Einleitung

Die Methode der finiten Elemente (FE) ist eine Methode zur numerischen Lösung von partiellen Differentialgleichungen. Angenommen, es sei ein Gebiet \(D\) (meistens Teilmenge des \(\real ^2\) oder \(\real ^3\)) und ein Differentialoperator \(L\) gegeben. Gesucht ist eine Funktion \(u\) auf \(\overline {D}\), sodass \(Lu = f\) auf \(D\) und \(u = 0\) auf \(\partial D\). Ein Beispiel für \(L\) im zweidimensionalen Fall wäre der Laplace-Operator \(L = -\Delta = -\partial _x^2 - \partial _y^2\). Man kann zeigen, dass äquivalent zu einer Lösung die Minimierung des Funktionals \(\Q (u) = \frac {1}{2} \int \norm {\grad u}^2 - \int fu\) ist.

Bei der FE-Methode approximiert man die meistens nicht analytisch darstellbare Lösung \(u\) als Linearkombination \(u_h = \sum _k u_k B_k\) von Basisfunktionen \(B_k\), den finiten Elementen, eines „einfachen“ Vektorraums, die auf dem Rand \(\partial D\) von \(D\) verschwinden – eine solche Approximation erfüllt also automatisch die homogene Randbedingung. Die Idee der FE-Methode ist es, statt \(\Q (u)\) eher \(\Q (u_h)\) über die Koeffizienten \(c_k\) zu minimieren, äquivalent ist \(\int (Lu_h - f) B_k = 0\). Die Kollokationsmethode, eine andere Methode, konstruiert dagegen \(u_h\), sodass \((Lu_h - f)(x_\ell ) = 0\) ist für Punkte \(x_\ell \in D\).

Es gibt im Wesentlichen zwei Schwierigkeiten, die verhindern, als Basis des Vektorraums B-Splines zu verwenden:

  • Einfache Randbedingungen können nicht einfach modelliert werden. Wenn zum Beispiel eine Linearkombination von B-Splines \(p = \sum _k u_k b_k\) auf dem Rand \(\partial D\) eines Gebiets \(D\) verschwinden soll, müssen i. A. alle Koeffizienten \(u_k\) von B-Splines mit einem Träger, der \(\partial D\) schneidet, gleich null sein. Daher wäre \(p\) auf einem größeren Streifen nahe des Randes gleich null, was in einer sehr geringen Approximationsordnung für Lösungen von DGLs mit Dirichlet-Randbedingungen resultiert.

  • Die eingeschränkte B-Spline-Basis ist nicht gleichmäßig stabil. Die Basis enthält nämlich B-Splines, deren Träger einen sehr kleinen Schnitt mit dem Gebiet \(D\) hat. Die \(L^2\)-Norm aller B-Splines auf einem uniformen Gitter ist jedoch gleich, was zu exzessiv großen Konditionen von FE-Systemen und daher zu extrem langsamer Konvergenz von iterativen Methoden führt.

Beide Schwierigkeiten können jedoch überwunden werden. Das erste Problem kann einfach gelöst werden, indem die Basisfunktionen \(b_k\) mit einer Gewichtsfunktion \(w\) multipliziert werden, man erhält also gewichtete B-Splines \(w b_k\). Wenn \(w\) auf dem Rand verschwindet (für homogene Randbedingungen), dann natürlich auch \(w b_k\). Für einen Kreis wäre z. B. eine angemessene Gewichtsfunktion \(w(x, y) := 1 - x^2 - y^2\). Das zweite Problem ist subtiler, man kann jedoch eine gut konditionierte Basis erhalten, indem man bestimmte Linearkombinationen \(b_i + \sum _{j \in J(i)} e_{i,j} b_j\), \(i \in I\), bildet.

Wenn man beide Lösungen kombiniert, erhölt man die gewichteten erweiterten B-Splines
(WEB-Splines)
. Diese Basisfunktionen besitzen die Vorteile von normalen finiten Elementen. Zusätzlich gibt es eine Reihe von algorithmischen Vorteilen von B-Spline-Basen:

  • Keine Netzgenerierung ist erforderlich.

