Beobachtbarkeit und Dualität

Rekonstruktion des Zustands: Bei linearen System \(\dot {x} = Ax + Bu\) kann in der Praxis eigentlich nie davon ausgegangen werden, dass alle Komponenten des Zustands messbar sind und zur Verfügung stehen. Daher kennt man normalerweise nur den Ausgang \(y = Cx + Du\) als dem Regler verfügbare Information. Ist es möglich, nur aus dem Wissen von \(u\) und \(y\) den Zustand \(x\) zu rekonstruieren? Kann mit dem rekonstruierten Zustand ein Regler implementiert werden?

beobachtbar: Das lineare System \(\dot {x} = Ax + Bu\), \(y = Cx + Du\) heißt beobachtbar (observable), falls es für jedes \(T > 0\) möglich ist, \(x(t)\) für \(t \in [0, T]\) aus \(u(t)\) und \(y(t)\) für \(t \in [0, T]\) zu rekonstruieren.

\(y\) hat normalerweise viel weniger Komponenten als \(x\). Daher ist die Rekonstruktion direkt aus \(y\) unmöglich. Allerdings kann man \(y\) ableiten, um \(y(t), \dot {y}(t), \dotsc , y^{(n-1)}(t)\) zu erhalten (zumindest in der Theorie, in der Praxis ist das kaum möglich). Es gilt \(Y(t) = W x(t) + \D U(t)\) mit
\(Y(t) := \smallpmatrix {y(t) \\ \dot {y}(t) \\ \vdots \\ y^{(n-1)}(t)}\), \(W := \smallpmatrix {C \\ CA \\ \vdots \\ CA^{n-1}}\), \(\D := \smallpmatrix {D & & & 0 \\ CB & D & & \\ \vdots & \ddots & \ddots & \\ C A^{n-2} B & \cdots & CB & D}\) und \(U(t) := \smallpmatrix {u(t) \\ \dot {u}(t) \\ \vdots \\ u^{(n-1)}(t)}\).

Beobachtbarkeitsmatrix: \(W\) heißt Beobachtbarkeitsmatrix (observability matrix) des Systems \(\dot {x} = Ax + Bu\), \(y = Cx + Du\) oder des Paars \((A, C)\).

Wenn \(W\) vollen Spaltenrang hat, dann gibt es eine Matrix \(W^+\) mit \(W^+ W = I\), d. h.
\(W^+ Y(t) = x(t) + W^+ \D U(t) \iff x(t) = W^+ Y(t) - W^+ \D U(t)\), also kann man \(x(t)\) aus \(Y(t)\) und \(U(t)\) rekonstruieren. Es gilt aber auch die Umkehrung.

Satz (Kalman-Test zur Beobachtbarkeit): Das lineare System \(\dot {x} = Ax + Bu\), \(y = Cx + Du\) ist beobachtbar genau dann, wenn die Beobachtbarkeitsmatrix \(W\) vollen Spaltenrang hat.

\(W^T = \smallpmatrix {C^T & A^T C^T & \cdots & (A^T)^{n-1} C^T}\) ist die Kalman-Matrix von \((A^T, C^T)\). Daher gilt \((A, C)\) beobachtbar \(\iff \) \(W\) hat vollen Spaltenrang \(\iff \) \(W^T\) hat vollen Zeilenrang \(\iff \) \((A^T, C^T)\) ist regelbar. Man kann also alle Sätze und Eigenschaften über die Regelbarkeit von \((A^T, C^T)\) auf die Beobachtbarkeit von \((A, C)\) übertragen.

Dualitätsprinzip: Das Dualitätsprinzip (duality principle) der linearen Kontrolltheorie ist die Übersetzung von Fragen der Beobachtbarkeit von \((A, B, C, D)\) in Fragen der Regelbarkeit von \((A^T, C^T, B^T, D^T)\) (oder umgekehrt).

Satz (Hautus-Test zur Beobachtbarkeit): \((A, C)\) ist beobachtbar genau dann, wenn für jeden Eigenvektor \(e\) von \(A\) gilt, dass \(Ce \not = 0\). Äquivalent dazu ist, dass die Matrix \(\smallpmatrix {A - \lambda I \\ C}\) vollen Spaltenrang für alle \(\lambda \in \complex \) besitzt.

