot f\) zerlegen. Diese Funktionen sind wiederum stetig und erfüllen \(\supp (f_\pm ) \subset U_\pm \), d. h. sie können wie oben integriert werden: \(\int _{\sphere ^n}\colon \C (\sphere ^n, \real ) \rightarrow \real \), \(\int _{\sphere ^n} f := \int _{U_+} (\tau _+ \cdot f) + \int _{U_-} (\tau _- \cdot f)\).
Anschließend kann man nachweisen, dass \(\int _{\sphere ^n}\) alle gewünschten Eigenschaften besitzt (Unabhängigkeit von der Zerlegung \(\tau _\pm \) und der Parametrisierung \(\varphi _\pm \), Monotonie, Linearität usw.).

lokal-endlich:  Eine Familie \((V_i)_{i \in I}\) von Teilmengen \(V_i \subset X\) heißt lokal-endlich, falls zu jedem Punkt \(x \in X\) eine offene Umgebung \(U\) existiert, sodass \(I_U := \{i \in I \;|\; V_i \cap U \not = \emptyset \}\) endlich ist.

Beispiel: Die offene Überdeckung \((\left ]k - 1, k + 1\right [)_{k \in \integer }\) von \(\real \) ist lokal-endlich.
Die offene Überdeckung \((\left ]-\infty , k\right [)_{k \in \integer }\) von \(\real \) ist nicht lokal-endlich.

Lemma (Abschluss lokal-endlicher Familien): Sei \((V_i)_{i \in I}\) lokal-endlich.
Dann ist \((\abschluss {V_i})_{i \in I}\) lokal-endlich sowie der Abschluss der Vereinigung \(V := \bigcup _{i \in I} V_i\) ist \(\abschluss {V} = \bigcup _{i \in I} \abschluss {V_i}\).

Bemerkung: Auf lokale Endlichkeit kann hier nicht verzichtet werden:
Zum Beispiel gilt für \(V = \rational \), dass \(\rational = \bigcup _{x \in \rational } \{x\}\), aber \(\real = \abschluss {\rational } \supsetneqq \bigcup _{x \in \rational } \abschluss {\{x\}} = \rational \).

Lemma (Summe einer Familie von Funktionen mit lokal-endlichem Träger):
Sei \((f_i)_{i \in I}\) eine Familie stetiger Funktionen \(f_i\colon X \rightarrow \real \) mit \((\supp (f_i))_{i \in I}\) lokal-endlich.
Dann ist \(f\colon X \rightarrow \real \), \(f(x) := \sum _{i \in I} f_i(x)\) wohldefiniert und stetig.

Teilung der Eins:  Eine Familie \((f_i)_{i \in I}\) stetiger Funktionen \(f_i\colon X \rightarrow [0, 1]\) heißt Zerlegung/Teilung der Eins, falls \((\supp (f_i))_{i \in I}\) lokal-endlich ist und \(\sum _{i \in I} f_i(x) = 1\) für alle \(x \in X\).
Eine Teilung der Eins \((f_i)_{i \in I}\) heißt einer offenen Überdeckung \((U_i)_{i \in I}\) von \(X\) untergeordnet, falls \(\supp (f_i) \subset U_i\) für alle \(i \in I\).

Verfeinerung:  Sei \((U_i)_{i \in I}\) eine (offene) Überdeckung von \(X\). Eine (offene) Verfeinerung von \((U_i)_{i \in I}\) ist eine (offene) Überdeckung \((V_j)_{j \in J}\) von \(X\), sodass jedes \(V_j\) in einem \(U_i\) enthalten ist, d. h. \(\exists _{\nu \colon J \rightarrow I} \forall _{j \in J}\; V_j \subset U_{\nu (j)}\).

parakompakt:  Ein topologischer Raum \(X\) heißt parakompakt, falls zu jeder offenen Überdeckung \((U_i)_{i \in I}\) eine lokal-endliche offene Verfeinerung \((V_j)_{j \in J}\) existiert.

Bemerkung: Man kann stets \(J = I\), \(V_i \subset U_i\) für alle \(i \in I\) annehmen (\(\nu = \id )\).
Aus Kompaktheit oder \(\sigma \)-Kompaktheit folgt Parakompaktheit.

Satz (Stone): Jede metrische Raum ist parakompakt.