  • Das uniforme Gitter eignet sich ideal für Parallelisierung und Mehrgitter-Techniken.

  • Genaue Approximationen sind mit relativ niedrig-dimensionalen Unterräumen möglich.

  • Glattheit und Approximationsordnung können beliebig gewählt werden.

  • Hierarchische Basen erlauben adaptive Verfeinerung.

Modellproblem

Betrachtet man das Problem der elastischen Membran, bei der eine Membran, auf die eine vertikale Kraft wirkt, am Rand fest eingespannt ist, so kann man die resultierende Verformung \(u(x_1, x_2)\) durch die sogenannte Poisson-Gleichung relativ genau modellieren, wenn \(u\) klein ist.

Poisson-Gleichung: Die Poisson-Gleichung mit homogenen Randbedingungen lautet für ein Gebiet \(D \subset \real ^m\)

\begin{align*} -\Delta u = f \text { in } D,\quad u = 0 \text { auf } \partial D. \end{align*}

klassische Lösung: Eine klassische Lösung der Poisson-Gleichung ist eine Funktion \(u\), die zweifach stetig diffb. in \(D\) und stetig auf \(\overline {D}\) ist, sodass \(-\Delta u = f\) in \(D\) und \(u = 0\) auf \(\partial D\) gilt.

schwache Lösung: Eine schwache Lösung ist eine Funktion \(u\), sodass

\begin{align*} \forall _{v \in H_0^1(D)}\; \int _D \grad u \grad v = \int _D fv. \end{align*} Äquivalent dazu ist, dass \(\Q (u) = \min _{v \in H_0^1(D)} \Q (v)\) mit

\begin{align*} \Q (v) := \frac {1}{2} \int _D \norm {\grad v}^2 - \int _D fv. \end{align*} Jede klassische Lösung ist auch eine schwache Lösung.

\(H_0^1(D)\) wird noch genau zu definieren sein. Zu diesem Zeitpunkt reicht es aus, dass es sich um den Raum aller Funktionen \(u\) mit \(u = 0\) auf \(\partial D\) und \(u, u_x, u_y\) quadrat-integrierbar handelt.

Dass klassische Lösungen auch schwache Lösungen sind, zeigt man durch Multiplikation mit \(v\) und anschließender partieller Integration.

mehrdimensionale partielle Integration: Im Eindimensionalen lautet der Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung \(\int _a^b u’ = [u]_a^b\). Im Mehrdimensionalen gibt es eine ähnliche Formel für Gebiete \(D\) mit dem Einheitsnormalenvektor \(\xi \):

\begin{align*} \int _D \partial _\nu u = \int _{\partial D} \xi _\nu u. \end{align*}
Setzt man \(uv\) ein, so erhält man die Formel \(\int _D \partial _\nu (uv) = \int _D (\partial _\nu u) v + \int _D u (\partial _\nu v) = \int _{\partial D} \xi _\nu uv\), d. h.

\begin{align*} \int _D (\partial _\nu u) v = -\int _D u (\partial _\nu v) + \int _{\partial D} \xi _\nu uv. \end{align*} Damit ergibt sich \(-\int _D (\Delta u) v = -\int _D \left (\sum _\nu \partial _\nu \partial _\nu u\right ) v = -\sum _\nu \int _D (\partial _\nu (\partial _\nu u)) v\)
\(= -\sum _\nu \left (-\int _D (\partial _\nu u) (\partial _\nu v) + \int _{\partial D} \xi _\nu (\partial _\nu u) v\right ) = \int _D \grad u \grad v - \int _{\partial D} \xi (\grad u) v\).
Weil \(\xi (\grad u) = \frac {\partial u}{\partial \xi }\) ist, gilt also die Formel

\begin{align*} -\int _D (\Delta u) v = \int _D \grad u \grad v - \int _{\partial D} \frac {\partial u}{\partial \xi } v, \end{align*} ein Spezialfall des Satzes von Stokes oder des Satzes von Gauß für den Laplace-Operator.

