Grundbegriffe aus der Topologie
topologischer Raum: Seien \(X\) eine Menge und \(\T \subset \P (X)\).Dann heißt \((X, \T )\) topologischer Raum, falls
\(\emptyset \in \T \), \(X \in \T \),
\(\forall _{\T ’ \subset \T }\; \bigcup _{U \in \T ’} U \in \T \) und
\(\forall _{U_1, U_2 \in \T }\; U_1 \cap U_2 \in \T \).
In diesem Fall heißt \(\T \) Topologie auf \(X\) und die Elemente von \(\T \) heißen offen.
Bemerkung: Im Folgenden ist \((X, \T )\) ein topologischer Raum und \(M \subset X\).
abgeschlossen: \(M \subset X\) heißt abgeschlossen, falls \(X \setminus M\) offen ist.
Inneres: \(\interior {M} := \{x \in M \;|\; \exists _{O \in \T }\; O \subset M,\; x \in O\}\) heißt das Innere von \(M\).
Abschluss: \(\overline {M} := X \setminus \interior {X \setminus M}\) heißt Abschluss von \(M\).
Rand: \(\partial M := \overline {M} \setminus \interior {M}\) heißt Rand von \(M\).
dicht: \(M\) heißt dicht in \(X\), falls \(\overline {M} = X\).
Satz (abgeschlossene Mengen): \(\emptyset \) und \(X\) sind abgeschlossen. Schnitte beliebig vieler und Vereinigungen endlicher vieler abgeschlossener Mengen sind abgeschlossen.
Umgebung: Seien \((X, \T )\) ein topologischer Raum und \(x \in X\).
Dann heißt \(U \subset X\) Umgebung von \(x\), falls \(\exists _{O \in \T }\; O \subset U,\; x \in O\) (d. h. \(x \in \interior {U}\)).
Umgebungsfilter: \(\U (x) := \{U \subset X \;|\; U \text { Umgebung von } x\}\) heißt Umgebungsfilter von \(x\).
Umgebungsbasis:
Eine Teilfamilie \(\V (x) \subset \U (x)\) heißt Umgebungsbasis von \(x\), falls \(\forall _{U \in \U (x)} \exists _{V \in \V (x)}\; V \subset U\).
Satz (Eigenschaften des Umgebungsfilters): Seien \((X, \T )\) ein topologischer Raum und \(x \in X\).
Dann gilt:
\(\forall _{U \in \U (x)}\; x \in U\)
\(\forall _{U \in \U (x)} \exists _{V \in \U (x)} \forall _{y \in V}\; U \in \U (y)\)
\(\forall _{U \in \U (x)} \forall _{V \supset U}\; V \in \U (x)\)
\(\forall _{U, V \in \U (x)}\; U \cap V \in \U (x)\)
Satz (Umgebungsfilter induziert Topologie): Sei \(X\) eine Menge und \(\U (x) \subset \P (X)\) für jedes \(x \in X\), sodass (1) bis (4) von eben erfüllt sind. Dann gibt es genau eine Topologie \(\T \) auf \(X\), sodass \(\U (x)\) für \(x \in X\) der Umgebungsfilter von \(x\) ist. Es gilt \(\T = \bigcup _{x \in X} \O (x) \cup \{\emptyset \}\), wobei \(\O (x) := \{\interior {U} \;|\; U \in \U (x)\}\) und \(\interior {U} := \{y \in X \;|\; U \in \U (y)\}\).
Satz (Metrik induziert Topologie): Jeder metrische Raum induziert einen topologischen Raum. In diesem Fall besitzt jeder Punkt \(x\) des topologischen Raums eine abzählbare Umgebungsbasis \(\V (x)\). Allerdings ist nicht jeder topologische Raum metrisierbar (d. h. die Topologie wird nicht von einer Metrik induziert).
feiner/gröber: Seien \(\T _1, \T _2\) Topologien auf \(X\).
Dann heißt \(\T _2\) stärker/feiner als \(\T _1\) bzw. \(\T _1\) schwächer/gröber als \(\T _2\),
falls \(\T _1 \subsetneqq \T _2\).
Hausdorff-Raum: Ein topologischer Raum \((X, \T )\) heißt Hausdorff-Raum, falls
\(\forall _{x, y \in X,\; x \not = y} \exists _{U \in \U (x)} \exists _{V \in \U (y)}\; U \cap V = \emptyset \).
