Gruppen

Gruppen und Untergruppen

Gruppe:  Eine Gruppe ist ein Paar \((G, \ast )\) mit einer Menge \(G\) und einer Abbildung
\(\ast \colon G \times G \rightarrow G\), sodass

  • für alle \(a, b, c \in G\) die Gleichung \((a \ast b) \ast c = a \ast (b \ast c)\) gilt (Assoziativität),

  • es ein \(e \in G\) gibt mit \(e \ast a = a \ast e = a\) für alle \(a \in A\) (neutrales Element) sowie

  • es für alle \(a \in G\) ein \(b \in G\) gibt mit \(a \ast b = b \ast a = e\) (inverses Element).

Die Gruppe heißt kommutativ oder abelsch, falls

  • für alle \(a, b \in G\) die Gleichung \(a \ast b = b \ast a\) gilt (Kommutativität).

Bemerkung:
Das neutrale Element \(e\) und das zu \(a \in G\) inverse Element \(b\) sind eindeutig bestimmt.

Beispiel: \((\integer , +)\), \((\GL _n(\real ), \cdot )\), \((\mathfrak {S}_n, \circ )\)
Sind \((G_1, \ast _1), \dotsc , (G_n, \ast _n)\) Gruppen, so ist \((G, \ast )\) eine Gruppe, wobei \(G := G_1 \times \dotsb \times G_n\) und \(\ast \colon G \times G \rightarrow G\), \((a_1, \dotsc , a_n) \ast (b_1, \dotsc , b_n) := (a_1 \ast _1 b_1, \dotsc , a_n \ast _n b_n)\).

Bemerkung: Man schreibt Gruppen meistens multiplikativ (oder additiv), d. h. statt \(\ast \) benutzt man oft das Symbol \(\cdot \). Man spricht dann von der Multiplikation \(\cdot \colon G \times G \rightarrow G\) und \(ab = a \cdot b\) heißt das Produkt von \(a\) und \(b\). Dabei bezeichnet \(1 = 1_G\) das neutrale Element und \(a^{-1}\) das zu \(a\) inverse Element.

Operationen mit Mengen:  Sind \((G, \cdot )\) eine Gruppe, \(a, b \in G\) und \(S, T \subset G\), so ist
\(a \cdot T := \{a \cdot t \;|\; t \in T\}\),   \(T \cdot a := \{t \cdot a \;|\; t \in T\}\),   \(S \cdot T := \{s \cdot t \;|\; s \in S,\; t \in T\}\) und
\(S^{-1} := \{s^{-1} \;|\; s \in S\}\).

Untergruppe:  \(U \subset G\) heißt Untergruppe (\(U < G\)), falls \(1 \in U\), \(U \cdot U \subset U\) und \(U^{-1} \subset U\).

Satz (Untergruppen von \((\integer , +)\)): \((\integer , +)\) hat nur Untergruppen der Form \(n \cdot \integer \), \(n \in \natural \).

erzeugte Untergruppe:  Sei \(S \subset G\). Dann ist die von \(S\) erzeugte Untergruppe
\(\aufspann {S} := \{s_1^{e_1} \dotsm s_n^{e_n} \;|\; n \in \natural ,\; s_1, \dotsc , s_n \in S,\; e_1, \dotsc , e_n \in \integer \}\) die kleinste Untergruppe von \(G\), die \(S\) enthält.

Beispiel: In \((\integer , +)\) gilt \(\aufspann {3} = 3\integer \) und \(\aufspann {3, 5} = \integer \).

zyklisch:  \(G\) heißt zyklisch, falls \(G = \aufspann {a}\) für ein \(a \in G\).

Beispiel: Die Gruppen \((\integer , +)\) und \((\integer /n\integer , +)\) sind zyklisch.

Nebenklassen und Quotientenmenge

Äquivalenzrelation auf \(G\):  Sei \(H < G\). Dann kann man auf \(G\) eine Äquivalenzrelation definieren durch \(a \sim b\), falls \(a^{-1} b \in H\). Für \(a \in G\) ist die Äquivalenzklasse \(aH\) (Linksnebenklasse) und die Menge aller Äquivalenzklassen ist \(G/H := \{a \cdot H \;|\; a \in G\}\) mit der Projektion \(\pi \colon G \rightarrow G/H\), \(\pi (a) := aH\). \(|G : H| := |G/H|\) heißt Index der Untergruppe \(H\) in \(G\).

Bemerkung: Im Allgemeinen ist \(G/H\) keine Gruppe.

Satz (Lagrange): Für \(H < G\) gilt \(|G| = |H| \cdot |G/H|\) (d. h. insbesondere \(|H| \;|\; |G|\)).

Folgerung: Ist \(|G| = p\) eine Primzahl, so ist \(G\) zyklisch, d. h. besitzt keine echte nicht-triviale Untergruppe.

Gruppenhomomorphismen, Bild und Kern

Gruppenhomomorphismus:  Seien \((G, \ast )\) und \((H, \circ )\) Gruppen. Eine Abbildung \(h\colon G \rightarrow H\) heißt Homomorphismus, falls \(h(a \ast b) = h(a) \circ h(b)\) für alle \(a, b \in G\). Injektive, surjektive bzw. bijektive Homomorphismen heißen Monomorphismen, Epimorphismen bzw. Isomorphismen. Homomorphismen einer Gruppe in sich heißen Endomorphismen, im bijektiven Fall Automorphismen.

Bemerkung: Für einen Gruppenhomomorphismus \(h\) gilt \(h(1_G) = 1_H\) und \(h(a^{-1}) = (h(a))^{-1}\).

Beispiel: Sind \(V\) und \(W\) \(K\)-Vektorräume und \(h\colon V \rightarrow W\) linear, so ist \(h\colon (V, +) \rightarrow (W, +)\) ein Homomorphismus. Andere Beispiele sind \(\det \colon \GL _n(\real ) \rightarrow (\real \setminus \{0\}, \cdot )\) und \(\exp \colon (\real , +) \rightarrow (\real , \cdot )\).