Wenn man für die Poisson-Gleichung \(\Q (\sum _i u_i B_i)\) ausrechnet, erhält man die quadratische Form

\begin{align*} \Q (u_h) = \frac {1}{2} UGU - FU, \end{align*} die minimal wird genau dann, wenn \(GU = F\).

Ritz-Galerkin-Approximation des Poisson-Problems:
Die Koeffizienten einer Standard-FE-Approximation \(u_h = \sum _i u_i B_i\) mit \(B_i|_{\partial D} = 0\) für das Randwertproblem \(-\Delta u = f\), \(u|_{\partial D} = 0\), werden durch das lineare Gleichungssystem \(GU = F\) bestimmt mit

\begin{align*} g_{k,i} := \int _D \grad B_i \grad B_k,\quad f_k := \int _D f B_k. \end{align*}

Sturm-Liouville-Problem: Das Poisson-Problem lässt sich auf verschiedene Arten verallgemeinern. Eine eindimensionale Verallgemeinerung ist das Sturm-Liouville-Problem
\(-(au’)’ + \alpha u = f\), \(u(0) = u(1) = 0\). Durch partielle Integration erhält man die schwache Formulierung \(\int _0^1 (au’v’ + \alpha uv) = \int _0^1 fv\), \(v(0) = v(1) = 0\). Das äquivalente Variationsproblem lautet \(\Q (u) := \frac {1}{2} \int _0^1 (a|u’|^2 + \alpha u^2) - \int _0^1 fu \rightarrow \min \).
Durch Einsetzen der FE-Approximation \(u \approx u_h = \sum _k u_k B_k\) erhält man das Ritz-Galerkin-System \(GU = F\) mit \(g_{k,i} := \int _0^1 (a B_k’ B_i’ + \alpha B_k B_i)\) und \(f_k := \int _0^1 f B_k\).

homogene Randbedingungen sind keine Einschränkung: Dass wir hier und im Folgenden nur von homogenen Randbedingungen ausgehen, bedeutet keine Einschränkung der Allgemeinheit. Bei inhomogenen Randbedingungen mit rechter Seite \(g\) reduzieren wir \(u\) durch \(u = \widetilde {u} + g_E\) auf eine homogene Form, wobei \(g_E\) eine Fortsetzung von \(g\) auf \(\overline {D}\) darstellt. Eine Lösung \(\widetilde {u}\), die homogene Randbedingungen erfüllt, induziert eine Lösung \(u\), die die inhomogenen Randbedingungen mit \(g\) als rechter Seite erfüllt.

Netzbasierte Elemente

Meistens sind finite Elemente auf einem Netz definiert, d. h. eine Unterteilung des Gebietes \(D\) in Dreiecke, Vierecke, Tetraeder, Hexaeder usw. Dreiecke und Tetraeder werden für die meisten Anwendungen bevorzugt, weil sie leicht an kompliziertere Ränder angepasst werden können.

Die einfachste FE-Basis auf einem triangulierten zweidimensionalen Gebiet ist die Menge der Hutfunktionen.

Hut-Funktion: Eine Hut-Funktion \(B_i\) ist linear, gleich \(1\) an einem innerem Knoten \(x_i\) und verschwindet auf allen Dreiecken \(\tau \), die nicht \(x_i\) enthalten.

Der Graph der Hut-Funktion ist eine Pyramide mit einem sternförmigen Träger. Für diese einfache Basisfunktion fallen die Koeffizienten \(u_i\) einer Approximation \(u_h = \sum _i u_i B_i\) mit den Werten \(u_h(x_i)\) zusammen.

Die Ritz-Galerkin-Approximation des Poisson-Problems lässt sich mit Hut-Funktionen einfach errechnen. Das LGS \(GU = F\) wird durch Summation der Beiträge jedes Dreiecks \(\tau \) der Triangulierung assembliert, d. h.

\begin{align*} g_{k,i} = \sum _\tau \int _\tau \grad B_i \grad B_k,\quad f_k = \sum _\tau \int _\tau f B_k. \end{align*} Die Gradienten im ersten Integral sind konstant und können durch Transformation der Hut-Funktionen zu einem Standard-Referenzdreieck berechnet werden. Für die Einträge der rechten Seite \(F\) wird numerische Integration benutzt. Wegen des kleinen Trägers der Hut-Funktionen ist die Matrix \(G\) dünn besetzt, daher kann das Ritz-Galerkin-System effizient mit iterativen Methoden gelöst werden.