Unbeobachtbarer Unterraum und Eigenwert

Wenn \(W\) nicht vollen Spaltenrang hat, dann ist \(N(W) \not = \{0\}\). Nicht-verschwindende Trajektorien in diesem Raum werden von \(W\) „verschluckt“ und können daher im Ausgang nicht beobachtet werden.

unbeobachtbarer Unterraum:
\(N(W)\) heißt unbeobachtbarer Unterraum (unobservable subspace) von \((A, C)\).

unbeobachtbarer Eigenwert: Ein unbeobachtbarer Eigenwert (unobservable mode) von \((A, C)\) ist \(\lambda \in \complex \), sodass \(\smallpmatrix {A - \lambda I \\ C}\) nicht vollen Spaltenrang hat.

Satz (geometrische Charakterisierung von \(N(W)\)): Der unbeobachtbare Unterraum von \((A, C)\) ist der größte \(A\)-invariante Unterraum, der in \(N(C)\) enthalten ist.

Satz (Beobachtbarkeits-Normalform): Es gibt eine Zustandskoordinaten-Transformation \(z = Tx\) mit \(T\) invertierbar, die \(\dot {x} = Ax + Bu\), \(y = Cx + Du\) in \(\smallpmatrix {\dot {z}_1 \\ \dot {z}_2} = \smallpmatrix {A_{11} & 0 \\ A_{21} & A_{22}} \smallpmatrix {z_1 \\ z_2} + \smallpmatrix {B_1 \\ B_2} u =: \widetilde {A}z + \widetilde {B}u\), \(y = \smallpmatrix {C_1 & 0} \smallpmatrix {z_1 \\ z_2} + Du =: \widetilde {C} z + Du\) transformiert, wobei \((A_{11}, C_1)\) beobachtbar ist. Diese Form heißt Beobachtbarkeits-Normalform (observability normal form) oder BNF.

Ausgeschrieben bedeutet das \(\dot {z}_1 = A_{11} z_1 + B_1 u\), \(\dot {z}_2 = A_{21} z_1 + A_{22} z_2 + B_2 u\), \(y = C_1 z_1 + Du\), d. h. \(z_1\) und daher auch \(y\) werden von \(z_2\) nicht beeinflusst. Beispielsweise lässt sich eine Veränderung der Anfangsbedingung \(z_2(0)\) nicht in \(y\) beobachten.

Folgerung: Der unbeobachtbare Unterraum von \((\widetilde {A}, \widetilde {C})\) ist \(\{(0, z_2) \;|\; z_2 \in \real ^{\dim (z_2)}\}\) und die unbeobachtbaren Eigenwerte sind die Eigenwerte von \(A_{22}\).

Es gibt viele Gründe für Unbeobachtbarkeit. Wenn man z. B. zwei identische, beobachtbare Systeme \((A_S, B_S, C_S, D_S)\) durch Parallelschaltung (mit unterschiedlichen Eingängen) verknüpft, erhält man \(\dot {x} = Ax + Bu\), \(y = Cx + Du\) mit \(A := \smallpmatrix {A_S & 0 \\ 0 & A_S}\), \(B := \smallpmatrix {B_S & 0 \\ 0 & B_S}\), \(C := \smallpmatrix {C_S & C_S}\) und \(D := \smallpmatrix {D_S & D_S}\). Die Beobachtbarkeitsmatrix von \((A, C)\) hat zwei identische Blockspalten und kann daher keinen vollen Spaltenrang haben. Wenn \(A_S\) die Dimension \(n\) hat, dann ist der unbeobachtbare Unterraum von \((A, C)\) gleich \(\left \{\left .\smallpmatrix {x \\ -x} \;\right | x \in \real ^n\right \}\).

Satz (beobachtbar-kanonische Form): Wenn \(\dot {x} = Ax + Bu\), \(y = Cx + Du\) nur einen Ausgang hat (d. h. \(y\) ist skalar) und beobachtbar ist, dann gibt es einen Koordinatenwechsel \(z = Tx\) mit \(T\) invertierbar, der das System in \(\dot {z} = \smallpmatrix {-\alpha _1 & 1 & & & 0 \\ -\alpha _2 & 0 & 1 & & \\ \vdots & & \ddots & \ddots & \\ -\alpha _{n-1} & & & 0 & 1 \\ -\alpha _n & & & & 0} z + \widetilde {B} u := \widetilde {A} z + \widetilde {B} u\), \(y = \smallpmatrix {1 & 0 & 0 & \cdots & 0} z + Du = \widetilde {C} z + Du\) transformiert.
Diese Form heißt beobachtbar-kanonische Form (observability canonical form) oder BKF.