Kategorie der Gruppen:  Gruppen und ihre Homomorphismen bilden die Kategorie der Gruppen \(\cat {Grp}\): Objekte sind die Gruppen, Morphismen sind die Homomorphismen und die Verknüpfung ist die übliche Verknüpfung (die Komposition zweier Homomorphismen ist wieder ein Homomorphismus).

Bild und Kern:  Sei \(f\colon G \rightarrow H\) ein Homomorphismus.
Dann heißen \(\im f := f(G)\) Bild von \(f\) und \(\ker f := f^{-1}(\{1_H\})\) Kern von \(f\).

Normale Untergruppen und Quotientengruppen

normale Untergruppe: 
\(K < G\) heißt normal (\(K \vartriangleleft G\)), falls für alle \(g \in G\) gilt, dass \(gKg^{-1} = K\).

Bemerkung: Diese Bedingung ist äquivalent zu \(gK = Kg\) für alle \(g \in G\), d. h. \(K < G\) ist normal genau dann, wenn für jedes \(g \in G\) die Linksnebenklasse \(gK\) mit der Rechtsnebenklasse \(Kg\) übereinstimmt.

Satz (Kern ist normale Untergruppe): Ist \(f\colon G \rightarrow H\) ein Homomorphismus, so ist \(\ker f \vartriangleleft G\).

Lemma (\(\sim \) für Untergruppen verträglich mit Multiplikation):
Ist \(K \vartriangleleft G\) eine normale Untergruppe, so folgt aus \(a \sim b\) und \(a’ \sim b’\), dass \(aa’ \sim bb’\).

Satz (Faktorgruppe): Ist \(K \vartriangleleft G\) eine normale Untergruppe, so gibt es genau eine Gruppenstruktur auf \(G/K\), die \(\pi \) zu einem Homomorphismus macht, nämlich \((a \cdot K) \cdot (b \cdot K) := (a \cdot b) \cdot K\).

Satz (Homomorphiesatz): Seien \(K \vartriangleleft G\) eine normale Untergruppe und \(f\colon G \rightarrow H\) ein Homomorphismus. Dann gibt es einen Homomorphismus \(\overline {f}\colon G/K \rightarrow H\) mit \(f = \overline {f} \circ \pi \) genau dann, wenn \(K < \ker f\). \(\overline {f}\) ist eindeutig und es gilt \(\im (\overline {f}) = \im (f)\) sowie \(\ker (\overline {f}) = \ker (f) / K\).

Isomorphiesätze

Satz (erster Isomorphiesatz): Jeder Homomorphismus \(f\colon G \rightarrow H\) faktorisiert zu
\(G \xrightarrow {\pi } G/\ker (f) \xrightarrow {\overline {f}} \im (f) \xrightarrow {\iota } H\) mit \(\pi \) Epi-, \(\overline {f}\) Iso- und \(\iota \) Monomorphismus:

(3.1–3.0) \{begin}{align*} \begin{xy} \xymatrix { G \ar [r]^f \ar @{>>} [d]_\pi & H \\ G/\ker (f) \ar [r]^\sim _{\overline {f}} & \im (f) \ar @{^{(}->} [u]_\iota }
\end {xy} \{end}{align*}

Folgerung: Jede zyklische Gruppe ist isomorph zu \(\integer /n\integer \).

Kommutator:  Seien \(G\) eine Gruppe und \(a, b \in G\). Dann heißt \([a, b] := aba^{-1}b^{-1}\) Kommutator von \(a\) und \(b\). Die Kommutatoruntergruppe von \(G\) ist \([G, G] := \aufspann {[a, b] \;|\; a, b \in G}\).

Satz (Abelschmachung):
Es gilt \([G, G] \vartriangleleft G\) und die Abelschmachung \(G_{\ab } := G/[G, G]\) ist eine abelsche Gruppe.
Jeder Homomorphismus \(f\colon G \rightarrow A\) in eine abelsche Gruppe \(A\) induziert einen Homomorphismus \(\overline {f}\colon G_{\ab } \rightarrow A\) mit \(f = \overline {f} \circ \alpha _G\), wobei \(\alpha _G\colon G \rightarrow G_{\ab }\) die Quotientenabbildung ist.

Freie Gruppen

freie Gruppe:  Eine Gruppe \(G\) heißt frei über einer Teilmenge \(S \subset G\), falls sich jedes \(a \in G\) eindeutig schreiben lässt als \(a = s_1^{e_1} \dotsm s_n^{e_n}\), \(n \in \integer \), \(s_1, \dotsc , s_n \in S\), \(e_1, \dotsc , e_n \in \integer \).
In diesem Fall heißt \(S\) Basis von \(G\).

Beispiel: \((\integer , +)\) ist frei über \(S = \{1\}\). \((\integer /n\integer , +)\) ist nicht frei.

Satz (Existenz einer freien Gruppe): Zu jeder Menge \(S\) existiert eine freie Gruppe \(F(S)\).

Bemerkung: Konstruktion: Definiere \(A := S \times \{\pm 1\}\) mit \((s, \varepsilon )^{-1} = (s, -\varepsilon )\) für \((s, \varepsilon ) \in A\). Sei \(A^\ast := \{\text {endl. Wörter in A}\}\) und \(\cdot \colon A^\ast \times A^\ast \rightarrow A^\ast \) die Verknüpfung von Wörtern. Auf \(A^\ast \) wird die Äquivalenzrelation \(\equiv \) erzeugt durch \(uaa^{-1}v \equiv uv\) mit \(u, v \in A^\ast \), \(a \in A\), d. h. zwei Wörter aus \(A^\ast \) sind äquivalent genau dann, wenn sie durch eine endliche Folge von Einfügen oder Entfernen von Unterwörtern der Form \(aa^{-1}\) mit \(a \in A\) ineinander übergehen. \((F(S), \cdot )\) mit \(F(S) := A^\ast /\equiv \) und \(\cdot \colon F(S) \times F(S) \rightarrow F(S)\) der durch \(\cdot \) auf \(A^\ast \) induzierten Multiplikation ist dann nach Konstruktion eine freie Gruppe.