Konvergenz: Eine Folge \((x_n)_{n \in \natural }\) in \(X\) konvergiert gegen \(x \in X\) (\(x_n \xrightarrow {n \to \infty } x\)), falls
\(\forall _{U \in \U (x)} \exists _{n_U \in \natural } \forall _{n \ge n_U}\; x_n \in V\).
Satz (GWe in Hausdorff-Räumen eindeutig):
Grenzwerte von Folgen in Hausdorff-Räumen sind eindeutig.
folgenabgeschlossen:
\(A \subset X\) heißt folgenabgeschlossen, falls \(\forall _{x \in X} \forall _{(x_n)_{n \in \natural } \text { Folge in } A,\; x_n \to x}\; x \in A\).
Satz (abg. \(\Rightarrow \) folgenabg.): Wenn \(A \subset X\) abgeschlossen ist,
dann ist \(A\) auch folgenabgeschlossen. Die Umkehrung gilt i. A. nicht.
stetig: Seien \((X, \T _X), (Y, \T _Y)\) topologische Räume.
Eine Abbildung \(T\colon X \rightarrow Y\) heißt stetig, falls \(\forall _{x \in X} \forall _{V \in \U (Tx)} \exists _{U \in \U (x)}\; T(U) \subset V\).
Satz (äquivalente Beschreibungen von Stetigkeit): Folgende Aussagen sind äquivalent:
\(T\) ist stetig.
Für alle offenen Teilmengen \(O \subset Y\) ist \(T^{-1}(O) \subset X\) offen.
Für alle abgeschlossenen Teilmengen \(A \subset Y\) ist \(T^{-1}(A) \subset X\) abgeschlossen.
Satz (stetig \(\Rightarrow \) folgenstetig): Wenn \(T\) stetig ist, dann ist \(T\) auch folgenstetig,
d. h.
\(\forall _{x \in X} \forall _{(x_n)_{n \in \natural } \text { Folge in } X,\; x_n \to x}\; T(x_n) \xrightarrow {n \to \infty } T(x)\). Die Umkehrung gilt i. A. nicht.
kompakt: Sei \((X, \T )\) ein topologischer Raum. \(K \subset X\) heißt kompakt, falls
\(\forall _{I \text { Indexmenge}} \forall _{O_i \subset X \text { offen},\; K \subset \bigcup _{i \in I} O_i} \exists _{i_1, \dotsc , i_n \in I}\; K \subset \bigcup _{j=1}^n O_{i_j}\).
folgenkompakt: \(K\) heißt folgenkompakt, falls
\(\forall _{(x_n)_{n \in \natural } \text { Folge in } K} \exists _{(x_{n_k})_{k \in \natural } \text { Teilfolge}} \exists _{x \in K}\; x = \lim _{k \to \infty } x_{n_k}\).
Bemerkung: Kompaktheit und Folgenkompaktheit sind i. A. nicht äquivalent.
separabel: Sei \((X, \T )\) ein topologischer Raum.
Dann heißt \((X, \T )\) separabel, falls \(X\) eine abzählbare, dichte Teilmenge enthält.
Satz (Relativtopologie): Seien \((X, \T )\) ein topologischer Raum und \(A \subset X\).
Dann ist \((A, \T _A)\) ein topologischer Raum mit der Relativtopologie \(\T _A := \{U \cap A \;|\; U \in \T \}\).
Satz (Produkttopologie): Seien \(I\) eine Indexmenge, \((X_i, \T _i)_{i \in I}\) eine Familie topologischer Räume und \(X := \prod _{i \in I} X_i\). Dann ist \((X, \T )\) ein topologischer Raum mit der Produkttopologie \(\T \) mit Basis \(\{\prod _{i \in I} O_i \;|\; \forall _{i \in I}\; O_i \in \T _i,\; \text {fast alle } O_i = X_i\}\) (beliebige Vereinigungen hinzunehmen).
Satz (Satz von Tychonov): Seien \(I\) eine Indexmenge, \((X_i, \T _i)_{i \in I}\) eine Familie
topologischer Räume, \(X := \prod _{i \in I} X_i\) und \(\T \) die Produkttopologie auf \(X\).
Dann ist \(X\) kompakt genau dann, wenn \(X_i\) für alle \(i \in I\) kompakt ist.
Bemerkung: Dieser Satz ist äquivalent zum Auswahlaxiom.