Sobolev-Räume

Durch das Poisson-Problem auf dem Einheitsquadrat kann man die Verwendung der sog. Sobolev-Räume motivieren. Sobolev-Räume lassen sich auch auf \(p\)-integrierbare Ableitungen verallgemeinern.

Sobolev-Raum: Der Sobolev-Raum \(H^\ell (D)\) besteht aus allen Funktionen \(u\), für die die partiellen Ableitungen der Ordnung \(\le \ell \)

\begin{align*} \partial ^\alpha u := \partial _1^{\alpha _1} \dotsm \partial _m^{\alpha _m} u,\quad |\alpha | := \alpha _1 + \dotsb + \alpha _m \le \ell , \end{align*} quadrat-integrierbar sind. \(H^\ell (D)\) ist ein Hilbertraum mit dem Skalarprodukt

\begin{align*} \innerproduct {u, v}_\ell := \sum _{|\alpha | \le \ell } \int _D \partial ^\alpha u \partial ^\alpha v. \end{align*} Zusätzlich zur induzierten Norm \(\norm {u}_\ell := \sqrt {\innerproduct {u, u}_\ell } = \left (\sum _{|\alpha | \le \ell } \int _D \norm {\partial ^\alpha u}^2\right )^{1/2}\) ist die Standard-Halbnorm auf \(H^\ell (D)\) definiert durch

\begin{align*} |u|_\ell := \left (\sum _{|\alpha | = \ell } \int _D \norm {\partial ^\alpha u}^2\right )^{1/2}, \end{align*} d. h. nur Ableitungen der höchsten Ordnung werden berücksichtigt.

Die Ableitungen in der Definition des Sobolev-Raums sind schwache Ableitungen.

schwache Ableitung:
Eine integrierbare Funktion \(\partial ^\alpha u\) heißt schwache Ableitung von \(u\) auf einem Gebiet \(D\), falls

\begin{align*} \int _D (\partial ^\alpha u) \varphi = (-1)^{|\alpha |} \int _D u (\partial ^\alpha \varphi ) \end{align*} für alle glatten Funktionen \(\varphi \) mit kompaktem Träger in \(D\).

Es ist klar, dass die Formel für glatte Funktionen \(u\) offensichtlich erfüllt ist (partielle Integration). Daher ist der Begriff der schwachen Ableitung eine Verallgemeinerung der bekannten Ableitungsdefinition mittels Differenzenquotienten.

Beispiel: Als Beispiel betrachtet man die Funktion \(u\colon D \rightarrow \real \), \(u(x) = r^p\) mit
\(r = \norm {x} = \sqrt {x_1^2 + \dotsb + x_m^2}\) und \(p \not = 0\) auf \(D = \{x \in \real ^m \;|\; \norm {x} < 1\}\).
Zunächst schaut man, für welche \(p\) die Funktion \(u\) integrierbar ist. Dazu benutzt man Polarkoordinaten: \(\int _D |u(x)|\dx = \int _0^1 r^p \cdot c r^{m-1} \dr = c \int _0^1 r^{p+m-1} \dr \), da für winkelunabhängige Funktionen \(\dx _1 \dotsb \dx _m = c r^{m-1} \dr \) gilt (für \(m = 2\) ist z. B. \(c = 2\pi \) und für \(m = 3\) ist \(c = 4\pi \)). Dieses Integral konvergiert genau dann, wenn \(p + m - 1 > -1\) ist, d. h. \(u\) ist integrierbar genau dann, wenn \(p > -m\).
Mit der partiellen Ableitung \(\partial _\nu r = \frac {1}{2} r^{-1} (2x_\nu ) = \frac {x_\nu }{r}\). von \(r\) erhält man die partielle Ableitung \(\partial _\nu u = p r^{p-1} \frac {x_\nu }{r} = pr^{p-2}x_\nu \) von \(u(x)\). Diese schwache Ableitung ist für \(p > 1 - m\) integrierbar, da \(|\partial _\nu u| \le cr^{p-1}\).
Damit können wir die \(H^1(D)\)-Norm von \(u\) ausrechnen, um zu überprüfen, ob \(u \in H^1(D)\) gilt: \(\norm {u}_1^2 = \int _D |u|^2 + \sum _{\nu =1}^m \int _D |\partial _\nu u|^2 = c \int _0^1 \left (r^{2p} + p^2 r^{2p-2}\right ) r^{m-1} \dr \). Daher gilt \(u \in H^1(D)\) für \(p > 1 - m/2\). Für \(m > 2\) sind negative Exponenten möglich, daher können Funktionen mit quadrat-integrierbaren Ableitungen sogar unbeschränkt sein.

