Der Satz von Hahn-Banach, Projektions- und Trennungssatz

Bemerkung: Sämtliche Aussagen in diesem Abschnitt basieren auf dem Satz von Hahn-Banach, für dessen Beweis man das Auswahlaxiom benötigt.

Satz (Satz von Hahn-Banach): Sei \(X\) ein \(\real \)-Vektorraum und \(Y \subset X\) ein Unterraum.
Außerdem seien

  • \(p\colon X \rightarrow \real \) sublinear, d. h. \(\forall _{x, y \in X}\; p(x + y) \le p(x) + p(y)\) und \(\forall _{x \in X} \forall _{\alpha \ge 0}\; p(\alpha x) = \alpha p(x)\),

  • \(f\colon Y \rightarrow \real \) linear und

  • \(f \le p\) auf \(Y\).

Dann gibt es eine lineare Abbildung \(F\colon X \rightarrow \real \) mit \(F|_Y = f\) und \(F \le p\) auf \(X\).

Satz (Satz von Hahn-Banach für lineare Funktionale):
Seien \(X\) ein normierter Raum und \(Y \subset X\) ein Unterraum (mit der Norm von \(X\)). Dann gilt
\(\forall _{y’ \in Y’} \exists _{x’ \in X’}\; [x’|_Y = y’,\; \norm {x’}_{X’} = \norm {y’}_{Y’}]\).

Satz (Projektionssatz für norm. Räume):
Seien \(X\) ein normierter Raum, \(Y \subset X\) ein abgeschlossener Unterraum und \(x_0 \in X \setminus Y\).
Dann gilt \(\exists _{x’ \in X’}\; [x’|_Y = 0,\; \norm {x’}_{X’} = 1,\; x’(x_0) = \dist (x_0, Y)]\).

Bemerkung: \(x’\) ist also eine Art lineare Näherung der Abstandsabbildung \(\dist (\cdot , Y)\).
Der Satz kann als Verallgemeinerung des Projektionssatzes für Hilberträume aufgefasst werden: Ist \(X\) sogar ein Hilbertraum, dann erfüllt \(x’ \in X’\) mit \(x’(x) := \innerproduct {x, \frac {(\id - P)x_0}{\norm {(\id - P)x_0}}}\) mit \(P\) der orthogonalen Projektion auf \(Y\) die Eigenschaften des obigen Satzes. Es gilt \((\id - P)x_0 \in Y^\orth \), weil \(\id - P\) die orthogonale Projektion auf \(Y^\orth \) ist (daraus folgt \(x’|_Y = 0\)). Außerdem gilt mit \(x’(Px_0) = 0\) (wegen \(Px_0 \in Y\)), dass \(x’(x_0) = x’((\id - P)x_0) = \norm {(\id - P)x_0} = \dist (x_0, Y)\), insbesondere gilt also \(\norm {x’}_{X’} \ge 1\). \(x’ \in X’\) gilt wegen \(|x’(x)| \le \norm {x}_X\), also \(\norm {x’}_{X’} \le 1\).

Folgerung: Seien \(X\) ein normierter Raum und \(x_0 \in X\). Dann gilt:

  • Ist \(x_0 \not = 0\), so gibt es ein \(x_0’ \in X’\) mit \(\norm {x_0’}_{X’} = 1\) und \(x_0’(x_0) = \norm {x_0}_X\).

  • Wenn \(\forall _{x’ \in X’}\; x’(x_0) = 0\) gilt, dann ist \(x_0 = 0\).

  • Sei \(J_{x_0}\colon X’ \rightarrow \KK \), \(J_{x_0} x’ := x’(x_0)\). Dann ist \(J_{x_0} \in X’’\) mit \(\norm {J_{x_0}}_{X’’} = \norm {x_0}_X\).

Bemerkung: \(X’’\) heißt Bidualraum von \(X\).

Satz (Trennungssatz): Seien \(X\) ein normierter Raum, \(M \subset X\) eine nicht-leere, abgeschlossene und konvexe Teilmenge und \(x_0 \in X \setminus M\).
Dann gilt \(\exists _{x’ \in X’} \exists _{\alpha \in \real } \forall _{x \in M}\; \Re (x’(x)) \le \alpha ,\; \Re (x’(x_0)) > \alpha \).
Insbesondere ist \(x’ \not = 0\) und \(\{x \in X \;|\; \Re (x’(x)) = \alpha \}\) ist eine Hyperebene in \(X\).

Bemerkung: Man kann sich den Satz so vorstellen, dass die Hyperebene \(\Re (x’(x)) = \alpha \) den Raum \(X\) in \(\Re (x’(x)) \le \alpha \) und \(\Re (x’(x)) > \alpha \) aufteilt, wobei diese beiden Mengen \(M\) bzw. \(x_0\) enthalten. Für nicht-konvexe Mengen gilt die Aussage i. A. nicht.