Lokalkonvexe Topologie
lokalkonvexe Topologie: Seien \(X\) ein \(\KK \)-Vektorraum und \((p_\alpha )_{\alpha \in I}\) eine Familie von Halbnormen auf \(X\) (\(I\) Indexmenge). Für \(x \in X\) definiert man
\(U_{\varepsilon ,H}(x) := \{y \in X \;|\; \forall _{\alpha \in H}\; p_\alpha (x - y) < \varepsilon \}\) für \(\varepsilon > 0\) und \(H \subset I\) endlich,
\(\V (x) := \{U_{\varepsilon ,H}(x) \;|\; \varepsilon > 0,\; H \subset I \text { endlich}\}\),
\(\U (x) := \{U \subset X \;|\; \exists _{V \in \V (x)}\; V \subset U\}\) und
\(\T := \{O \subset X \;|\; \forall _{x \in O} \exists _{V \in \V (x)}\; V \subset O\}\).
Man kann zeigen, dass \((X, \T )\) ein topologischer Raum ist, wobei \(\U (x)\) der Umgebungsfilter und \(\V (x)\) eine Umgebungsbasis von \(x \in X\) ist. \(\T \) heißt die von \((p_\alpha )_{\alpha \in I}\) induzierte lokalkonvexe Topologie auf \(X\) und \((X, \T )\) heißt lokalkonvexer (topologischer) Raum.
Bemerkung: Die Topologie heißt deshalb lokalkonvex, weil es für jeden Punkt \(x \in X\) eine Umgebungsbasis aus konvexen Mengen \(U_{\varepsilon ,H}(x)\) gibt.
Bemerkung: \((X, \T )\) ist bereits eindeutig durch die Nullumgebungsbasis \(\V (0)\) festgelegt, da \(\V (x) = x + \V (0)\) und \(\U (x) = x + \U (0)\) (weil \(U_{\varepsilon ,H}(x) = x + U_{\varepsilon ,H}(0)\)).
Lemma (Charakterisierung der Konvergenz): Seien \((X, \T )\) ein lokalkonvexer Raum, der durch \((p_\alpha )_{\alpha \in I}\) induziert wird, \((x_n)_{n \in \natural }\) eine Folge in \(X\) und \(x \in X\). Dann sind äquivalent:
\(x_n \xrightarrow {n \to \infty } x\)
\(x_n - x \xrightarrow {n \to \infty } 0\)
\(\forall _{\alpha \in I}\; p_\alpha (x_n - x) \xrightarrow {n \to \infty } 0\)
Lemma (Charakterisierung von hausdorffsch):
Sei \((X, \T )\) ein lokalkonvexer Raum, der durch \((p_\alpha )_{\alpha \in I}\) induziert wird. Dann sind äquivalent:
\((X, \T )\) ist hausdorffsch.
\(\forall _{x \in X \setminus \{0\}} \exists _{\alpha \in I}\; p_\alpha (x) \not = 0\)
Lemma (Charakterisierung von Stetigkeit): Seien \((X, \T _X), (Y, \T _Y)\) von den Halbnormfamilien \((p_\alpha )_{\alpha \in I_X}\) bzw. \((q_\beta )_{\beta \in
I_Y}\) induzierte lokalkonvexe Räume und \(T\colon X \rightarrow Y\) linear.
Dann sind äquivalent:
\(T\) ist stetig.
\(T\) ist stetig in \(0\).
\(\forall _{\beta \in I_Y} \exists _{H \subset I_X \text { endlich}} \exists _{M \ge 0} \forall _{x \in X}\; q_\beta (Tx) \le M \cdot \max _{\alpha \in H} p_\alpha (x)\)
Folgerung: Seien \((X, \T )\) ein lokalkonvexer Raum und \(T\colon X \rightarrow \KK \) linear.
Dann ist \(T\) stetig genau dann, wenn \(\exists _{H \subset I \text { endlich}} \exists _{M \ge 0} \forall _{x \in X}\; |Tx| \le M \cdot \max _{\alpha \in H} p_{\alpha _i}(x)\).
Dualraum: Sei \((X, \T )\) ein lokalkonvexer Raum.
Dann heißt \(X’ := \{T\colon X \rightarrow \KK \;|\; T \text { linear und stetig}\}\) Dualraum von \(X\).
Bemerkung: Es gibt Verallgemeinerungen des Satzes von Hahn-Banach und der Trennungssätze für lokalkonvexe Räume.
Schwache Konvergenz und Schwachast-Konvergenz
schwache Topologie: Seien \(X\) ein normierter Raum und \(X’\) der Dualraum von \(X\).
\((p_{x’})_{x’ \in X’}\) mit \(p_{x’}(x) := |x’(x)|\) für \(x \in X\) ist eine Familie von Halbnormen auf \(X\).