Sobolev-Räume mit Randbedingungen: Der Unterraum \(H_0^\ell (D) \subset H^\ell (D)\) besteht aus allen Funktionen, die auf \(\partial D\) verschwinden. \(H_0^\ell (D)\) ist der Abschluss der Menge der glatten Funktionen mit kompakten Träger in \(D\) bezüglich der Norm \(\norm {\cdot }_\ell \).

Zusatz: Benötigte Definitionen und Ungleichungen

Für die folgenden Abschnitte werden ein paar zusätzliche Definitionen und Ungleichungen benötigt.

Cauchy-Schwarz-Ungleichung:
Wenn \(\norm {u} = \sqrt {\innerproduct {u, u}}\) eine von einem Skalarprodukt induzierte Norm ist, dann gilt

\begin{align*} |\innerproduct {u, v}| \le \norm {u} \cdot \norm {v}, \end{align*} wobei Gleichheit gilt genau dann, wenn \(u\) und \(v\) linear abhängig sind.

Bilinearform: Eine Bilinearform \(a(\cdot , \cdot )\) auf einem Vektorraum ist linear in jeder Variable, d. h.

\begin{align*} a(r_1 u_1 + r_2 u_2, s_1 v_1 + s_2 v_2) = \sum _{\nu ,\mu =1}^2 r_\nu s_\mu a(u_\nu , v_\mu ) \end{align*} für alle Vektoren \(u_\nu , v_\mu \) und Skalare \(r_\nu \), \(s_\mu \). Wenn \(a\) symmetrisch ist und \(a(u, u) > 0\) für alle \(u \not = 0\), dann induziert \(a\) ein Skalarprodukt \(\innerproduct {u, v}_a := a(u, v)\) und \(\norm {u}_a := \sqrt {a(u, u)}\) ist eine Norm.

Hilbertraum: Ein Hilbertraum \(H\) ist ein vollständiger Vektorraum mit einer Norm \(\norm {\cdot }\), die durch ein Skalarprodukt \(\innerproduct {\cdot , \cdot }\) induziert wird.

Seien \(H\) ein Hilbertraum und \(V \subset H\) ein abgeschlossener Unterraum. Dann gibt es für jedes \(u \in H\) genau ein \(v_\ast \in V\) mit

\begin{align*} \norm {u - v_\ast } = \inf _{v \in V} \norm {u - v}. \end{align*} \(v_\ast \in V\) ist bestimmt durch die Orthogonalitätsbedingung

\begin{align*} \forall _{v \in V}\; \innerproduct {u - v_\ast , v} = 0. \end{align*}

rieszscher Darstellungssatz:
Jedes beschränkte, lineare Funktional \(\lambda \) auf einem Hilbertraum \(H\) kann in der Form

\begin{align*} \lambda (u) = \innerproduct {\R \lambda , u} \end{align*} dargestellt werden, wobei \(\R \) eine Isometrie auf \(H\) ist, d. h. ein bijektiver, linearer Operator mit \(\norm {\R \lambda } = \norm {\lambda }\).