Bairescher Kategoriensatz und der Satz von Banach-Steinhaus

Bemerkung: Der folgende Bairesche Kategoriensatz gilt nur in vollständigen metrischen Räumen. Ein Gegenbeispiel für nicht-vollständige metrische Räume ist \(\rational = \bigcup _{q \in \rational } \{q\}\).

Satz (Bairescher Kategoriensatz): Seien \(X\) ein nicht-leerer, vollständiger metrischer Raum und \(A_k \subset X\) abgeschlossen mit \(X = \bigcup _{k \in \natural } A_k\).
Dann gibt es ein \(k_0 \in \natural \) mit \(\interior {A_{k_0}} \not = \emptyset \).

Satz (Prinzip der gleichmäßigen Beschränktheit): Seien \(X\) ein nicht-leerer, vollständiger metrischer Raum, \(Y\) ein normierter Raum und \(\F \subset \C ^0(X, Y)\) mit \(\forall _{x \in X} \sup _{f \in \F } \norm {f(x)}_Y < \infty \).
Dann gilt \(\exists _{x_0 \in X} \exists _{\varepsilon _0 > 0}\; \sup _{x \in \overline {B_{\varepsilon _0}(x_0)}} \sup _{f \in \F } \norm {f(x)}_Y < \infty \).

Satz (Satz von Banach-Steinhaus):
Seien \(X\) ein Banachraum, \(Y\) ein normierter Raum und \(\T \subset \Lin (X, Y)\) mit
\(\forall _{x \in X}\; \sup _{T \in \T } \norm {Tx}_Y < \infty \).
Dann ist \(\T \) beschränkt, d. h. \(\sup _{T \in \T } \norm {T}_{\Lin (X, Y)} < \infty \).

Satz (Satz von Banach-Steinhaus für lineare, stetige Funktionale):
Seien \(X\) ein Banachraum, \(Y\) ein normierter Raum und \(\T \subset \Lin (X, Y)\) mit
\(\forall _{x \in X} \forall _{y’ \in Y’}\; \sup _{T \in \T } |y’(Tx)| < \infty \).
Dann ist \(\T \) beschränkt, d. h. \(\sup _{T \in \T } \norm {T}_{\Lin (X, Y)} < \infty \).

offene Abbildung:  Seien \(X, Y\) metrische Räume.
Dann heißt eine Abbildung \(f\colon X \rightarrow Y\) offen, falls \(\forall _{U \subset X \text { offen}}\; f(U) \subset Y \text { offen}\).

Bemerkung: Ist \(f\) bijektiv, dann ist \(f\) offen genau dann, wenn \(f^{-1}\) stetig ist.

Bemerkung: Sind \(X, Y\) normierte Räume und \(T\colon X \rightarrow Y\) linear, dann ist \(T\) offen genau dann, wenn \(\exists _{\delta > 0}\; B_\delta (0) \subset TB_1(0)\) (d. h. \(0 \in \interior {TB_1(0)}\)).
Wenn \(T\) nämlich offen ist, dann ist \(TB_1(0)\) offen in \(Y\) (als Bild einer offenen Menge in \(X\)) und weil \(0 \in TB_1(0)\), gibt es eine \(\delta \)-Kugel um \(0\) in \(TB_1(0)\).
Sei umgekehrt \(B_\delta (0) \subset TB_1(0)\) für ein \(\delta > 0\). Ist \(U \subset X\) offen und \(Tx \in TU\), dann gibt es ein \(\varepsilon > 0\) mit \(B_\varepsilon (x) \subset U\). Sei \(y \in B_{\varepsilon \delta }(Tx)\), also \(\norm {y - Tx}_Y < \varepsilon \delta \), dann gilt \(\frac {1}{\varepsilon } (y - Tx) \in B_\delta (0)\), d. h. \(\frac {1}{\varepsilon } (y - Tx) \in TB_1(0)\). Daher gibt es ein \(z \in B_1(0)\) mit \(\frac {1}{\varepsilon } (y - Tx) = Tz\), also \(y = T(\varepsilon z + x)\). Es gilt \(\varepsilon z + x \in B_\varepsilon (x) \subset U\), d. h. \(y \in TU\) und \(B_{\varepsilon \delta }(Tx) \subset TU\). Damit ist \(TU\) offen.

Satz (Satz von der offenen Abbildung): Seien \(X, Y\) Banachräume und \(T \in \Lin (X, Y)\).
Dann ist \(T\) surjektiv genau dann, wenn \(T\) offen ist.