Die induzierte lokalkonvexe Topologie heißt schwache Topologie \(\sigma (X, X’)\) auf \(X\).
Schwach\(\ast \)-Topologie: Seien \(X\) ein normierter Raum und \(X’\) der Dualraum von \(X\).
\((p_x)_{x \in X}\) mit \(p_x(x’) := |x’(x)|\) für \(x’ \in X’\) ist eine Familie von Halbnormen auf \(X’\).
Die induzierte lokalkonvexe Topologie heißt Schwach\(\ast \)-Topologie \(\sigma (X’, X)\) auf \(X’\).
schwache Konvergenz: Seien \(X\) ein normierter Raum, \((x_n)_{n \in \natural }\) eine Folge in \(X\) und \(x \in X\).
Dann konvergiert \((x_n)_{n \in \natural }\) schwach gegen \(x\) (\(x_n \rightharpoonup x\)), falls \(x_n \xrightarrow
{n \to \infty } x\) bzgl. \(\sigma (X, X’)\).
Schwach\(\ast \)-Konvergenz: Seien \(X\) ein normierter Raum, \((x_n’)_{n \in \natural }\) eine Folge in \(X’\) und \(x \in X’\).
Dann konvergiert \((x_n’)_{n \in \natural }\) schwach\(\ast \) gegen \(x’\) (\(x_n’ \xrightharpoonup {\ast } x’\)),
falls \(x_n’ \xrightarrow {n \to \infty } x’\) bzgl. \(\sigma (X’, X)\).
Bemerkung: Schwache Konvergenz ist äquivalent zu \(\forall _{x’ \in X’}\; x’(x_n) \xrightarrow {n \to \infty } x’(x)\).
Analog ist Schwach\(\ast \)-Konvergenz äquivalent zu \(\forall _{x \in X}\; x_n’(x) \xrightarrow {n \to \infty } x’(x)\).
Distributionen
Distributionen: Seien \(\Omega \subset \real ^d\) offen und \(\D (\Omega ) := \C ^\infty _c(\Omega )\). Zunächst definiert man Halbnormen \((p_m)_{m \in \natural _0}\) durch
\(p_m(\varphi ) := \sup _{|\beta | \le m} \norm {\partial _x^\beta \varphi }_{\C ^0(\Omega )}\). Anschließend definiert man \((p_\alpha )_{\alpha \in I}\) als Familie aller Halbnormen \(p_\alpha \), sodass
\(\forall _{K \subset \Omega \text { kpkt.}} \exists _{C \ge 0} \exists _{m \in \natural _0} \forall _{\varphi \in \C ^\infty _c(K)}\; p_\alpha (\varphi ) \le C \cdot p_m(\varphi )\).
Dann heißt der Dualraum \(\D ’(\Omega )\) von \((\D (\Omega ), \T _\D )\) Raum der Distributionen auf \(\Omega \), wobei \(\T _\D \) die von \((p_\alpha )_{\alpha
\in I}\) induzierte lokalkonvexe Topologie auf \(\D (\Omega )\) ist.
Bemerkung: Sei \((\varphi _n)_{n \in \natural }\) eine Folge in \(\D (\Omega )\) und \(\varphi \in \D (\Omega )\).
Dann gilt \(\varphi _n \xrightarrow {n \to \infty } \varphi \) (bzgl. \(\T _\D \)) genau dann, wenn es \(K \subset \Omega \) kompakt gibt mit
\(\supp (\varphi ) \subset K\), \(\forall _{n \in \natural }\; \supp (\varphi _n) \subset K\) und \(\forall _{\beta \in \natural _0^d}\; \partial _x^\beta \varphi _n \xrightarrow {\norm {\cdot
}_{\C ^0(K)}} \partial _x^\beta \varphi \).
Lemma (Eigenschaften des Testfunktionenraums):
Seien \(K \subset \Omega \) kompakt und \(\D _K(\Omega ) := \C ^\infty _c(K)\). Dann ist die von \((p_m)_{m \in \natural _0}\) erzeugte lokalkonvexe Topologie auf \(\D _K(\Omega )\) gleich der Relativtopologie von \((D(\Omega ), \T _\D )\) auf \(\D _K(\Omega )\).
\((\D (\Omega ), \T _\D )\) ist hausdorffsch.