Beobachter und Entdeckbarkeit

Die sofortige Rekonstruktion des Zustands ist praktisch nicht möglich, da Rauschen durch die Differentiation verstärkt wird. Außerdem kann die Beobachtbarkeitsmatrix schlecht konditioniert sein. Daher versucht man, den Zustand asymptotisch zu rekonstruieren.

Beobachter: Ein Beobachter (observer) für das lineare System \(\dot {x} = Ax + Bu\), \(y = Cx + Du\) ist das dynamische System \(\dotwidehat {x} = A\widehat {x} + Bu + L(y - \widehat {y})\), \(\widehat {y} = C\widehat {x} + Du\).

Ein Beobachter ist eine Kopie des Originalsystems mit einem Korrekturterm \(L(y - \widehat {y})\), der dazu dient, dass der geschätzte Zustand \(\widehat {x}\) in Richtung \(x\) geregelt wird (für den Fall, dass sich der gemessene Ausgang \(y\) vom geschätzten Ausgang \(\widehat {y}\) unterscheidet).

Bestimmung von \(L\): Natürlich sollte der Schätzfehler \(\widetilde {x} := x - \widehat {x}\) schnell gegen Null konvergieren. Für seine Dynamik gilt \(\dotwidetilde {x} = \dot {x} - \dotwidehat {x} = Ax + Bu - A\widehat {x} - Bu - L(y - \widehat {y})\)
\(= A\widetilde {x} - L(Cx + Du - C\widehat {x} - Du) = (A - LC) \widetilde {x}\) (Fehlerdynamik). Daher sollte \(L\) so gewählt werden, dass \(A - LC\) eine Hurwitz-Matrix ist, damit \(\lim _{t \to \infty } \widetilde {x}(t) = 0\). Die Konvergenzgeschwindigkeit und die Art der Antwort (z. B. das Überschwingen) hängt von den Eigenwerten von \(A - LC\) ab und von \(e^{(A - LC)t}\).

Satz (Polvorgabe für Beobachter):
Seien \((A, C)\) beobachtbar und \(\alpha \) ein reelles, normiertes Polynom vom Grad \(n\).
Dann gibt es eine reelle Matrix \(L\) mit \(\chi _{A - LC} = \alpha \).

entdeckbar: Das System \(\dot {x} = Ax + Bu\), \(y = Cx + Du\) (oder das Paar \((A, C\)) heißt entdeckbar (detectable), falls es eine Matrix \(L\) gibt, sodass \(A - LC\) eine Hurwitz-Matrix ist.

Satz (Hautus-Test zur Entdeckbarkeit): \((A, C)\) ist entdeckbar genau dann, wenn die unbeobachtbaren Eigenwerte alle negative Realteile besitzen. Äquivalent dazu ist, dass \(\smallpmatrix {A - \lambda I \\ C}\) vollen Spaltenrang für alle \(\lambda \in \complex \) mit \(\Re (\lambda ) \ge 0\) besitzt.

Satz (Trajektorien-basierte Charakterisierung): Das System \(\dot {x} = Ax + Bu\), \(y = Cx + Du\) ist entdeckbar genau dann, wenn \(u(t) \equiv 0\) und \(y(t) \equiv 0\) für \(t \ge 0\) implizieren, dass
\(\lim _{t \to \infty } x(t) = 0\).

Zusatz: Zusammenfassung der Dualität

Regelbarkeit

Beobachtbarkeit

Traj.-Definition

für jedes \(x_f \in \real ^n\) existiert \(u\) stetig, sodass \(x(T) = x_f\)
für \(x(0) = 0\) und \(T > 0\) fest

für jedes \(T > 0\) ist die Rekonstruktion von \(x(t)\) für \(t \in [0, T]\)
aus \(u(t)\) und \(y(t)\) für \(t \in [0, T]\) möglich

Dualität

\((A^T, C^T)\) regelbar \(\iff \) \((A, C)\) beobachtbar

Kalman-Test

\(K = \smallpmatrix {B & AB & \cdots & A^{n-1}B}\) hat vollen Zeilenrang

\(W = \smallpmatrix {C \\ CA \\ \vdots \\ CA^{n-1}}\) hat vollen Spaltenrang

Unterraum

\(R(K)\) regelbarer Unterraum

\(N(W)\) unbeobachtbarer Unterraum

geom. Charakter.