Lemma (Trennungsaxiome mit parakompakt): Aus T2 folgen mit Parakompaktheit T3 und T4.

Lemma (Existenz einer Schrumpfung): Sei \(X\) ein parakompakter Hausdorff-Raum.
Dann existiert zu jeder offenen Überdeckung \((U_i)_{i \in I}\) eine offene Überdeckung \((V_i)_{i \in I}\) mit \(\abschluss {V_i} \subset U_i\) für alle \(i \in I\) (Schrumpfung).

Satz (Existenz einer Zerlegung der Eins): Ein Hausdorff-Raum ist parakompakt genau dann, wenn jede offene Überdeckung \((U_i)_{i \in I}\) eine untergeordnete Zerlegung der Eins erlaubt.

Zusammenhang

Zusammenhängende topologische Räume

Bemerkung: In jedem topologischen Raum \(X\) sind \(\emptyset \) und \(X\) sowohl offen als auch abgeschlossen. Allgemein sind für \(A \subset X\) und \(B := X \setminus A \subset X\) äquivalent:

  • \(A \subset X\) ist offen und abgeschlossen.

  • \(B \subset X\) ist offen und abgeschlossen.

  • \(X = A \sqcup B\) zerfällt in zwei disjunkte offene Mengen.

  • \(X = A \sqcup B\) zerfällt in zwei disjunkte abgeschlossene Mengen.

zusammenhängend:  Ein topologischer Raum \(X\) heißt zusammenhängend, falls für jede Zerlegung \(X = A \sqcup B\) in disjunkte offene Teilmengen \(A, B \subset X\) gilt, dass \(A = \emptyset \) oder \(B = \emptyset \).
\(X\) heißt unzusammenhängend, falls es eine Zerlegung \(X = A \sqcup B\) in disjunkte offene Teilmengen \(A, B \subset X\) gibt mit \(A, B \not = \emptyset \).

Beispiel: \(\rational \) ist nicht zusammenhängend, denn es gilt \(\rational = A \sqcup B\) mit \(A := \{x \in \rational \;|\; x^2 < 2\}\) und \(B := \{x \in \rational \;|\; x^2 > 2\}\) offen und disjunkt. \(\real \) ist zusammenhängend (nach folgendem Satz).

Intervall:  \(I \subset \real \) heißt Intervall, falls für \(a, b \in I\) und \(a < x < b\) auch \(x \in I\) gilt.

Satz (Intervalle sind zush.): Jedes Intervall \(I \subset \real \) ist zusammenhängend.

Satz (Umkehrung): Jede zusammenhängende Menge \(I \subset \real \) ist ein Intervall.

Satz (stetiges Bild eines zush. Raums ist zush.):
Ist \(f\colon X \rightarrow Y\) stetig und \(X\) zusammenhängend, dann ist auch \(f(X)\) zusammenhängend.

Satz (äquivalente Formulierungen): Für jeden topologischen Raum \(X\) sind äquivalent:

  • \(X\) ist zusammenhängend.

  • Jede stetige Abbildung \(f\colon X \rightarrow Y\) mit \(Y\) diskret ist konstant.

  • Jede stetige Abbildung \(f\colon X \rightarrow \{0, 1\}\) ist konstant.

  • Jede stetige Funktion \(f\colon X \rightarrow \real \) hat die Zwischenwerteigenschaft, d. h. für alle \(a, b \in X\), \(y \in \real \) mit \(f(a) \le y \le f(b)\) gibt es ein \(x \in X\) mit \(f(x) = y\).

Lemma (Vereinigung zush.): Sind für \(i \in I\) die Teilmengen \(A_i \in X\) zusammenhängend und paarweise nicht-disjunkt (d. h. \(A_i \cap A_j \not = \emptyset \) für alle \(i, j \in I\)), dann ist auch \(A := \bigcup _{i \in I} A_i\) zusammenhängend.

Lemma (größere Menge zush.):
Ist \(A \subset B \subset \abschluss {A}\) mit \(A\) zusammenhängend, dann ist auch \(B\) zusammenhängend.

Lemma (endliches Kreuzprodukt zush.):
Sind \(X_1, \dotsc , X_n\) zusammenhängend, dann ist auch \(X_1 \times \dotsb \times X_n\) zusammenhängend.