Satz (universelle Eigenschaft): Eine Gruppe \(F\) ist frei über \(S \subset F\) genau dann, wenn es für alle Abbildungen \(f\colon S \rightarrow G\) genau einen Homomorphismus \(h\colon F \rightarrow G\) gibt mit \(h|_S = f\).

Folgerung: Ist \(S \subset G\), dann induziert die Inklusion \(\iota \colon S \rightarrow G\) einen Homomorphismus
\(\phi \colon F(S) \rightarrow G\).

Folgerung: Jede Gruppe ist isomorph zu einem Quotienten einer freien Gruppe.

Fundamentalgruppe und Überlagerungen

Fundamentalgruppe

homotop bei festem \(A\):  Seien \(X\) und \(Y\) topologische Räume sowie \(A \subset X\). Zwei stetige Abbildungen \(f, g\colon X \rightarrow Y\) heißen homotop bei festem \(A\) (\(f \simeq g \text { fix } A\) oder \(f \simeq _A g\)), falls es eine Homotopie \(H\colon [0, 1] \times X \rightarrow Y\) von \(H_0 = f\) nach \(H_1 = g\) gibt mit \(H_s|_A = f|_A\) für alle \(s \in [0, 1]\).

Lemma (Äquivalenzrelation): Homotopie bei festem \(A\) ist eine Äquivalenzrelation.

äquivalente Wege:  Zwei Wege \(\alpha , \beta \colon [0, 1] \rightarrow X\) heißen äquivalent (\(\alpha \sim \beta \)), falls es eine Homotopie \(H\colon [0, 1] \times [0, 1] \rightarrow X\) von \(H_0 = \alpha \) und \(H_1 = \beta \) gibt mit \(H(s, 0) = \alpha (0)\) und \(H(s, 1) = \alpha (1)\) für alle \(s \in [0, 1]\).

Lemma (Äquivalenzrelation): Die Äquivalenz von Wegen ist eine Äquivalenzrelation.
Die Quotientenmenge sei \(\Pi X(a, b) := PX(a, b) / \sim \).
Aus \(\alpha \sim \beta \) folgt \(\overline {\alpha } \sim \overline {\beta }\), d. h. man erhält \(-\colon \Pi X(a, b) \rightarrow \Pi X(b, a)\), \([\gamma ] \mapsto \overline {[\gamma ]} := [\overline {\gamma }]\).
Aus \(\alpha \sim \alpha ’\) in \(PX(a, b)\) und \(\beta \sim \beta ’\) in \(PX(b, c)\) folgt \(\alpha \ast \beta \sim \alpha ’ \ast \beta ’\) in \(PX(a, c)\), d. h. man erhält \(\ast \colon \Pi X(a, b) \times \Pi X(b, c) \rightarrow \Pi X(a, c)\), \(([\alpha ], [\beta ]) \mapsto [\alpha ] \ast [\beta ] := [\alpha \ast \beta ]\).

Wegekategorie: 
Jeder topologische Raum \(X\) definiert eine Kategorie, die Wegekategorie \(\cat {\Pi X}\):

  • Objekte sind die Punkte \(a \in X\),

  • Morphismen zu \(a, b \in X\) sind die Klassen \([\gamma ] \in \Pi X(a, b)\) und

  • die Verknüpfung ist die Komposition \(\ast \) wie oben.

In \(\cat {\Pi X}\) ist jeder Morphismus ein Isomorphismus (invertierbar durch \([\gamma ] \mapsto [\overline {\gamma }]\)).

\(f_\sharp \):  Ist \(f\colon X \rightarrow Y\) eine stetige Abbildung, dann kann man jedem Weg \(\gamma \) von \(a\) nach \(b\) in \(X\) den Weg \(f \circ \gamma \) von \(f(a)\) nach \(f(b)\) in \(Y\) zuordnen.
Dies definiert eine Abbildung \(f_\sharp \colon PX(a, b) \rightarrow PY(f(a), f(b))\), \(\gamma \mapsto f \circ \gamma \). Sie ist auch wohldefiniert auf Homotopieklassen, d. h. \(f_\sharp \colon \Pi X(a, b) \rightarrow \Pi Y(f(a), f(b))\), \([\gamma ] \mapsto [f \circ \gamma ]\).

Satz (\(f_\sharp \) als Funktor):
Jede stetige Abbildung \(f\colon X \rightarrow Y\) induziert einen Funktor \(f_\sharp \colon \cat {\Pi X} \rightarrow \Pi Y\):

  • Jedem Punkt \(a \in X\) wird der Punkt \(f(a) \in Y\) zugeordnet.

  • Jeder Homotopieklasse \([\gamma ] \in \Pi X(a, b)\) wird die Homotopieklasse
    \(f_\sharp ([\gamma ]) := [f \circ \gamma ] \in \Pi Y(f(a), f(b))\) zugeordnet.

  • Es gilt \(f_\sharp ([1_a]) = [1_{f(a)}]\) und \(f_\sharp ([\alpha ] \ast [\beta ]) = f_\sharp ([\alpha ]) \ast f_\sharp ([\beta ])\).

Fundamentalgruppe:  Seien \(X\) ein topologischer Raum und \(x_0 \in X\).
Dann heißt \(\pi _1(X, x_0) := \Pi X(x_0, x_0)\) die Fundamentalgruppe von \(X\) in \(x_0\). Dies ist eine Gruppe.