kleinster \(A\)-invarianter Unterraum, der \(R(B)\) enthält

größter \(A\)-invarianter Unterraum, der in \(N(C)\) enthalten ist

Hautus-Test

\(\smallpmatrix {A - \lambda I & B}\) hat vollen Zeilenrang für alle \(\lambda \in \complex \)

\(\smallpmatrix {A - \lambda I \\ C}\) hat vollen Spaltenrang für alle \(\lambda \in \complex \)

Eigenwerte

\(\lambda \in \complex \) mit Rangverlust unregelbare Eigenwerte

\(\lambda \in \complex \) mit Rangverlust unbeobachtbare Eigenwerte

Polvorgabe

für regelbare Systeme für \(A - BF\) möglich

für beobachtbare Systeme für \(A - LC\) möglich

kanonische Form
(\(m = 1\) bzw. \(k = 1\))

\(\dot {z} = \smallpmatrix {-\alpha _1 & -\alpha _2 & \cdots & -\alpha _n \\ 1 & 0 & & & \\ & \ddots & \ddots & & \\ 0 & & 1 & 0} z + \smallpmatrix {1 \\ 0 \\ \vdots \\ 0} u\)

\(\dot {z} = \smallpmatrix {-\alpha _1 & 1 & & & 0 \\ -\alpha _2 & 0 & 1 & & \\ \vdots & & \ddots & \ddots & \\ -\alpha _{n-1} & & & 0 & 1 \\ -\alpha _n & & & & 0} z + \widetilde {B} u\), \(y = \smallpmatrix {1 & 0 & 0 & \cdots & 0} z + Du\)

Normalform

\(\smallpmatrix {\widetilde {A} & \widetilde {B} \\ \widetilde {C} & \widetilde {D}} = \smallpmatrix {A_{11} & A_{12} & B_1 \\ 0 & A_{22} & 0 \\ C_1 & C_2 & D}\), \((A_{11}, B_1)\) regelbar

\(\smallpmatrix {\widetilde {A} & \widetilde {B} \\ \widetilde {C} & \widetilde {D}} = \smallpmatrix {A_{11} & 0 & B_1 \\ A_{21} & A_{22} & B_2 \\ C_1 & 0 & D}\), \((A_{11}, C_1)\) beobachtbar

Stabilisierbarkeit

Entdeckbarkeit

Traj.-Definition

für jedes \(\xi \in \real ^n\) existiert \(u\) stückweise stetig, sodass
\(\lim _{t \to \infty } x(t) = 0\) für \(x(0) = \xi \)

aus \(u(t) \equiv 0\) und \(y(t) \equiv 0\) für \(t \ge 0\) folgt \(\lim _{t \to \infty } x(t) = 0\)

Dualität

\((A^T, C^T)\) stabilisierbar \(\iff \) \((A, C)\) entdeckbar

Verallgemeinerung

regelbar impliziert stabilisierbar

beobachtbar impliziert entdeckbar

Hautus-Test

\(\smallpmatrix {A - \lambda I & B}\) hat vollen Zeilenrang für alle \(\lambda \in \complex \) mit \(\Re (\lambda ) \ge 0\)

\(\smallpmatrix {A - \lambda I \\ C}\) hat vollen Spaltenrang für alle \(\lambda \in \complex \) mit \(\Re (\lambda ) \ge 0\)

alg. Charakter.

es gibt eine Matrix \(F\) mit \(A - BF\) Hurwitz-Matrix

es gibt eine Matrix \(L\) mit \(A - LC\) Hurwitz-Matrix

Das Separationsprinzip

Es wurde schon gezeigt, wie man ein System durch lineare Zustandsrückführung stabilisieren kann. Allerdings benötigt diese Regelung den kompletten Zustand zu jeder Zeit. Es wurde ebenfalls schon gezeigt, wie man den Zustand durch den gemessenen Ausgang asymptotisch rekonstruieren kann. Diese Techniken lassen sich enorm effizient miteinander verbinden:

Für ein stabilisierbares und entdeckbares LTI-System \(\dot {x} = Ax + Bu\), \(y = Cx + Du\) seien \(F\) und \(L\), sodass \(A - BF\) und \(A - LC\) Hurwitz-Matrizen sind. Dann stabilisiert \(u = -Fx\) das System und der Beobachter mit Verstärkung \(L\) erzeugt eine Zustandsschätzung \(\widehat {x}\), die \(x\) asymptotisch rekonstruiert. Die Schlüsselidee ist es nun, das nicht verfügbare \(x\) durch die verfügbare Schätzung \(\widehat {x}\) zu ersetzen, d. h. \(u = -F\widehat {x}\).

beobachterbasierter Ausgangsrückführungs-Regler: Für die Design-Parameter \(F\) und \(L\) ist das lineare System \(\dotwidehat {x} = A\widehat {x} + Bu + L(y - \widehat {y})\), \(\widehat {y} = C\widehat {x} + Du\), \(u = -F\widehat {x}\) ein
beobachterbasierter Ausgangsrückführungs-Regler (observer-based output-feedback controller).

Äquivalente Implementierungen sind \(\dotwidehat {x} = (A - LC) \widehat {x} + (B - LD)u + Ly\), \(u = -F\widehat {x}\) und \(\dotwidehat {x} = (A - LC - BF + LDF) \widehat {x} + Ly\), \(u = -F\widehat {x}\).

Satz (geschlossener Regelkreis): Die Verbindung des beobachterbasierten Ausgangsrückführungs-Regler mit dem ursprünglichen System führt zum geschlossenen Regelkreis
\(\dot {x} = Ax - BF\widehat {x}\), \(\dotwidehat {x} = (A - LC - BF) \widehat {x} + LCx\). Dieses System ist asymptotisch stabil genau dann, wenn \(A - BF\) und \(A - LC\) Hurwitz-Matrizen sind.

Den Satz sieht man sehr schnell durch die Transformation \(\smallpmatrix {x \\ \widetilde {x}} = T \smallpmatrix {x \\ \widehat {x}}\) mit \(T := \smallpmatrix {I & 0 \\ I & -I} = T^{-1}\). Damit ergibt sich \(T \smallpmatrix {A & -BF \\ LC & A - LC - BF} T^{-1} = \A := \smallpmatrix {A - BF & BF \\ 0 & A - LC}\), d. h. die Eigenwerte des Systems \(\smallpmatrix {\dot {x} \\ \dotwidetilde {x}} = \A \smallpmatrix {x \\ \widetilde {x}}\) sind gleich denen von \(A - BF\) vereinigt mit denen von \(A - LC\).

statische Ausgangsrückführung:
Bei der statischen Ausgangsrückführung (static output-feedback) des Systems \(\dot {x} = Ax + Bu\), \(y = Cx\) setzt man \(u = -Ky\). Man erhält also \(\dot {x} = (A - BKC)x\) als geschlossenen Regelkreis. Bis heute existiert kein einfacher Test, unter welchen Bedingungen \(A - BKC\) Hurwitz ist.

Zusammenfassung:

  • Überprüfe, ob \((A, B)\) stabilisierbar und \((A, C)\) entdeckbar ist. Falls nicht, so kann man zeigen, dass kein linearer, stabilisierender Regler existiert.

  • Falls ja, bestimme \(F\) und \(L\), sodass \(A - BF\) und \(A - LC\) Hurwitz-Matrizen sind.

  • Der beobachterbasierte Regler führt zu einem System mit Eigenwerten
    \(\Eig (A - BF) \cup \Eig (A - LC)\).

  • Wenn \((A, B)\) sogar regelbar und \((A, C)\) beobachtbar ist, dann kann man alle Eigenwerte des geschlossenen Regelkreises an beliebige (symmetrische) Stellen setzen.

Separationsprinzip: Weil man \(F\) und \(L\) unabhängig voneinander konstruieren (und somit die Zustandsrückführung und den Beobachter getrennt gestalten) kann, spricht man davon, dass der entstehende Regler auf dem Separationsprinzip (separation principle) basiert.

Allerdings sind die Eigenwerte von \(A\) (System), \(A - LC - BF + LDF\) (Regler) und \(\A \) i. A. verschieden, d. h. der Regler selbst ist evtl. instabil. In diesem Fall muss man in der Praxis bei der Implementation eines solchen Reglers vorsichtig sein.

Es ist naiv, die Eigenwerte von \(L\) sehr „schnell“ zu wählen: Zum einen verstärkt sich dann Messrauschen, zum anderen verringern hohe Beobachter-Verstärkungen die Robustheit.