Spuroperator:
Die Beschränkung auf den Rand ist ein beschränkter Operator von \(H^1(D)\) nach \(L^2(\partial D)\).

Poincaré-Friedrichs-Ungleichung: Wenn \(u\) auf einer Teilmenge \(\Gamma \subset \partial D\) des Randes von \(D\) verschwindet, die positives \((m - 1)\)-dimensionales Maß besitzt, dann gilt

\begin{align*} |u|_0 \le \const (D, \Gamma ) \cdot |u|_1. \end{align*}

Abstrakte Variationsprobleme

abstraktes Randwertproblem: Ein abstraktes Randwertproblem kann in der Form

\begin{align*} \L u = f \text { in } D,\quad \B u = 0 \text { auf } \partial D \end{align*} geschrieben werden, wobei \(\L \) ein Differentialoperator und \(\B \) ein Randoperator ist. Wenn man die Randbedingungen in einen Hilbertraum \(H\) einbaut, erlaubt die Differentialgleichung überlicherweise eine Variationsformulierung

\begin{align*} \forall _{v \in H}\; a(u, v) = \lambda (v) \end{align*} mit einer Bilinearform \(a\) und einem linearen Funktional \(\lambda \).

Ritz-Galerkin-Approximation:
Die Ritz-Galerkin-Approximation \(u_h = \sum _i u_i B_i \in \BB _h \subset H\) des Variationsproblems
\(\forall _{v \in H}\; a(u, v) = \lambda (v)\) ist bestimmt durch das LGS \(GU = F\):

\begin{align*} \sum _i a(B_i, B_k) u_i = \lambda (B_k). \end{align*}

Beispiel: Für das Modellproblem \(-\Delta u = f\) in \(D\) mit \(u = 0\) auf \(\partial D\) lauten die Differential- und Randoperatoren \(\L = -\Delta \) und \(\B u = u\). Die Bilinearform ist \(a(u, v) = \int _D \grad u \grad v\) und das lineare Funktional ist \(\lambda (v) = \int _D fv\). Der Hilbertraum ist \(H = H_0^1(D)\) und der FE-Teilraum \(\BB _h\) könnte z. B. der Raum aller stückweise linearen Funktionen auf einer Triangulierung von \(D\) sein.

Elliptizität: Eine Bilinearform \(a\) auf einem Hilbertraum \(H\) heißt elliptisch, falls sie beschränkt und äquivalent zur Norm auf \(H\) ist, d. h. falls für alle \(u, v \in H\) gilt, dass

\begin{align*} |a(u, v)| \le c_b \norm {u} \norm {v},\quad c_e \norm {u}^2 \le a(u, u) \end{align*} mit positiven Konstanten \(c_b\) und \(c_e\) (d. h. sie ist beschränkt und koerzitiv).

Beispiel: Die Bilinearform \(a(u, v) = \int _D \grad u \grad v\) des Poisson-Problems ist elliptisch. Zum einen ist sie beschränkt, denn aus der Cauchy-Schwarz-Ungleichung folgt
\(|a(u, v)| \le a(u, u)^{1/2} a(v, v)^{1/2} = \left (\int _D \norm {\grad u}^2\right )^{1/2} \left (\int _D \norm {\grad v}^2\right )^{1/2} \le \norm {u}_1 \norm {v}_1\), wobei
\(\norm {w}_1 = \left (\int _D \left (|w|^2 + \norm {\grad w}^2\right )\right )^{1/2}\) die Norm auf \(H = H_0^1(D)\) ist. Also ist \(c_b = 1\).
Zum anderen ist sie äquivalent zur Norm auf \(H\), denn aus der Poincaré-Friedrichs-Ungleichung folgt \(\int _D |u|^2 \le \const (D) \int _D \norm {\grad u}^2\) für \(u \in H_0^1(D)\). Addiert man \(\int _D \norm {\grad u}^2 = a(u, u)\) zu beiden Seiten, so erhält man \(\norm {u}_1^2 \le (\const (D) + 1) \int _D \norm {\grad u}^2\), d. h. \(c_e = (\const (D) + 1)^{-1}\).