Satz (beliebiges Produkt zush. \(\;\Leftrightarrow \;\) alle Räume zush.):
Sei \((X_i)_{i \in I}\) eine Familie nicht-leerer topologischer Räume. Der Produktraum \(X := \prod _{i \in I} X_i\) ist zusammenhängend genau dann, wenn \(X_i\) für alle \(i \in I\) zusammenhängend ist.

Zusammenhangskomponente:  Sei \(X\) ein topologischer Raum.
Für \(x \in X\) ist die Zusammenhangskomponente \(\zhk (x)\) die Vereinigung aller zusammenhängenden Teilmengen \(A \subset X\) mit \(x \in A\).

Satz (Eigenschaften der ZHK):

  • \(\zhk (x)\) ist die größte zusammenhängende Menge, die \(x\) enthält.

  • \(\zhk (x)\) ist abgeschlossen in \(X\).

  • Die Familie \(\zhk (X) := \{\zhk (x) \;|\; x \in X\}\) ist eine Zerlegung von \(X\).

Beispiel: \(X\) ist zusammenhängend genau dann, wenn \(\zhk (x) = X\) für alle \(x \in X\) gilt.
Die Zusammenhangskomponenten von \(\real \setminus \{0\}\) sind \(\zhk (\real \setminus \{0\}) = \{\real _{<0}, \real _{>0}\}\).
In \(\rational \) gilt \(\zhk (x) = \{x\}\) für alle \(x \in \rational \) (solche Räume heißen total unzusammenhängend).

Satz (ZHKs von stetigen Abbildungen):

  • Ist \(f\colon X \rightarrow Y\) stetig, dann gilt \(f(\zhk (x)) \subset \zhk (f(x))\) für alle \(x \in X\).

  • Man erhält so die Abbildung \(\zhk (f)\colon \zhk (X) \rightarrow \zhk (Y)\), \(\zhk (x) \mapsto \zhk (f(x))\).

  • Es gilt \(\zhk (\id _X) = \id _{\zhk (X)}\) und \(\zhk (g \circ f) = \zhk (g) \circ \zhk (f)\) für \(f\colon X \rightarrow Y\), \(g\colon Y \rightarrow Z\) stetig.

  • Jeder Homöomorphismus \(f\colon X \homoe Y\) induziert eine Bijektion \(\zhk (f)\colon \zhk (X) \bij \zhk (Y)\).

Wegzusammenhang

Weg:  Sei \(X\) ein topologischer Raum. Eine stetige Abbildung \(\gamma \colon [0, 1] \rightarrow X\) heißt Weg in \(X\).
Dabei heißt \(a = \gamma (0)\) der Anfangspunkt und \(b = \gamma (1)\) der Endpunkt von \(\gamma \).
Man sagt, \(\gamma \) verbindet \(a\) und \(b\) in \(X\) oder \(\gamma \) ist ein Weg in \(X\) von \(a\) nach \(b\).
\(PX := \C ([0,1], X)\) ist die Menge aller Wege in \(X\).
\(PX(a, b) := \{\gamma \in PX \;|\; \gamma (0) = a,\; \gamma (1) = b\}\) ist die Menge aller Wege von \(a\) nach \(b\).
\(X\) kann durch \(X \hookrightarrow PX\), \(x \mapsto \const _{[0, 1]}^x \in PX(x, x)\) in \(PX\) eingebettet werden.
Läuft ein Weg \(\gamma \colon [0, 1] \rightarrow X\) von \(a\) nach \(b\), dann läuft der inverse Weg
\(\overline {\gamma }\colon [0, 1] \rightarrow X\), \(\overline {\gamma }(t) := \gamma (1 - t)\) von \(b\) nach \(a\). Dies definiert \(-\colon PX(a, b) \rightarrow PX(b, a)\).
Laufen \(\gamma _1\) von \(a\) nach \(b\) und \(\gamma _2\) von \(b\) nach \(c\), dann läuft \(\gamma _1 \ast \gamma _2\) von \(a\) nach \(c\), wobei
\(\gamma _1 \ast \gamma _2\colon [0, 1] \rightarrow X\), \((\gamma _1 \ast \gamma _2)(t) := \)\(\;\begin {cases} \gamma _1(2t) & 0 \le t \le 1/2 \\ \gamma _2(2t - 1) & 1/2 < t \le 1 \end {cases}\).
Dies definiert \(\ast \colon PX(a, b) \times PX(b, c) \rightarrow PX(a, c)\).

verbindbar, wegzusammenhängend: 
Zwei Punkte \(a, b \in X\) heißen verbindbar in \(X\), falls \(PX(a, b) \not = \emptyset \).
Der Raum \(X\) heißt wegzusammenhängend, falls je zwei Punkte in \(X\) verbindbar sind.