Lemma (Charakterisierung der Stetigkeit): Sei \(T\colon \D (\Omega ) \rightarrow \KK \) linear. Dann sind äquivalent:
\(T \in \D ’(\Omega )\)
\(\forall _{K \subset \Omega \text { kpkt.}}\; T|_{\D _K(\Omega )} \in (\D _K(\Omega ))’\)
\(\forall _{K \subset \Omega \text { kpkt.}} \exists _{m \in \natural _0} \exists _{C \ge 0} \forall _{\varphi \in \D _K(\Omega )}\; |T\varphi | \le C p_m(\varphi )\)
\(T\) ist folgenstetig, d. h. aus \(\varphi _n \to \varphi \) in \((\D (\Omega ), \T _D)\) folgt \(T\varphi _n \to T\varphi \).
\(T\) ist folgenstetig in \(0\), d. h. aus \(\varphi _n \to 0\) in \((\D (\Omega ), \T _D)\) folgt \(T\varphi _n \to 0\).
Schwach\(\ast \)-Topologie für Distributionen: Sei die Familie \((p_\varphi )_{\varphi \in \D (\Omega )}\) von Halbnormen auf \(\D ’(\Omega )\) definiert durch \(p_\varphi (T) :=
|T\varphi |\) für alle \(T \in \D ’(\Omega )\).
Dann heißt die von \((p_\varphi )_{\varphi \in \D (\Omega )}\) induzierte lokalkonvexe Topologie Schwach\(\ast \)-Topologie
\(\sigma (\D ’(\Omega ), \D (\Omega ))\) auf \(\D ’(\Omega )\).
Bemerkung: Sei \((T_n)_{n \in \natural }\) eine Folge in \(\D ’(\Omega )\) und \(T \in \D ’(\Omega )\).
Dann gilt \(T_n \xrightarrow {n \to \infty } T\) (bzgl. \(\sigma (\D ’(\Omega ), \D (\Omega ))\)) genau dann, wenn \(\forall _{\varphi \in \D (\Omega )}\; T_n \varphi \xrightarrow {n \to \infty } T
\varphi \).
Beispiele für Distributionen und distributionelle Ableitung
induzierte reguläre Distribution:
Sei \(f \in L^1_\loc (\Omega )\) mit \(L^1_\loc (\Omega ) := \{f\colon \Omega \rightarrow \real \text { messbar} \;|\; \forall _{K \subset \Omega \text { kpkt.}}\; f \in L^1(K)\}\).
Dann heißt \(T_f \in \D ’(\Omega )\) mit \(T_f(\varphi ) := \int _\Omega f(y)\varphi (y)\dy \) für \(\varphi \in \D (\Omega )\) die durch \(f\) induzierte
reguläre Distribution.
Bemerkung: Die Abbildung \(L^1_\loc (\Omega ) \rightarrow \D ’(\Omega )\), \(f \mapsto T_f\) ist injektiv (sie ist linear und aus \(T_f = 0\) folgt \(T_f(\varphi ) = 0\) für alle \(\varphi \in \D
(\Omega )\), also \(f = 0\) f.ü. nach dem Fundamentallemma der Variationsrechnung). Daher kann man die Funktionen \(f \in L^1_\loc (\Omega )\) mit den induzierten regulären Distributionen \(T_f
\in \D ’(\Omega )\) identifizieren.
Eine Distribution \(T \in \D ’(\Omega )\) heißt regulär, falls \(\exists _{f \in L^1_\loc (\Omega )}\; T = T_f\), d. h. falls sie im Bild dieser Abbildung
ist. Nicht jede Distribution ist regulär, wie die Delta-Distribution zeigt.
Dirac-/Delta-Distribution: Sei \(x \in \Omega \). Dann heißt \(\delta _x \in \D ’(\Omega )\) mit \(\delta _x(\varphi ) := \varphi (x)\) für \(\varphi \in \D (\Omega )\) Dirac- oder Delta-Distribution zum Punkt \(x\). Man schreibt \(\delta := \delta _0\).
Bemerkung: \(\delta _x\) ist nicht regulär. Angenommen, es gilt \(\delta _x = T_f\) für ein \(f \in L^1_\loc (\Omega )\). Definiere für \(\varphi \in \D (\Omega )\) die
Testfunktion \(\psi _\varphi \in \D (\Omega )\) durch \(\psi _\varphi (y) := |y - x|^2 \varphi (y)\). Dann gilt für alle \(\varphi \in \D (\Omega )\), dass \(0 = \psi _\varphi (x) = \delta _x(\psi
_\varphi ) = T_f(\psi _\varphi ) = \int _\Omega f(y) |y - x|^2 \varphi (y) \dy \). Nach dem Fundamentallemma der Variationsrechnung folgt, dass \(f(y) |y - x|^2 = 0\) für fast alle \(y \in \Omega
\), d. h. \(f = 0\) f.ü. Damit wäre aber \(\delta _x = T_f = 0\), ein Widerspruch (es gibt \(\varphi \in \D (\Omega )\) mit \(\delta _x(\varphi ) = \varphi (x) \not = 0\)).