Satz (Satz von der inversen Abbildung):
Seien \(X, Y\) Banachräume und \(T \in \Lin (X, Y)\) bijektiv. Dann ist \(T^{-1} \in \Lin (Y, X)\).

Graph:  Seien \(X, Y\) Banachräume und \(T\colon X \rightarrow Y\) eine Abbildung.
Dann heißt \(\graph (T) := \{(x, Tx) \;|\; x \in X\} \subset X \times Y\) der Graph von \(T\).

Satz (Satz vom abgeschlossenen Graphen): Seien \(X, Y\) Banachräume und \(T\colon X \rightarrow Y\) linear.
Dann ist \(\graph (T) \subset X \times Y\) abgeschlossen genau dann, wenn \(T \in \Lin (X, Y)\).

Bemerkung: \(X \times Y\) wird dabei mit der Norm \(\norm {(x, y)}_{X \times Y} := \norm {x}_X + \norm {y}_Y\) für \((x, y) \in X \times Y\) versehen. Äquivalent dazu ist die Norm \(\norm {(x, y)}_{X \times Y}’ := \max (\norm {x}_X, \norm {y}_Y)\) (oder allgemeiner \(\norm {(x, y)}_{X \times Y}’’ := (\norm {x}_X^p + \norm {y}_Y^p)^{1/p}\) für \(p \in [1, \infty ]\)).

Projektionen in Banachräumen

Projektion:  Seien \(X\) ein \(\KK \)-Vektorraum, \(Y \subset X\) ein Unterraum und \(P\colon X \rightarrow X\) linear.
Dann heißt \(P\) Projektion auf \(Y\), falls \(P^2 = P\) und \(\Bild (P) = Y\).

Lemma (Eigenschaften von Projektionen):

  • \(P\) ist eine Projektion auf \(Y\) genau dann, wenn \(P\colon X \rightarrow Y\) und \(P|_Y = \id \).

  • Wenn \(P\) eine Projektion ist, dann ist \(X = \Kern (P) \oplus \Bild (P)\).

  • Wenn \(P\) eine Projektion ist, dann ist \(\id - P\) auch eine Projektion mit
    \(\Kern (\id - P) = \Bild (P)\) und \(\Bild (\id - P) = \Kern (P)\).

  • Zu jedem Unterraum \(Y \subset X\) existiert eine Projektion auf \(Y\).

Bemerkung: Für den Beweis der vierten Eigenschaft benötigt man das Auswahlaxiom.

Menge der stetigen Projektionen:  Sei \(X\) ein normierter Raum.
Dann heißt \(\P (X) := \{P \in \Lin (X) \;|\; P^2 = P\}\) die Menge der stetigen Projektionen.

Lemma (Eigenschaften von stetigen Projektionen): Sei \(P \in \P (X)\). Dann gilt:

  • \(\Kern (P)\) und \(\Bild (P)\) sind abgeschlossen in \(X\).

  • \(\norm {P} \ge 1\) oder \(P = 0\)

Satz (Satz vom abgeschlossenen Komplement): Seien \(X\) ein Banachraum, \(Y \subset X\) ein abgeschlossener Unterraum und \(Z \subset X\) ein Unterraum mit \(Y \oplus Z = X\). Dann sind äquivalent:

  • Es gibt eine stetige Projektion \(P\) auf \(Y\) mit \(Z = \Kern (P)\).

  • \(Z\) ist abgeschlossen.

Bemerkung: Ist \(H\) ein Hilbertraum und \(Y \subset H\) ein abgeschlossener Unterraum, dann ist nach dem Projektionssatz die orthogonale Projektion \(P\) auf \(Y\) eine stetige Projektion auf \(Y\) im Sinne der obigen Definition und \(H = Y \oplus Y^\orth \) mit \(Y^\orth \) abgeschlossen. Wegen der Besselschen Ungleichung ist \(\norm {P} \le 1\), d. h. \(\norm {P} = 1\) oder \(P = 0\).

Satz (Projektionen auf endl.-dim. Unterräume):
Seien \(X\) ein normierter Raum, \(E \subset X\) ein endlich-dimensionaler Unterraum mit Basis
\(\{e_1, \dotsc , e_n\}\) und \(Y \subset X\) ein abgeschlossener Unterraum mit \(Y \cap E = \{0\}\). Dann gilt:

  • \(\exists _{e_1’, \dotsc , e_n’ \in X’} \forall _{i,j=1,\dotsc ,n}\; e_j’|_Y = 0,\; e_j’(e_i) = \delta _{ij}\)

  • Es gibt eine stetige Projektion \(P\) auf \(E\) mit \(Y \subset \Kern (P)\).