Rauschen und Bode-Plots

Schnellere Eigenwerte von \(L\) führen zu einer schnelleren Konvergenz des Fehlers durch den Beobachter gegen Null. Allerdings vergrößern zu große Einträge von \(L\) die Empfindlichkeit gegenüber Rauschen, was man mithilfe der Übertragungsmatrix erkennt.

Einfluss von Rauschen: Sei \(v\) ein Rauschsignal und \(\dot {x} = Ax + Bu\), \(y = Cx + Du + v\) das durch das Rauschen gestörte System. Der beobachterbasierte Ausgangsrückführungs-Regler soll aber gleich bleiben, weil er keinen Zugriff auf \(v\) hat, d. h. \(\dotwidehat {x} = A_c \widehat {x} + Ly\), \(u = -F\widehat {x}\) mit \(A_c := A - LC - BF + LDF\). Mit der Übertragungsmatrix \(G(s) = C (sI - A)^{-1} B + D\) des Systems und \(K(s) = -F(sI - A_c)^{-1} L\) der Übertragungsmatrix des Reglers erhält man \(\widehat {y}(s) = G(s) \widehat {u}(s) + \widehat {v}(s)\) und \(\widehat {u}(s) = K(s) \widehat {y}(s)\) (wenn man Null-Anfangsbedingungen annimmt).

Man kann die 2. Gleichung in die 1. einsetzen, man bekommt dann \(\widehat {y}(s) = G(s)K(s) \widehat {y}(s) + \widehat {v}(s)\). Nach \(\widehat {y}(s)\) aufgelöst ergibt dies \(\widehat {y}(s) = (I - G(s)K(s))^{-1} \widehat {v}(s)\). Setzt man das in die 2. Gleichung ein, so erhält man \(\widehat {u}(s) = K(s) (I - G(s)K(s))^{-1} \widehat {v}(s)\).

Mit dieser Gleichung kann man den Einfluss des Messrauschens auf die Steuergröße im geschlossenen Regelkreis analysieren, wenn das System ein SISO-System ist (z. B. mit dem sog. Bode-Amplitudengang des Bode-Plots, siehe unten).

Invertierbarkeit von \(I - G(s)K(s)\): \(G(s) = C(sI - A)^{-1} B + D\) ist (\(|s|\) hinreichend groß) beschränkt und \(K(s) = -F(sI - A_c)^{-1} L \to 0\) für \(|s| \to \infty \), damit auch \(G(s)K(s) \to 0\) bzw. \(I - G(s)K(s) \to I\) für \(|s| \to \infty \). Weil \(\det (I - G(s)K(s))\) eine rationale Funktion ist, ist sie entweder konstant gleich Null oder sie hat sie nur endlich viele Nullstellen. Allerdings ist wegen \(\det (I - G(s)K(s)) \to \det (I) = 1\) der erste Fall nicht möglich, d. h. \((I - G(s)K(s))^{-1}\) existiert für fast alle \(s \in \complex \).

Bode-Plot: Sei \(H\colon D \subset \real \rightarrow \real \) eine reellwertige, rationale Funktion. Dann heißt der Plot von \(|H(\iu \omega )|\) über die Frequenz \(\omega \ge 0\) Bode-Amplitudengang (Bode magnitude plot) von \(H(s)\). Der Plot von \(\arg (H(\iu \omega ))\) über die Frequenz \(\omega \ge 0\) heißt Bode-Phasengang (Bode phase plot) von \(H(s)\). Beide Plots zusammen werden Bode-Plot genannt, mit ihnen wird \(\omega \mapsto H(\iu \omega )\) für \(\omega \ge 0\) vollständig dargestellt.

Es ist üblich, beim Bode-Plot die Frequenzachsen logarithmisch darzustellen (Einteilung in 10er-Logarithmen). Zusätzlich wird die Amplitude auch logarithmisch dargestellt. Manchmal erfolgt eine Umrechnung in Dezibel (dB) durch die Formel \(|H|_{\text {dB}} := 20 \log _{10} |H|\), in diesem Fall erfolgt die Darstellung der Amplitude in Dezibel natürlich linear.

Mithilfe des Bode-Amplitudengangs von \(K(s) (I - G(s)K(s))^{-1}\) kann man erkennen, dass schnellere Eigenwerte zu einer größeren Verstärkung von Rauschen führen.