Trotzdem schreibt man formal häufig \(\int _\Omega \delta _x(y) \varphi (y) \dy := \varphi (x)\).
Satz (Dirac-Folge): Sei \(f_n \in L^1_\loc (\Omega )\) mit \(f_n(x) := \left (\frac {n}{4\pi }\right
)^{d/2} \exp \!\left (-\frac {n|x|^2}{4}\right )\) für \(n \in \natural \).
Dann gilt \(T_{f_n} \to \delta _0\) bzgl. \(\sigma (\D ’(\Omega ), \D (\Omega ))\).
Bemerkung: Seien \(f \in L^1_\loc (\Omega )\) und \(\beta \in \natural _0^d\), sodass die partielle Ableitung \(\partial ^\beta _x f\) der Ordnung \(\beta \) existiert. Dann gilt \(T_{\partial ^\beta _x
f}(\varphi ) = \int _{\real ^d} (\partial ^\beta _x f)(x) \varphi (x) \dx = (-1)^{|\beta |} \int _{\real ^d} f(x) (\partial ^\beta _x \varphi )(x) \dx \)
\(= (-1)^{|\beta |} T_f(\partial ^\beta _x \varphi )\) wegen partieller Integration. Die folgende Definition erklärt \(T_{\partial ^\beta _x f}\) zur „Ableitung“ von \(T_f\) und verallgemeinert dies
für nicht-reguläre Distributionen.
distributionelle Ableitung: Seien \(T \in \D ’(\Omega )\) und \(\beta \in \natural _0^d\).
Dann heißt \(\partial ^\beta _x T \in \D ’(\Omega )\) mit \((\partial ^\beta _x T)(\varphi ) := (-1)^{|\beta |} T(\partial ^\beta _x \varphi )\) distributionelle
Ableitung von \(T\) der Ordnung \(\beta \).
Beispiel: Seien \(\Omega := (-1, 1)\) und \(f \in L^1_\loc ((-1, 1))\) mit \(f(x) := |x|\).
Dann gilt \(T_f(\partial _x \varphi ) = \int _{-1}^0 (-x)(\partial _x \varphi )(x) \dx + \int _0^1 x (\partial _x \varphi )(x) \dx = \int _{-1}^0 \varphi (x) \dx - \int _0^1 \varphi (x)\dx =
-T_g(\varphi )\) für alle \(\varphi \in \D ((-1, 1))\) mit \(g(x) := -1\) für \(x < 0\), \(g(x) := 0\) für \(x = 0\) und \(g(x) := 1\) für \(x > 0\) (Vorzeichenfunktion).
Somit ist \(T_g\) die distributionelle Ableitung von \(T_f\) (man identifiziert \(f\) und \(g\) mit \(T_f\) bzw. \(T_g\) und spricht oft davon, dass \(g\) die distributionelle Ableitung von \(f\) ist). Wegen \(g \in L^2((-1, 1))\)
ist \(g\) auch die schwache Ableitung von \(f\).
Außerdem gilt \(T_f(\partial _x^2 \varphi ) = \int _{-1}^0 (\partial _x \varphi )(x)\dx - \int _0^1 (\partial _x \varphi )(x) \dx = 2\varphi (0) = 2\delta (\varphi )\). Daher ist \(2\delta \) die zweite distributionelle Ableitung von \(T_f\) (bzw. von \(f\)), allerdings besitzt \(g\) keine schwache Ableitung (\(\delta \) ist keine Funktion).
Satz (distr. Ableitungsoperator stetig):
Die Abbildung \(\partial ^\beta _x\colon \D ’(\Omega ) \rightarrow \D ’(\Omega )\), \(T \mapsto \partial ^\beta _x T\) ist stetig bzgl. \(\sigma (\D ’(\Omega ), \D (\Omega ))\).
