Der Projektionssatz

Satz (Existenz und Eindeutigkeit des bestappr. Elements):
Seien \(H\) ein Hilbertraum und \(A \subset H\) eine nicht-leere, abgeschlossene und konvexe Teilmenge, d. h. \(\forall _{x, y \in A} \forall _{\lambda \in [0, 1]}\; \lambda x + (1 - \lambda ) y \in A\). Dann gilt \(\forall _{x_0 \in H} \exists !_{y_0 \in A}\; \norm {x_0 - y_0} = \dist (x_0, A)\).
\(y_0\) heißt bestapproximierendes Element an \(x_0\) in \(A\).

Satz (Charakterisierung des bestappr. Elements als orthogonale Projektion):
Seien \(H\) ein Hilbertraum und \(M \subset H\) ein Unterraum. Dann ist \(y_0 \in M\) bestapproximierend an \(x_0 \in H\) in \(M\) genau dann, wenn \(\forall _{y \in M}\; \innerproduct {x_0 - y_0, y} = 0\) (also \(x_0 - y_0 \in M^\orth \)).
\(y_0\) heißt in diesem Fall die orthogonale Projektion von \(x_0\) auf \(M\).

Satz (Projektionssatz): Seien \(H\) ein Hilbertraum und \(M \subset H\) ein abgeschlossener Unterraum.
Dann gilt \(\forall _{x_0 \in H} \exists !_{y_0 \in M} \exists !_{y_1 \in M^\orth }\; x_0 = y_0 + y_1\), also \(H = M \oplus M^\orth \) (direkte Summe).
Dabei ist \(M^\orth := \{y \in H \;|\; \forall _{x \in M}\; \innerproduct {x, y} = 0\}\) das orthogonale Komplement von \(M\) in \(H\).

Folgerung: Zu jedem abgeschlossenen, echten Unterraum \(M\) eines Hilbertraums \(H\) (\(M \not = H\)) gibt es ein \(z_0 \in M^\orth \) mit \(z_0 \not = 0\) (\(M^\orth \not = \{0\}\)).

Bemerkung: Für jeden Unterraum \(M \subset H\) gilt stets \(M \cap M^\orth = \{0\}\).
Außerdem ist \(M^\orth = \bigcap _{x \in M} \{y \in H \;|\; \innerproduct {x, y} = 0\} = \bigcap _{x \in M} \innerproduct {x, \cdot }^{-1}(0)\) abgeschlossen.

Orthonormalsysteme

Orthonormalsystem:  Seien \((E, \innerproduct {\cdot , \cdot })\) ein Skalarproduktraum und \(e_i \in E\) für \(i \in I\) (\(I \not = \emptyset \) Indexmenge). Die Familie \((e_i)_{i \in I}\) heißt Orthonormalsystem (ONS), falls \(\forall _{i, j \in I}\; \innerproduct {e_i, e_j} = \delta _{ij}\).

Lemma (orthogonale Projektion durch endliche ONS): Sei \((e_i)_{i \in I}\) ein endliches ONS in \(E\).
Dann liefert die Zuordnung \(P_I\colon E \rightarrow E_I\), \(P_I(x) := \sum _{i \in I} \innerproduct {x, e_i} e_i\) die orthogonale Projektion von \(x\) auf \(E_I := [\{e_i \;|\; i \in I\}]\) und es gilt \(\forall _{x \in E}\; \norm {x}^2 = \sum _{i \in I} |\innerproduct {x, e_i}|^2 + \norm {x - P_I(x)}^2\).
Außerdem sind die \((e_i)_{i \in I}\) linear unabhängig.

Lemma (Besselsche Ungleichung): Sei \((e_i)_{i \in I}\) ein beliebiges ONS in \(E\).
Dann gilt \(\forall _{x \in E}\; \sum _{i \in I} |\innerproduct {x, e_i}|^2 \le \norm {x}^2\).

Satz (Äquivalenzen für abzählbare ONS): Für jedes höchstens abzählbare ONS \((e_i)_{i \in I}\) (\(I \subset \natural \)) in einem Skalarproduktraum \((E, \innerproduct {\cdot , \cdot })\) sind äquivalent:

  • \([\{e_i \;|\; i \in I\}]\) ist dicht in \(E\).

  • \(\forall _{x \in E}\; x = \sum _{i \in I} \innerproduct {x, e_i} e_i\)

  • \(\forall _{x \in E}\; \norm {x}^2 = \sum _{i \in I} |\innerproduct {x, e_i}|^2\) (Parsevalsche Gleichung)

Ist \(E\) ein Hilbertraum, dann ist zusätzlich jede dieser Aussagen äquivalent zu

  • \((e_i)_{i \in I}\) maximal, d. h. es gibt kein \(y \in E \setminus \{0\}\) mit \(\forall _{i \in I}\; \innerproduct {y, e_i} = 0\).

Bemerkung: Wenn die Parsevalsche Gleichung oder eine der äquivalenten Aussagen gilt, so spricht man auch oft von einer Orthonormalbasis (ONB) \((e_i)_{i \in I}\) (i. A. aber keine Vektorraum-Basis) oder einem vollständigen ONS. In diesem Fall gilt \(\norm {\sum _{i \in I} \alpha _i e_i}^2 = \sum _{i \in I} |\alpha _i|^2\) für jede Folge \((\alpha _i)_{i \in I}\) in \(\KK \), wie man sich leicht herleiten kann (Verallgemeinerung des Satzes von Pythagoras).

separabel:  Sei \((M, d)\) ein metrischer Raum. Eine Teilmenge \(T \subset M\) heißt separabel, falls es eine höchstens abzählbare Teilmenge \(A \subset M\) gibt, die dicht in \(T\) ist.