Beispiel: Jedes Intervall in \(\real \) in \(\real \) ist wegzusammenhängend.
\(\real \setminus \{0\}\) ist nicht wegzusammenhängend.

Satz (wegzush. \(\Rightarrow \) zush.): Jeder wegzusammenhängende Raum ist zusammenhängend.

Bemerkung: Die Umkehrung gilt nicht!
Ein Gegenbeispiel ist \(C := A \cup B\) mit \(A := \{(x, \sin (\frac {\pi }{x}) \;|\; x \in \left ]0, 1\right ]\}\) und \(B := \{0\} \times [-1, +1]\).
\(C\) ist zusammenhängend, aber nicht wegzusammenhängend (topologische Sinuskurve).

Beispiel: \(\real \setminus \{x\}\) ist nicht wegzusammenhängend, aber \(\real ^2 \setminus \{x\}\) ist wegzusammenhängend.
\(\real ^2 \setminus \integer ^2\) und \(\real ^2 \setminus \rational ^2\) sind wegzusammenhängend.
Allgemein: Für \(A \subset \real ^n\) abzählbar und \(n \ge 2\) ist \(\real ^n \setminus A\) wegzusammenhängend.

Satz (stetiges Bild eines wegzush. Raums ist wegzush.): Ist \(f\colon X \rightarrow Y\) stetig und \(X\) wegzusammenhängend, dann ist auch \(f(X)\) wegzusammenhängend.

Satz (beliebiges Produkt wegzush. \(\;\Leftrightarrow \;\) alle Räume wegzush.):
Sei \((X_i)_{i \in I}\) eine Familie nicht-leerer topologischer Räume. Der Produktraum \(X := \prod _{i \in I} X_i\) ist wegzusammenhängend genau dann, wenn \(X_i\) für alle \(i \in I\) wegzusammenhängend ist.

Satz (Verbindbarkeit als Äquivalenzrelation): Verbindbarkeit ist eine Äquivalenzrelation.

Lemma (Vereinigung zush.): Sind für \(i \in I\) die Teilmengen \(A_i \in X\) wegzusammenhängend und paarweise nicht-disjunkt (d. h. \(A_i \cap A_j \not = \emptyset \) für alle \(i, j \in I\)), dann ist auch \(A := \bigcup _{i \in I} A_i\) wegzusammenhängend.

Wegkomponente: 
Für \(a \in X\) sei \([a] := \{b \in X \;|\; a \text { ist mit } b \text { in } X \text { verbindbar}\}\).
\([a]\) heißt Wegkomponente (oder Wegzusammenhangskomponente) von \(a\) in \(X\).
\(\pi _0(X) := \{[a] \;|\; a \in X\}\) ist die Menge alle Wegkomponenten in \(X\).

Beispiel: \(X\) ist wegzusammenhängend genau dann, wenn \(\pi _0(X) = \{X\}\).
Es gilt \(\pi _0(\real \setminus \{0\}) = \{\real _{<0}, \real _{>0}\}\).
Wenn \(X\) diskret ist, dann gilt \(\pi _0(X) = \{\{x\} \;|\; x \in X\}\).
Die Umkehrung gilt nicht, bspw. ist \(\pi _0(\rational ) = \{\{x\} \;|\; x \in \rational \}\), aber \(\rational \) ist nicht diskret.
Für die topologische Sinuskurve \(C = A \cup B\) gilt \(\pi _0(C) = \{A, B\}\).

Satz (Wegkomponenten von stetigen Abbildungen):

  • Ist \(f\colon X \rightarrow Y\) stetig, dann gilt \(f([x]) \subset [f(x)]\) für alle \(x \in X\).

  • Man erhält so die Abbildung \(\pi _0(f)\colon \pi _0(X) \rightarrow \pi _0(Y)\), \([x] \mapsto [f(x)]\).