Satz (induzierter Isomorphismus): Jeder Weg \(\gamma \colon [0, 1] \rightarrow X\) von \(x_0\) nach \(x_1\) induziert einen Isomorphismus \(h_\gamma \colon \pi _1(X, x_0) \rightarrow \pi _1(X, x_1)\), \(h_\gamma ([\alpha ]) := [\overline {\gamma } \ast \alpha \ast \gamma ]\) mit \(h_\gamma ^{-1} = h_{\overline {\gamma }}\).

einfach zusammenhängend:  Sei \(X\) ein topologischer Raum. \(X\) heißt einfach zusammenhängend, falls \(X\) wegzusammenhängend und \(\pi _1(X, x_0)\) für ein \(x_0 \in X\) trivial ist.

Bemerkung: In diesem Fall ist \(\pi _1(X, x_0)\) automatisch für alle \(x_0 \in X\) trivial.
\(X\) ist wegzusammenhängend genau dann, wenn für alle \(x, y \in X\) \(\Pi X(x, y)\) genau aus einem Element besteht.

Beispiel: \(\real ^n\) ist einfach zusammenhängend.

Satz (\(\sphere ^n\), \(n \ge 2\) einfach zush.): Für \(n \ge 2\) ist \(\sphere ^n\) einfach zusammenhängend.

Bemerkung: \(\sphere ^1\) ist nicht einfach zusammenhängend, da \(\pi _1(\sphere ^1, 1) \cong \integer \) (siehe unten).

punktierter Raum:  Ein punktierter Raum ist ein Paar \((X, x_0)\) mit einem topologischen Raum \(X\) und einem Punkt \(x_0 \in X\). Analog zu \(\cat {Top}\) ist die Kategorie \(\cat {Top}_\ast \) der punktierten Räume definiert. Eine Abbildung \(f\colon (X, x_0) \rightarrow (Y, y_0)\) zwischen punktierten Räumen ist eine Abbildung \(f\colon X \rightarrow Y\) mit \(f(x_0) = y_0\).

Satz (Fundamentalgruppe als Funktor): Die Fundamentalgruppe ist ein Funktor \(\cat {Top}_\ast \rightarrow \cat {Grp}\):

  • Jedem punktierten Raum \((X, x_0)\) wird die Gruppe \(\pi _1(X, x_0)\) zugeordnet.

  • Jeder stetigen Abbildung \(f\colon (X, x_0) \rightarrow (Y, y_0)\) wird der Gruppenhomomorphismus
    \(f_\sharp =: \pi _1(f)\colon \pi _1(X, x_0) \rightarrow \pi _1(Y, y_0)\), \(f_\sharp ([\alpha ]) = [f \circ \alpha ]\) zugeordnet.

  • Es gilt \(\pi _1(\id _{(X, x_0)}) = \id _{\pi _1(X, x_0)}\) und \(\pi _1(f \circ g) = \pi _1(f) \circ \pi _1(g)\).

Folgerung:
Aus \(f\colon (X, x_0) \homoe (Y, y_0)\) folgt, dass \(f_\sharp \colon \pi _1(X, x_0) \bij \pi _1(Y, y_0)\) ein Gruppenisomorphismus ist.

Satz (\(f \sim g \;\Rightarrow \; f_\sharp = g_\sharp \)):
Sind \(f, g\colon (X, x_0) \rightarrow (Y, y_0)\) homotop bei festem \(x_0\), dann gilt \(f_\sharp = g_\sharp \).

Überlagerungen

triviale Überlagerung: 
Seien \(X\) und \(\widetilde {X}\) topologische Räume sowie \(p\colon \widetilde {X} \rightarrow X\) stetig und surjektiv.
Ein Teilraum \(U \subset X\) heißt von \(p\) trivial überlagert, falls \(p^{-1}(U) = \bigsqcup _{i \in I} \widetilde {U}_i\) mit offenen Mengen \(\widetilde {U}_i \subset \widetilde {X}\), wobei \(p_i := p|_{U_i}\colon \widetilde {U}_i \rightarrow U\) für alle \(i \in I\) ein Homöomorphismus ist.

Überlagerung:  \(p\colon \widetilde {X} \rightarrow X\) heißt Überlagerung, falls jeder Punkt \(x \in X\) eine offene Umgebung \(U \subset X\) besitzt, die von \(p\) trivial überlagert wird.
In diesem Fall heißt \(\widetilde {X}\) der Überlagerungsraum und \(X\) der überlagerte Raum.

Beispiel: \(\id \colon X \rightarrow X\) ist eine Überlagerung.
Jeder Homöomorphismus \(p\colon \widetilde {X} \rightarrow X\) ist eine Überlagerung.
Ist \(F\) ein diskreter Raum, dann ist \(\pr \colon X \times F \rightarrow X\), \(\pr (x, y) = x\) eine (triviale) Überlagerung.
Sind \(p_i\colon \widetilde {X}_i \rightarrow X_i\) Überlagerungen, dann auch \(\bigsqcup _{i \in I} p_i\colon \bigsqcup _{i \in I} \widetilde {X}_i \rightarrow \bigsqcup _{i \in I} X_i\).

Faser, Blätter:  Für \(x \in X\) heißt \(p^{-1}(x) := p^{-1}(\{x\}) \subset \widetilde {X}\) die Faser über \(x\).
Jede Faser \(p^{-1}(x)\) ist diskret in \(\widetilde {X}\). Die Kardinalität \(|p^{-1}(x)|\) heißt Anzahl der Blätter über \(x\).
Gilt \(|p^{-1}(x)| = k \in \natural \) für alle \(x \in X\), so heißt \(p\) eine \(k\)-blättrige Überlagerung.

Satz (\(p(t) = e^{2\pi \i t}\) ist Überlagerung):
Die Abbildung \(p\colon \real \rightarrow \sphere ^1\), \(p(t) := e^{2\pi \i t}\) ist eine Überlagerung.

Hochhebung:  Seien \(p\colon (\widetilde {X}, \widetilde {x}_0) \rightarrow (X, x_0)\) und \(f\colon (W, w_0) \rightarrow (X, x_0)\) stetige Abbildungen mit gleichem Zielraum. Dann heißt eine stetige Abbildung \(\widetilde {f}\colon (W, w_0) \rightarrow (\widetilde {X}, \widetilde {x}_0)\) Hochhebung von \(f\) bzgl. \(p\), falls \(p \circ \widetilde {f} = f\).