Satz (Äquivalenz für separable Hilberträume): Sei \(H\) ein Hilbertraum. Dann sind äquivalent:

  • \(H\) ist separabel.

  • \(H\) besitzt ein maximales, höchstens abzählbares ONS.

Beispiel:

  • Sei \(H := L^2([0, 2\pi ], \real )\). Dann ist \(\{\frac {1}{\sqrt {2\pi }}, g_1, h_1, g_2, h_2, \dotsc \}\) mit \(g_n(x) := \frac {1}{\sqrt {\pi }} \cos (nx)\),
    \(h_n(x) := \frac {1}{\sqrt {\pi }} \sin (nx)\) eine abzählbare ONB. Es gilt für alle \(f \in H\), dass
    \(f(x) = \frac {1}{2\pi } \int _0^{2\pi } f(t)\dt + \frac {1}{\pi } \sum _{n=1}^\infty \left (\int _0^{2\pi } f(t)\cos (nt)\dt \right ) \cos (nx) \;+\)
    \(+\; \frac {1}{\pi } \sum _{n=1}^\infty \left (\int _0^{2\pi } f(t)\sin (nt)\dt \right ) \sin (nx)\), wobei diese Reihen bzgl. der \(L^2\)-Norm konvergieren.

  • Sei \(H := L^2([0, 2\pi ], \complex )\). Dann ist \((f_n)_{n \in \integer }\) mit \(f_n(x) := \frac {1}{\sqrt {2\pi }} e^{\iu nx}\) eine abzählbare ONB. Es gilt für alle \(f \in H\), dass \(f(x) = \frac {1}{2\pi } \sum _{n=-\infty }^{+\infty } \left (\int _0^{2\pi } f(t) e^{-\iu nt} \dt \right ) e^{\iu nx}\), wobei diese Reihe bzgl. der \(L^2\)-Norm konvergiert.

Der Rieszsche Darstellungssatz

Bemerkung: Jede lineare Abbildung \(\ell \colon \real ^n \rightarrow \real \) lässt sich durch eine Matrix \(L = \smallpmatrix {L_1 & \cdots & L_n}\) mit \(L \in \real ^{1 \times n}\) darstellen, d. h. es gilt \(\ell (x) = Lx = \innerproduct {\smallpmatrix {L_1 \\ \vdots \\ L_n}, \smallpmatrix {x_1 \\ \vdots \\ x_n}}_2 = \innerproduct {L^T, x}\) mit \(L^T \in \real ^n\). Es ist überraschend, dass sich das auf Hilberträume verallgemeinern lässt.

Satz (Rieszscher Darstellungssatz): Seien \(H\) ein Hilbertraum und \(\ell \in H’\).
Dann gibt es genau ein \(y \in H\) mit \(\forall _{x \in H}\; \ell (x) = \innerproduct {x, y}\). Es gilt \(\norm {\ell } = \norm {y}\).

Folgerung:
Seien \(H\) ein Hilbertraum und \(\R \colon H \rightarrow H’\), \(y \mapsto \R y\) mit \((\R y)(x) := \innerproduct {x, y}\) für \(x \in H\).
Dann ist \(\R \) für \(\KK = \real \) ein isometrischer Isomorphismus und
für \(\KK = \complex \) ein isometrischer, konjugiert linearer Isomorphismus (d. h. \(\R \) ist eine Isometrie,
\(\forall _{y_1, y_2 \in H} \forall _{\alpha \in \complex }\; \R (y_1 + \alpha y_2) = \R y_1 + \overline {\alpha } \R y_2\), \(\R \) ist bijektiv und \(\R , \R ^{-1}\) sind stetig).

Satz (Charakterisierung des darstellenden Elements):
Seien \(H\) ein Hilbertraum, \(y \in H\) und \(\ell \in H’\).
Dann gilt \(\forall _{x \in H}\; \ell (x) = \innerproduct {x, y}\) genau dann, wenn
\(\frac {1}{2} \innerproduct {y, y} - \Re (\ell (y)) = \min _{x \in H} \left (\frac {1}{2} \innerproduct {x, x} - \Re (\ell (x))\right )\).

Satz (Satz von  Lax-Milgram): Seien \(H\) ein Hilbertraum und \(a\colon H \times H \rightarrow \KK \) sesquilinear
(d. h. linear im ersten und konjugiert linear im zweiten Argument).
Außerdem gebe es Konstanten \(c_0, C_0 \in \real \) mit \(0 < c_0 < C_0 < \infty \), sodass

  • \(\forall _{x, y \in H}\; |a(x, y)| \le C_0 \norm {x} \norm {y}\) (Stetigkeit von \(a\)) und

  • \(\forall _{x \in H}\; \Re (a(x, x)) \ge c_0 \norm {x}^2\) (Koerzitivität von \(a\)).

Dann gibt es zu jedem \(\ell \in H’\) genau ein \(z \in H\) mit \(\forall _{y \in H}\; \ell (y) = a(y, z)\). Es gilt \(\norm {z} \le \frac {1}{c_0} \norm {\ell }\).
Außerdem existiert genau eine Abbildung \(A\colon H \rightarrow H\) mit \(\forall _{x, y \in H}\; a(y, x) = \innerproduct {y, Ax}\).
\(A\) ist ein Isomorphismus mit \(\norm {A} \le C_0\) und \(\norm {A^{-1}} \le \frac {1}{c_0}\).