  • Es gilt \(\pi _0(\id _X) = \id _{\pi _0(X)}\) und \(\pi _0(g \circ f) = \pi _0(g) \circ \pi _0(f)\) für \(f\colon X \rightarrow Y\), \(g\colon Y \rightarrow Z\) stetig.

  • Jeder Homöomorphismus \(f\colon X \homoe Y\) induziert eine Bijektion \(\pi _0(f)\colon \pi _0(X) \bij \pi _0(Y)\).

Lokaler (Weg-)Zusammenhang

lokal (weg)zusammenhängend:  Ein Raum \(X\) heißt lokal (weg)zusammenhängend in
\(x \in X\)
, falls jede Umgebung von \(x\) eine (weg)zusammenhängende Umgebung von \(x\) enthält.
\(X\) heißt lokal (weg)zusammenhängend, falls \(X\) für alle \(x \in X\) (weg)zusammenhängend in \(x\) ist.

Beispiel: Jede offene Menge \(X \subset \real ^n\) ist lokal (weg)zusammenhängend.
\([0, 1] \cup [2, 3] \subset \real \) ist lokal (weg)zusammenhängend, aber nicht (weg)zusammenhängend.
Die topologische Sinuskurve \(C\) ist zusammenhängend, aber nicht lokal zusammenhängend.
Der topologische Kamm \(X := ([0, 1] \times \{0\}) \cup ((\rational \cap [0, 1]) \times [0, 1]) \subset \real ^2\) ist wegzusammenhängend, aber nicht lokal wegzusammenhängend.

Kategorien

Kategorie:  Eine Kategorie \(\cat {C} = (\Ob , \Mor , \circ )\) ist ein Tripel bestehend aus

  • einer Klasse \(\Ob = \Ob (\cat {C})\) von Objekten,

  • zu je zwei Objekten \(A, B \in \Ob \) einer Menge \(\Mor (A, B)\) von Morphismen sowie

  • zu je drei Objekten \(A, B, C \in \Ob \) einer Verknüpfung
    \(\circ \colon \Mor (B, C) \times \Mor (A, B) \rightarrow \Mor (A, C)\), \((g, f) \mapsto g \circ f\), sodass

    • \(h \circ (g \circ f) = (h \circ g) \circ f\) für alle \(A, B, C, D \in \Ob \) mit \(f \in \Mor (A, B)\), \(g \in \Mor (B, C)\) und \(h \in \Mor (C, D)\) (Assoziativität) und

    • zu jedem \(B \in \Ob \) ein Morphismus \(\id _B \in \Mor (B, B)\) existiert, sodass \(\id _B \circ f = f\) und \(g \circ \id _B = g\) für alle \(A, C \in \Ob \) mit \(f \in \Mor (A, B)\), \(g \in \Mor (B, C)\).

Bemerkung: Für jedes Objekt \(B \in \Ob \) ist \(\id _B\) eindeutig bestimmt: Erfüllen \(\id _B\) und \(\id _B’\) die Bedingung b), so gilt \(\id _B = \id _B \circ \id _B’ = \id _B’\). \(\id _B\) heißt auch Identität von \(B\).

Beispiel: Beispiele für Kategorien sind \(\cat {Top} := (\text {top. Räume}, \text {stetige Abb.}, \text {übl. Verkn.})\),
\(\cat {Set} := (\text {Mengen}, \text {Abbildungen}, \text {übl. Verkn.})\),
\(K\text {-}\cat {Vec} := (K\text {-Vektorräume}, K\text {-lineare Abb.}, \text {übl. Verkn.})\),
\((\natural , m \times n\text {-Matrizen}, \text {Matrixmult.})\) und \((X, \le , \text {Transitivität})\)
(dabei ist \((X, \le )\) eine geordnete Menge).

kommutatives Diagramm: 
Einen Morphismus \(f \in \Mor (A, B)\) schreibt man kurz als Pfeil \(f\colon A \rightarrow B\) oder \(A \xrightarrow {f} B\).
Die Komposition von \(A \xrightarrow {f} B\) und \(B \xrightarrow {g} C\) schreibt man dann als kommutatives Diagramm:

(1.1–1.0) \{begin}{align*} \begin{xy} \xymatrix { & B \ar [rd]^g \\ A \ar [ru]^f \ar [rr]_{g \circ f} & & C } \end {xy} \{end}{align*}

Ein Diagramm in der Kategorie \(\cat {C}\) ist ein Graph, dessen Ecken mit Objekten aus \(\cat {C}\) und dessen Kanten mit passenden Morphismen aus \(\cat {C}\) beschriftet sind. Ein Diagramm heißt kommutativ, falls zwischen je zwei Ecken des Diagramms die Komposition entlang aller Pfade denselben Morphismus in \(\cat {C}\) ergibt.