(3.1–3.0) \{begin}{align*} \begin{xy} \xymatrix { & (\widetilde {X}, \widetilde {x}_0) \ar [d]^p \\ (W, w_0) \ar [r]_f \ar @{-->}[ru]^{\widetilde {f}} & (X, x_0) } \end
{xy} \{end}{align*}

Satz (Fundamentalsatz der Überlagerungstheorie): Sei \(p\colon (\widetilde {X}, \widetilde {x}_0) \rightarrow (X, x_0)\) eine Überlagerung.
Dann existiert zu jeder stetigen Abbildung \(f\colon ([0, 1]^n, 0) \rightarrow (X, x_0)\) genau eine Hochhebung \(\widetilde {f}\colon ([0, 1]^n, 0) \rightarrow (\widetilde {X}, \widetilde {x}_0)\).

Bemerkung: Für \(n = 1\) besagt der Satz, dass zu jedem Weg \(\gamma \colon ([0, 1], 0) \rightarrow (X, x_0)\) genau eine Hochhebung \(\widetilde {\gamma }\colon ([0, 1], 0) \rightarrow (\widetilde {X}, \widetilde {x}_0)\) existiert.
Für \(n = 2\) besagt der Satz, dass zu jeder Homotopie \(H\colon ([0, 1]^2, 0) \rightarrow (X, x_0)\) von \(H_0 = \gamma \) nach \(H_1 = \gamma ’\) eine Homotopie \(\widetilde {H}\colon ([0, 1]^2, 0) \rightarrow (\widetilde {X}, \widetilde {x}_0)\) von \(\widetilde {H}_0 = \widetilde {\gamma }\) nach \(\widetilde {H}_1 = \widetilde {\gamma }’\) existiert
(dabei sind \(\gamma , \gamma ’\colon ([0, 1], 0) \rightarrow (X, x_0)\) Wege).

Menge aller Wege, die in einem Punkt beginnen:  Für einen topologischen Raum \(X\) sei \(P(X, x_0) := \bigcup _{x \in X} PX(x_0, x)\) die Menge aller Wege in \(X\), die in \(x_0\) beginnen.
Entsprechend ist \(\Pi (X, x_0) := \bigcup _{x \in X} \Pi X(x_0, x) = P(X, x_0)/\sim \) die Menge aller Äquivalenzklassen von Wegen in \(X\), die in \(x_0\) beginnen.

Satz (induzierte Bijektionen \(p_\sharp \)): Jede Überlagerung \(p\colon (\widetilde {X}, \widetilde {x}_0) \rightarrow (X, x_0)\) induziert Bijektionen \(p_\sharp \colon P(\widetilde {X}, \widetilde {x}_0) \bij P(X, x_0)\), \(\alpha \mapsto p \circ \alpha \) und \(p_\sharp \colon \Pi (\widetilde {X}, \widetilde {x}_0) \bij \Pi (X, x_0)\), \([\alpha ] \mapsto [p \circ \alpha ]\).

Folgerung: \(p_\sharp \colon \pi _1(\widetilde {X}, \widetilde {x}_0) \rightarrow \pi _1(X, x_0)\) ist injektiv.

Fasertransport:  Sei \(p\colon \widetilde {X} \rightarrow X\) eine Überlagerung. Für \(x \in X\) ist \(F_x := p^{-1}(x)\) die Faser über dem Punkt \(x\). Zu jedem Startwert \(\widetilde {x} \in F_x\) und jedem Weg \(\gamma \in PX(x, y)\) existiert genau eine Hochhebung \(\widetilde {\gamma }\colon ([0, 1], 0) \rightarrow (\widetilde {X}, \widetilde {x})\). Der Endpunkt \(\widetilde {y} = \widetilde {\gamma }(1)\) ergibt sich aus dem Startwert \(\widetilde {x}\) und dem Verlauf von \(\gamma \). Man setzt \(\widetilde {x} \cdot \gamma := \widetilde {y}\). Dies ist wohldefiniert auf \([\gamma ]\), d. h. man kann \(\widetilde {x} \cdot [\gamma ] := \widetilde {y}\) schreiben.

Satz (Fasertransport als Funktor):
Jede Überlagerung \(p\colon \widetilde {X} \rightarrow X\) definiert einen Funktor \(F\colon \cat {\Pi X} \rightarrow \cat {Set}\):

  • Jedem Punkt \(x \in X\) wird seine Faser \(F_x = p^{-1}(x)\) zugeordnet.

  • Jedem Morphismus \([\gamma ] \in \Pi X(x, y)\) wird die Abbildung \(F_{[\gamma ]}\colon F_x \rightarrow F_y\), \(\widetilde {x} \mapsto \widetilde {x} \cdot [\gamma ]\) zugeordnet.

  • Es gilt \(\widetilde {x} \cdot [1_x] = \widetilde {x}\) und \((\widetilde {x} \cdot [\alpha ]) \cdot [\beta ] = \widetilde {x} \cdot ([\alpha ] \ast [\beta ])\).

Da jeder Morphismus \([\gamma ] \in \Pi X(x, y)\) in der Kategorie \(\cat {\Pi X}\) invertierbar ist, ist die Abbildung \(F_{[\gamma ]}\colon F_x \rightarrow F_y\) eine Bijektion zwischen den Fasern.

Folgerung: Sei \(p\colon \widetilde {X} \rightarrow X\) eine Überlagerung. Dann operiert die Fundamentalgruppe
\(G := \pi _1(X, x_0)\) auf der Faser \(F := p^{-1}(x_0)\) gemäß \(F \times G \rightarrow F\), \((\widetilde {x}, [\gamma ]) \mapsto \widetilde {x} \cdot [\gamma ]\).