Eigenschaften der schwachen Konvergenz und der Satz von Alaoglu
Lemma (schwache Konvergenz und Schwach\(\ast \)-Konvergenz): Seien \(X\) ein normierter Raum, \((x_n)_{n \in \natural }\) eine Folge in \(X\), \((x_n’)_{n \in \natural }\) eine Folge in \(X’\), \(x \in X\) und \(x’ \in X’\). Dann gilt:
\(x_n \rightharpoonup x \iff J_X x_n \xrightharpoonup {\ast } J_X x\) mit \(J_X\colon X \rightarrow X’’\), \((J_X x)(x’) := x’(x)\) für \(x \in X\), \(x’ \in X’\)
Aus \(x_n’ \rightharpoonup x’\) folgt \(x_n’ \xrightharpoonup {\ast } x’\).
Der schwache Grenzwert von \((x_n)_{n \in \natural }\) (falls existent) und der Schwach\(\ast \)-Grenzwert von \((x_n’)_{n \in \natural }\) (falls existent) sind eindeutig.
Aus \(x_n \to x\) (bzgl. \(\norm {\cdot }_X\)) folgt \(x_n \rightharpoonup x\) und aus \(x_n’ \to x’\) (bzgl. \(\norm {\cdot }_{X’}\)) folgt \(x_n’ \xrightharpoonup {\ast } x’\).
Aus \(x_n’ \xrightharpoonup {\ast } x’\) folgt \(\norm {x’}_{X’} \le \liminf _{n \to \infty } \norm {x_n’}_{X’}\).
Aus \(x_n \rightharpoonup x\) folgt \(\norm {x}_X \le \liminf _{n \to \infty } \norm {x_n}_X\)
(Unterhalbstetigkeit der Norm bzgl. der schwachen Konvergenz von Folgen).Konvergiert \((x_n)_{n \in \natural }\) schwach, so ist \((x_n)_{n \in \natural }\) beschränkt.
Konvergiert \((x_n’)_{n \in \natural }\) schwach\(\ast \), so ist \((x_n’)_{n \in \natural }\) beschränkt.Aus \(x_n \to x\) und \(x_n’ \xrightharpoonup {\ast } x’\) folgt \(x_n’(x_n) \to x’(x)\) in \(\KK \).
Aus \(x_n \rightharpoonup x\) und \(x_n’ \to x’\) folgt \(x_n’(x_n) \to x’(x)\) in \(\KK \).
Beispiel:
Sei \((\Omega , \Sigma , \mu )\) ein Maßraum, \(p \in [1, \infty )\) und \(p’\) mit \(\frac {1}{p} + \frac {1}{p’} = 1\). Im Fall \(p = 1\) sei \(\mu \) zusätzlich \(\sigma \)-endlich. Dann ist \(J_{p’}\colon L^{p’}(\Omega ) \rightarrow (L^p(\Omega ))’\) mit \((J_{p’} f)(g) := \int _\Omega g\overline {f} d\mu \) für \(g \in L^p(\mu )\) ein konjugiert linearer, isometrischer Isomorphismus. Für \(p = 2\) ist \(J_2 = \R _{L^2(\Omega )}\) gleich dem konjugiert linearen Isomorphismus aus dem Rieszschen Darstellungssatz.
Seien \((f_k)_{k \in \natural }\) eine Folge in \(L^p(\Omega )\) und \(f \in L^p(\Omega )\).
Dann gilt \(f_k \rightharpoonup f\) in \(L^p(\Omega )\) genau dann, wenn \(\forall _{g \in L^{p’}(\Omega )}\; \int _\Omega f_k \overline {g} d\mu \xrightarrow {k \to \infty } \int _\Omega f\overline {g} d\mu \).Seien \(K \subset \real ^n\) kompakt und \(\text {rca}(K)\) der Raum der signierten Borelmaße auf \(K\).
Dann ist \(J\colon \text {rca}(K) \rightarrow (\C ^0(K))’\) mit \((J\nu )(f) := \int _K fd\nu \) ein isometrischer Isomorphismus.
Seien \((f_k)_{k \in \natural }\) eine Folge in \(\C ^0(K)\) und \(f \in \C ^0(K)\).
Dann gilt \(f_k \rightharpoonup f\) in \(\C ^0(K)\) genau dann, wenn \(\forall _{\nu \in \text {rca}(K)}\; \int _K f_k d\nu \xrightarrow {k \to \infty } \int _K f d\nu \).Seien \(\Omega \subset \real ^n\) offen, \(m \in \natural \) und \(p \in [1, \infty ]\),
außerdem \((u_k)_{k \in \natural }\) eine Folge in \(W^{m,p}(\Omega )\) und \(u \in W^{m,p}(\Omega )\).