Beispiel: Assoziativität (\(h \circ (g \circ f) = (h \circ g) \circ f\)) und Identität (\(\id _B \circ f = f\), \(g \circ \id _B = g\)) lassen sich durch folgende kommutative Diagarmme ausdrücken:

(1.1–1.0) \{begin}{align*} \begin{xy} \xymatrix { A \ar [r]^f \ar [rd]_{g \circ f} & B \ar [d]_g \ar [rd]^{h \circ g} \\ & C \ar [r]_h & D } \end {xy} \qquad \begin{xy}
\xymatrix { A \ar [r]^f \ar [rd]_f & B \ar [d]_{\id _B} \ar [rd]^g \\ & B \ar [r]_g & C } \end {xy} \{end}{align*}

Isomorphismus:  Seien \(f\colon X \rightarrow Y\) und \(g\colon Y \rightarrow X\) Morphismen in \(\cat {C}\).

  • Gelten \(g \circ f = \id _X\) und \(f \circ g = \id _Y\) so heißen \(g\) und \(f\) zueinander invers.

  • \(f\) heißt invertierbar oder Isomorphismus in \(\cat {C}\), falls es einen zu \(f\) inversen Morphismus gibt. (In diesem Fall ist dieser eindeutig bestimmt und heißt \(f^{-1}\).)

  • Zwei Objekte \(A\) und \(B\) in \(\cat {C}\) heißen isomorph (man schreibt \(A \underset {\cat {C}}{\cong } B\) oder \(A \cong B\)),
    falls es einen Isomorphismus \(f\colon A \rightarrow B\) gibt.

Funktoren

kovarianter Funktor:  Seien \(\cat {C}\) und \(\cat {D}\) Kategorien. Ein kovarianter Funktor \(F\colon \cat {C} \rightarrow \cat {D}\) ordnet jedem Objekt \(X\) in \(\cat {C}\) ein Objekt \(F(X)\) in \(\cat {D}\) und jedem Morphismus \(f\colon X \rightarrow Y\) in \(\cat {C}\) einen Morphismus \(F(f)\colon F(X) \rightarrow F(Y)\) in \(\cat {D}\) zu, sodass \(F(\id _X) = \id _{F(X)}\) für alle Objekte \(X\) in \(\cat {C}\) und \(F(g \circ f) = F(g) \circ F(f)\) für alle Morphismen \(f\colon X \rightarrow Y\) und \(g\colon Y \rightarrow Z\) in \(\cat {C}\).

Bemerkung: Ein kovarianter Funktor \(F\colon \cat {C} \rightarrow \cat {D}\) überführt die Identität \(\id _X\) in die Identität \(\id _{F(X)}\) und kommutative Diagramme in \(\cat {C}\) in kommutative Diagramme in \(\cat {D}\):

(1.1–1.0) \{begin}{align*} \begin{xy} \xymatrix { & B \ar [rd]^g & \ar @{=>} @/^ 2mm/ [r]^F & & F(B) \ar [rd]^{F(g)} \\ A \ar [ru]^f \ar [rr]_h & & C &
F(A) \ar [ru]^{F(f)} \ar [rr]_{F(h)} & & F(C) } \end {xy} \{end}{align*}