Satz (Fundamentalgruppe der Kreislinie): Die Überlagerung \(p\colon (\real , 0) \rightarrow (\sphere ^1, 1)\) mit \(p(t) = e^{2\pi \i t}\) induziert einen Gruppenisomorphismus \(h\colon \pi _1(\sphere ^1, 1) \rightarrow \integer \) mit \(h([\gamma ]) := 0 \cdot [\gamma ]\).

Quotienten

Operation einer Gruppe:  Seien \(X\) ein topologischer Raum und \(G\) eine Gruppe.
Eine (Links-)Operation von \(G\) auf \(X\) ist eine Abbildung \(\varphi \colon G \times X \rightarrow X\), \((g, x) \mapsto g \cdot x = gx\), sodass \(1x = x\) und \((gh)x = g(hx)\) für alle \(g, h \in G\) und \(x \in X\) gilt.
Analog sind Rechts-Operationen \(\varphi \colon X \times G \rightarrow X\) definiert.
Eine Operation heißt stetig, falls \(\varphi _g\colon X \rightarrow X\), \(x \mapsto xg\) stetig ist für alle \(g \in G\).

Bahn:  Für \(x \in X\) heißt \(Gx := \{gx \;|\; g \in G\}\) die Bahn von \(x\) unter der Operation von \(G\). Zwei Bahnen sind entweder gleich oder disjunkt. Die Quotientenmenge ist \(X/G := \{Gx \;|\; x \in X\}\) mit der Quotientenabbildung \(q\colon X \rightarrow X/G\), \(x \mapsto Gx\). Die Quotiententopologie macht \(X/G\) zu einem topologischen Raum und \(q\) zu einer stetigen Abbildung.

freie (diskontinuierliche) Operation:  Sei \(\varphi \colon G \times X \rightarrow X\) eine Operation.
\(\varphi \) heißt frei, falls \(gx \not = x\) für jeden Punkt \(x \in X\) und alle \(g \in G\) mit \(g \not = 1\).
\(\varphi \) heißt frei diskontinuierlich, falls jeder Punkt \(x \in X\) eine offene Umgebung \(U \subset X\) besitzt, sodass \(U \cap gU = \emptyset \) für alle \(g \in G\) mit \(g \not = 1\).

Beispiel: \((\integer , +)\) operiert auf \(\real \) durch \(\integer \times \real \rightarrow \real \), \((k, x) \mapsto k + x\) (Translation). Diese Operation ist frei diskontinuierlich. Analog operiert \((\integer ^n, +)\) auf \(\real ^n\) durch \(\integer ^n \times \real ^n \rightarrow \real ^n\), \((k, x) \mapsto k + x\).
Der Quotient \(q\colon \sphere ^n \rightarrow \real \projective ^n = \sphere ^n/\{\pm 1\}\) entsteht durch die Operation \({\pm 1} \times \sphere ^n \rightarrow \sphere ^n\), \((g, x) \mapsto gx\) (Punktspiegelung am Ursprung im \(\real ^{n+1}\)). Die Operation ist frei diskontinuierlich.
Die nicht-orientierbaren Flächen \(F_g^- = F_g^+/\{\pm 1\}\) entstehen ebenso als Quotienten aus den orientierbaren Flächen \(F_g^+\).
Sei \(a \in \real \setminus \rational \) und \(\xi := e^{2\pi \i a}\). Dann ist \(\integer \times \sphere ^1 \rightarrow \sphere ^1\), \((k, x) \mapsto \xi ^k x\) eine freie Operation, aber nicht frei diskontinuierlich.

Satz (Homomorphismus durch Fasertransport): Sei \(G \times \widetilde {X} \rightarrow \widetilde {X}\) eine stetige, freie diskontinuierliche Operation einer Gruppe \(G\) auf einem topologischen Raum \(\widetilde {X}\). Dann gilt:

  • Die Quotientenabbildung \(q\colon \widetilde {X} \rightarrow X := \widetilde {X}/G\) ist eine Überlagerung.

  • Die Operation von \(G\) kommutiert mit dem Fasertransport durch \(\cat {\Pi X}\), d. h.
    \((g \cdot \widetilde {x}) \cdot [\gamma ] = g \cdot (\widetilde {x} \cdot [\gamma ])\) für alle \(g \in G\), \([\gamma ] \in \Pi (X, x)\) und \(\widetilde {x} \in q^{-1}(x)\).

  • Für jeden Basispunkt \(\widetilde {x}_0 \in \widetilde {X}\) und \(x_0 := q(\widetilde {x}_0)\) existiert der Gruppenhomomorphismus \(h\colon \pi _1(X, x_0) \rightarrow G\) mit \(h([\alpha ]) \cdot \widetilde {x}_0 = \widetilde {x}_0 \cdot [\alpha ]\).

  • Ist \(\widetilde {X}\) wegzusammenhängend, dann ist \(h\) surjektiv.
    Allgemein gilt \(\im (h) = \{g \in G \;|\; \widetilde {x}_0 \text { und } g \cdot \widetilde {x}_0 \text { sind in } \widetilde {X} \text { verbindbar}\}\).

  • Ist \(\widetilde {X}\) einfach zusammenhängend, dann ist \(h\) bijektiv.
    Allgemein gilt \(\ker (h) = q_\sharp (\pi _1(\widetilde {X}, \widetilde {x}_0))\).

Hochhebungen

Satz (Eindeutigkeit von Hochhebungen auf wegzush. Räumen):
Sei \(p\colon (\widetilde {X}, \widetilde {x}_0) \rightarrow (X, x_0)\) eine Überlagerung. Ist \((W, w_0)\) wegzusammenhängend, dann existiert zu jeder stetigen Abbildung \(f\colon (W, w_0) \rightarrow (X, x_0)\) höchstens eine Hochhebung
\(\widetilde {f}\colon (W, w_0) \rightarrow (\widetilde {X}, \widetilde {x}_0)\).