Dann gilt \(u_k \rightharpoonup u\) in \(W^{m,p}(\Omega )\) genau dann, wenn \(\forall _{|s| \le m}\; \partial _x^s u_k \rightharpoonup \partial _x^s u\) in \(L^p(\Omega )\).
Die gleiche Aussage gilt für \(W^{m,p}_0(\Omega )\).
Satz (beschr. Folge in \(X’\) besitzt schwach\(\ast \) konv. TF für \(X\) separabel):
Sei \(X\) ein separabler normierter Raum.
Dann ist \(\overline {B_1(0)} \subset X’\) schwach\(\ast \) folgenkompakt.
Bemerkung: In diesem Fall gilt diese Aussage auch für jede andere abgeschlossene Kugel \(\overline {B_R(0)}\). Insbesondere besitzt jede beschränkte Folge in \(X’\) eine schwach\(\ast \)
konvergente Teilfolge.
Die Aussage gilt i. A. nicht, wenn \(X\) nicht separabel ist.
Satz (Satz von Alaoglu): Sei \(X\) ein Banachraum.
Dann ist \(\overline {B_1(0)} \subset X’\) kompakt bzgl. der Schwach\(\ast \)-Topologie auf \(X’\).
Beste Approximationen in reflexiven Räumen
reflexiv: Sei \(X\) ein Banachraum.
Dann heißt \(X\) reflexiv, falls \(J_X\colon X \rightarrow X’’\) (mit \((J_X x)x’ = x’(x)\)) surjektiv, also bijektiv ist.
Satz ((Gegen-)Beispiele für reflexive Räume):
Jeder Hilbertraum ist reflexiv.
\(L^p(\Omega )\) ist für \(p \in (1, \infty )\) reflexiv.
\(W^{m,p}(\Omega )\) ist für \(p \in (1, \infty )\) reflexiv.
\(\C ^0(K)\) ist für \(K\) kompakt und unendlich nicht reflexiv.
Lemma (Eigenschaften reflexiver Räume): Sei \(X\) ein Banachraum.
Ist \(X\) reflexiv, dann stimmen schwache Konvergenz in \(X’\) und Schwach\(\ast \)-Konvergenz in \(X’\) überein.
Ist \(X\) reflexiv, dann ist auch jeder abgeschlossene Unterraum von \(X\) reflexiv.
Sei \(Y\) ein zu \(X\) isomorpher Banachraum.
Dann ist \(X\) reflexiv genau dann, wenn \(Y\) reflexiv ist.\(X\) ist reflexiv genau dann, wenn \(X’\) reflexiv ist.
Satz (beschr. Folge in \(X\) besitzt schwach konv. TF für \(X\) reflexiv):
Sei \(X\) ein reflexiver Banachraum.
Dann ist \(\overline {B_1(0)} \subset X\) schwach folgenkompakt.
Bemerkung: In diesem Fall gilt diese Aussage auch für jede andere abgeschlossene Kugel \(\overline {B_R(0)}\). Insbesondere besitzt jede beschränkte Folge in \(X\) eine schwach konvergente Teilfolge.
Lemma (\(X’\) separabel \(\Rightarrow \) \(X\) separabel): Sei \(X\) ein Banachraum mit \(X’\) separabel.
Dann ist auch \(X\) separabel.
Vollstetigkeit: Seien \(X, Y\) Banachräume und \(T\colon X \rightarrow Y\) linear. Dann heißt \(T\) vollstetig, falls für alle Folgen \((x_n)_{n \in \natural }\) in \(X\) und \(x \in X\) mit \(x_n \rightharpoonup x\) gilt, dass \(Tx_n \to Tx\).
Satz (Vollstetigkeit): Seien \(X, Y\) Banachräume und \(T\colon X \rightarrow Y\) linear.
Ist \(T\) kompakt, dann ist \(T\) vollstetig.
Ist \(X\) reflexiv und \(T\) vollstetig, dann ist \(T\) kompakt.
Satz (konvexe abg. Menge schwach folgenabg.):
Seien \(X\) ein normierter Raum und \(M \subset X\) nicht-leer, konvex und abgeschlossen.
Dann ist \(M\) schwach folgenabgeschlossen.
Satz (bestapproximierendes Element für reflexive Räume):
Seien \(X\) ein reflexiver Banachraum und \(M \subset X\) nicht-leer, konvex und abgeschlossen.
Dann gilt \(\forall _{x_0 \in X} \exists _{y_0 \in M}\; \norm {x_0 - y_0} = \dist (x_0, M)\).