Beispiel:
\(\zhk \colon \cat {Top} \rightarrow \cat {Set}\), \(X \mapsto \zhk (X)\), \((f\colon X \rightarrow Y) \mapsto (f_\ast \colon \zhk (X) \rightarrow \zhk (Y), f_\ast (\zhk (x)) = \zhk (f(x)))\)
\(\pi _0\colon \cat {Top} \rightarrow \cat {Set}\), \(X \mapsto \pi _0(X)\), \((f\colon X \rightarrow Y) \mapsto (f_\ast \colon \pi _0(X) \rightarrow \pi _0(Y), f_\ast ([x]) = [f(x)])\)
\(P_\ast \colon \cat {Set} \rightarrow \cat {Set}\), \(X \mapsto P(X)\), \((f\colon X \rightarrow Y) \mapsto (f_\ast \colon P(X) \rightarrow P(Y), f_\ast (A) = \{f(a) \;|\; a \in A\})\)

kontravarianter Funktor:  Seien \(\cat {C}\) und \(\cat {D}\) Kategorien. Ein kontravarianter Funktor \(G\colon \cat {C} \rightarrow \cat {D}\) ordnet jedem Objekt \(X\) in \(\cat {C}\) ein Objekt \(G(X)\) in \(\cat {D}\) und jedem Morphismus \(f\colon X \rightarrow Y\) in \(\cat {C}\) einen Morphismus \(G(f)\colon G(Y) \rightarrow G(X)\) in \(\cat {D}\) zu, sodass \(G(\id _X) = \id _{G(X)}\) für alle Objekte \(X\) in \(\cat {C}\) und \(G(g \circ f) = G(f) \circ G(g)\) für alle Morphismen \(f\colon X \rightarrow Y\) und \(g\colon Y \rightarrow Z\) in \(\cat {C}\).

Bemerkung: Ein kontravarianter Funktor \(G\colon \cat {C} \rightarrow \cat {D}\) überführt die Identität \(\id _X\) in die Identität \(\id _{F(X)}\) und kommutative Diagramme in \(\cat {C}\) in kommutative Diagramme in \(\cat {D}\):

(1.1–1.0) \{begin}{align*} \begin{xy} \xymatrix { & B \ar [rd]^g & \ar @{=>} @/^ 2mm/ [r]^G & & G(B) \ar [ld]_{G(f)} \\ A \ar [ru]^f \ar [rr]_h & & C &
G(A) & & G(C) \ar [lu]_{G(g)} \ar [ll]^{G(h)} } \end {xy} \{end}{align*}

Beispiel: \(P^\ast \colon \cat {Set} \rightarrow \cat {Set}\), \(X \mapsto P(X)\),
\((f\colon X \rightarrow Y) \mapsto (f^\ast \colon P(Y) \rightarrow P(X), f^\ast (B) = \{x \in X \;|\; f(x) \in B\})\)
\(\Hom _K(X, -)\colon K\text {-}\cat {Vec} \rightarrow K\text {-}\cat {Vec}\), \(V \mapsto \Hom _K(X, V)\),
\((f\colon V \rightarrow W) \mapsto (f_\ast \colon \Hom _K(X, V) \rightarrow \Hom _K(X, W), f_\ast (g) = f \circ g)\)
\(\Hom _K(-, X)\colon K\text {-}\cat {Vec} \rightarrow K\text {-}\cat {Vec}\), \(V \mapsto \Hom _K(V, X)\),
\((f\colon V \rightarrow W) \mapsto (f^\ast \colon \Hom _K(V, X) \rightarrow \Hom _K(W, X), f^\ast (g) = g \circ f)\)
Für \(X = K\) erhält man den Dualraum \(V^\ast = \Hom _K(V, K)\) und das übliche „Sternen“ von Abbildungen. Analog geht das für beliebige Kategorien.

Bemerkung: Wozu nützen Kategorien?
Will man zum Beispiel feststellen, ob \(X \cong Y\) als topologische Räume mit \(X := [0, 1]\) und \(Y := [0, 1] \cup [2, 3]\), so benutzt man die Annahme, dass \(X \cong Y\) mit zueinander inversen Homöomorphismen \(f\colon X \rightarrow Y\) und \(g\colon Y \rightarrow X\), d. h. \(X\) und \(Y\) sind in \(\cat {Top}\) isomorph. Dann müssen nach Anwendung des kovariaten Funktors \(\pi _0\) auch \(\pi _0(X)\) und \(\pi _0(Y)\) isomorph in \(\cat {Set}\) sein, wobei die zueinander inversen Isomorphismen \(f_\ast \) und \(g_\ast \) sind. Dies kann allerdings nicht gelten, da \(\pi _0(X)\) ein- und \(\pi _0(Y)\) zweielementig ist. Daher gilt \(X \not \cong Y\).