Satz (Existenz von Hochhebungen auf wegzush. und lokal wegzush. Räumen):
Seien \(p\colon (\widetilde {X}, \widetilde {x}_0) \rightarrow (X, x_0)\) eine Überlagerung und \((W, w_0)\) ein wegzusammenhängender und lokal wegzusammenhängender Raum. Dann erlaubt eine stetige Abbildung \(f\colon (W, w_0) \rightarrow (X, x_0)\) eine Hochhebung \(\widetilde {f}\colon (W, w_0) \rightarrow (\widetilde {X}, \widetilde {x}_0)\) genau dann, wenn \(f_\sharp (\pi _1(W, w_0)) \subset p_\sharp (\pi _1(\widetilde {X}, \widetilde {x}_0))\).
(In diesem Fall ist die Hochhebung gemäß obigem Satz eindeutig.)

Decktransformationen und normale Überlagerungen

Automorphismus:  Sei \(p\colon \widetilde {X} \rightarrow X\) eine Überlagerung. Ein Homöomorphismus \(f\colon \widetilde {X} \homoe \widetilde {X}\) mit \(p \circ f = p\) heißt Automorphismus oder Decktransformation der Überlagerung \(p\). Die Menge \(\Aut (p) := \{g\colon \widetilde {X} \homoe \widetilde {X} \;|\; p \circ g = p\}\) heißt Automorphismengruppe der Überlagerung \(p\).

Beispiel: Für die Überlagerung \(p\colon \real \rightarrow \sphere ^1\) mit \(p(t) = e^{2\pi \i t}\) ist die Translation \(\tau \colon \real \rightarrow \real \) mit \(\tau (x) = x + 1\) eine Decktransformation. Es gilt \(\Aut (p) = \aufspann {\tau } \cong \integer \).
Für die Überlagerung \(p\colon \sphere ^1 \rightarrow \sphere ^1\) mit \(p(z) = z^k\) ist die Rotation \(\rho \colon \sphere ^1 \rightarrow \sphere ^1\) mit \(\rho (z) = e^{2\pi \i /k} z\) eine Decktransformation. Es gilt \(\Aut (p) = \aufspann {\rho } \cong \integer /k\).

Satz (Automorphismengruppe): Sei \(\widetilde {X}\) wegzusammenhängend und \(G < \Homeo (\widetilde {X})\) operiere frei diskontinuierlich auf \(\widetilde {X}\). Für die Überlagerung \(q\colon \widetilde {X} \rightarrow X := \widetilde {X}/G\) gilt dann \(\Aut (q) = G\).

Satz (Transitivität der Decktransformationsgruppe): Sei \(p\colon \widetilde {X} \rightarrow X\) eine wegzusammenhängende Überlagerung (d. h. \(\widetilde {X}\) und \(X\) sind wegzusammenhängend). Dann gilt:

  • Die Automorphismengruppe \(\Aut (p)\) operiert frei diskontinuierlich auf \(\widetilde {X}\).

  • Operiert \(\Aut (p)\) transitiv auf einer Faser, dann operiert \(\Aut (p)\) transitiv auf jeder Faser und \(p\) ist homöomorph zum Quotienten \(q\colon \widetilde {X} \rightarrow \widetilde {X}/\Aut (p)\).

normale Überlagerung:  Eine Überlagerung \(p\colon \widetilde {X} \rightarrow X\) heißt normal oder galoisch, falls \(\widetilde {X}\) wegzusammenhängend ist und \(\Aut (p)\) transitiv auf jeder Faser operiert.

Beispiel: \(p\colon \real \rightarrow \sphere ^1\) mit \(p(t) = e^{2\pi \i t}\) ist eine normale Überlagerung.
Jede zweiblättrige, wegzusammenhängende Überlagerung \(p\colon \widetilde {X} \rightarrow X\) ist normal.

Satz (Kriterium für Normalität): Sei \(p\colon (\widetilde {X}, \widetilde {x}_0) \rightarrow (X, x_0)\) eine Überlagerung wegzusammenhängender und lokal wegzusammenhängender Räume \(\widetilde {X}\) und \(X\).
Dann ist \(p\) normal genau dann, wenn die Untergruppe \(p_\sharp (\pi _1(\widetilde {X}, \widetilde {x}_0))\) in \(\pi _1(X, x_0)\) normal ist.

Galois-Korrespondenz

Kategorie der wegzush. Überlagerungen: 
Sei \((X, x_0)\) wegzusammenhängend und lokal wegzusammenhängend.
Die wegzusammenhängenden Überlagerungen bilden eine Kategorie \(\cat {Cor(X, x_0)}\):

  • Die Objekte sind die wegzusammenhängenden Überlagerungen \(p\colon (Y, y_0) \rightarrow (X, x_0)\).

  • Die Morphismen zwischen wegzusammenhängenden Überlagerungen
    \(p\colon (Y, y_0) \rightarrow (X, x_0)\) und \(q\colon (Z, z_0) \rightarrow (X, x_0)\) sind die stetigen Abbildungen \(f\colon (Y, y_0) \rightarrow (Z, z_0)\) mit \(q \circ f = p\).

  • Die Komposition ist die für stetige Abbildungen übliche.

Bemerkung: Aufgrund der Eindeutigkeit von Hochhebungen enthält jede Morphismenmenge \(\Mor (p, q)\) höchstens ein Element. Im Falle \(\Mor (p, q) \not = \emptyset \) schreibt man kurz \(f\colon p \rightarrow q\) oder \(p \rightarrow q\). Dies definiert eine Ordnung auf \(\cat {Cor(X, x_0)}\), denn es gilt \(p \rightarrow p\) (durch die Identität), aus \(p \rightarrow q\) und \(q \rightarrow r\) folgt \(p \rightarrow r\) (durch die Komposition) und aus \(p \rightarrow q\) und \(q \rightarrow p\) folgt \(p \cong q\).

Beispiel: Über der Kreislinie \((\sphere ^1, 1)\) gibt es die Überlagerungen \(p_0\colon (\real , 0) \rightarrow (\sphere ^1, 1)\) mit
\(p_0(t) = e^{2\pi \i t}\) und \(p_k\colon (\sphere ^1, 1) \rightarrow (\sphere ^1, 1)\) mit \(p_k(z) = z^k\) für \(k \in \integer \), \(k \not = 0\).
Es gilt \(p_0 \rightarrow p_k\) für alle \(k \in \integer \), \(k \not = 0\).
Für \(k, \ell \in \integer \) gilt \(p_k \rightarrow p_\ell \) genau dann, wenn \(\ell \;|\; k\). Genauer: Aus \(k = m\ell \) folgt \(z^k = z^{m\ell } = (z^m)^{\ell }\).

Satz (Faktorisierung von Überlagerungen): Seien \(X\) lokal wegzusammenhängend, \(r\colon Y \rightarrow Z\) und \(q\colon Z \rightarrow X\) stetige, surjektive Abbildungen sowie \(p := q \circ r\colon Y \rightarrow X\) ihre Komposition.

  • Sind \(p\) und \(q\) Überlagerungen, dann auch \(r\).

  • Sind \(p\) und \(r\) Überlagerungen, dann auch \(q\).

Bemerkung: Im Allgemeinen ist \(p = q \circ r\) keine Überlagerung, wenn \(q\) und \(r\) Überlagerungen sind.

Folgerung: Sei \(X\) wegzusammenhängend und lokal wegzusammenhängend,
\(p\colon (Y, y_0) \rightarrow (X, x_0)\) und \(q\colon (Z, z_0) \rightarrow (X, x_0)\) wegzusammenhängende Überlagerungen sowie \(K := p_\sharp (\pi _1(Y, y_0))\) und \(H := q_\sharp (\pi _1(Z, z_0))\) die zugehörigen Untergruppen in \(\pi _1(X, x_0)\).

  • Ein Morphismus \(f\colon p \rightarrow q\) existiert genau dann, wenn \(K < H\) gilt.
    In diesem Fall ist \(f\) eine Überlagerung mit Blätterzahl gleich dem Index von \(K\) in \(H\).

  • Die Überlagerugn \(f\colon p \rightarrow q\) ist normal genau dann, wenn \(K \vartriangleleft H\) gilt.
    In diesem Fall gibt es einen Gruppenisomorphismus, sodass \(\Aut (f) \cong H/K\).

Satz (Galois-Korrespondenz): Sei \(X\) wegzusammenhängend und lokal wegzusammenhängend, \(p\colon (Y, y_0) \rightarrow (X, x_0)\) eine normale Überlagerung und \(K := p_\sharp (\pi _1(Y, y_0))\) die zugehörige normale Untergruppe in der Fundamentalgruppe \(G := \pi _1(X, x_0)\). Dann gibt es folgende Korrespondenz von wegzusammenhängenden Überlagerungen und Untergruppen:

  • Zu jeder Zwischenüberlagerung \(q\colon (Z, z_0) \rightarrow (X, x_0)\) mit \(p \rightarrow q\) gehört die Zwischengruppe \(H := q_\sharp (\pi _1(Z, z_0))\) mit \(K < H < G\).

  • Zu jeder Zwischengruppe \(H\) mit \(K < H < G\) gehört eine (bis auf Homöomorphie eindeutige) Zwischenüberlagerung \(q\colon (Z, z_0) \rightarrow (X, x_0)\) mit \(q_\sharp (\pi _1(Z, z_0)) = H\).

Universelle Überlagerung

universelle Überlagerung:  Sei \(X\) wegzusammenhängend und lokal wegzusammenhängend. Eine Überlagerung \(p\colon (\widetilde {X}, \widetilde {x}_0) \rightarrow (X, x_0)\) heißt universell, falls \(\widetilde {X}\) einfach zusammenhängend ist.

Bemerkung: In diesem Fall ist auch \(p\colon (\widetilde {X}, \widetilde {x}) \rightarrow (X, x)\) für alle \(\widetilde {x} \in \widetilde {X}\) und \(x := p(\widetilde {x})\) eine universelle Überlagerung.

Satz (notwendige Bedingung): Ist \(p\colon \widetilde {X} \rightarrow X\) eine universelle Überlagerung, dann existiert zu jedem \(x \in X\) eine offene Umgebung \(U \subset X\), sodass \(\iota \colon (U, x) \rightarrow (X, x)\) den trivialen Homomorphismus \(\iota _\sharp \colon \pi _1(U, x) \rightarrow \pi _1(X, x)\) induziert.

semilokal einfach zusammenhängend:  Ein topologischer Raum \(X\) heißt semilokal einfach zusammenhängend in \(x \in X\), falls eine Umgebung \(U \subset X\) von \(x\) in \(X\) existiert, sodass jede Schleife in \((U, x)\) in \((X, x)\) zusammenziehbar ist. Äquivalent dazu ist, dass die Inklusion \(\iota \colon (U, x) \rightarrow (X, x)\) den trivialen Homomorphismus \(\iota _\sharp \colon \pi _1(U, x) \rightarrow \pi _1(X, x)\) induziert.

Beispiel: Der Hawaiianische Ohrring \(W := \bigcup _{n \in \natural } \frac {1}{n} (\sphere ^1 - 1)\) ist wegzusammenhängend und lokal wegzusammenhängend, aber nicht semilokal einfach zusammenhängend.
Der Hawaiianische Kegel \(CW\) ist semilokal einfach zusammenhängend, aber nicht lokal einfach zusammenhängend.

Satz (Konstruktion der universellen Überlagerung): Sei \(X\) wegzusammenhängend und lokal wegzusammenhängend. Eine universelle Überlagerung \(p\colon (\widetilde {X}, \widetilde {x}_0) \rightarrow (X, x_0)\) existiert genau dann, wenn \(X\) semilokal einfach zusammenhängend ist.