Satz von Lax-Milgram: Sind \(a\) eine elliptische Bilinearform und \(\lambda \) ein beschränktes lineares Funktional auf einem Hilbertraum \(H\), dann hat das Variationsproblem

\begin{align*} \forall _{v \in V}\; a(u, v) = \lambda (v) \end{align*} für jeden abgeschlossenen Unterraum \(V\) von \(H\) eine eindeutige Lösung \(u \in V\). Falls zusätzlich \(a\) auch noch symmetrisch ist, kann die Lösung \(u\) als das Minimum der quadratischen Form

\begin{align*} \Q (u) = \frac {1}{2} a(u, u) - \lambda (u) \end{align*} auf \(V\) charakterisiert werden.

Beispiel: Für \(V = H\) erhält man die Eindeutigkeit und Existenz der schwachen Lösung.
Für \(V = \BB _h\) erhält man die Eindeutigkeit der FE-Approximation, denn in diesem Fall ist das Variationsproblem äquivalent zum Ritz-Galerkin-System \(GU = F\). Die Elliptizität von \(a\) impliziert aufgrund \(UGU = \sum _{i,k} u_k a(B_i, B_k) u_i = a(u_h, u_h) \ge c_e \norm {u_h}^2 > 0\) für \(u_h \not = 0\) die positive Definitheit von \(G\). Damit existiert \(G^{-1}\) und das Ritz-Galerkin-System ist eindeutig lösbar.

Banachscher Fixpunktsatz: Für den Beweis des Satzes von Lax-Milgram wird ein Spezialfall des Banachschen Fixpunktsatzes benötigt: Seien \(H\) ein Hilbertraum und \(g\colon H \rightarrow H\) eine Kontraktion, d. h. \(\norm {g(u) - g(v)} \le c \norm {u - v}\) für ein \(c < 1\). Dann existiert genau ein \(u \in H\) mit \(g(u) = u\).

Approximationsfehler

Orthogonalitätsbeziehung: Die Ritz-Galerkin-Approximation \(u_h \in \BB _h \subset H\) einer Lösung \(u \in H\) für die Variationsgleichungen \(\forall _{v \in H}\; a(u, v) = \lambda (v)\) ist definiert durch

\begin{align*} \forall _{v_h \in \BB _h}\; a(u_h, v_h) = \lambda (v_h). \end{align*} Wegen \(a(u, w_h) = \lambda (w_h) = a(u_h, w_h)\) für \(w_h \in \BB _h\) erfüllt der Fehler folgende Orthogonalitätsbeziehung:

\begin{align*} \forall _{w_h \in \BB _h}\; a(u - u_h, w_h) = 0. \end{align*} Bei einer symmetrischen Bilinearform \(a\) (wenn also \(a\) ein Skalarprodukt induziert) ist Orthogonalität (\(u - u_h \perp _a \BB _h\)) gleichbedeutend zur besten Approximation bzgl. der Skalarprodukt-Norm.

Céas Ungleichung: Der Fehler der Ritz-Galerkin-Approximation \(u_h \approx u\) für eine elliptische Bilinearform \(a\) erfüllt

\begin{align*} \norm {u - u_h} \le (c_b/c_e) \inf _{v_h \in \BB _h} \norm {u - v_h}, \end{align*} wobei \(c_b\) und \(c_e\) die Elliptizitätskonstanten sind.

Beispiel: Als Beispiel betrachtet man die stückweise lineare Ritz-Galerkin-Approximation des Poisson-Problems \(-\Delta u = f\) in \(D\), \(u = 0\) auf \(\partial D\). Céas Ungleichung führt mit \(H = H_0^1(D)\) zu \(\norm {u - u_h}_1 \le (c_b/c_e) \inf _{v_h} \norm {u - v_h}_1\). Für eine Rand-konforme, quasi-uniforme Triangulierung eines konvexen Gebiets gilt \(\inf _{v_h} \norm {u - v_h}_1 \le c_a h \norm {u}_2\), wobei \(h\) die Netzweite der Triangulierung ist. Bei elliptischer Regularität für konvexe Gebiete gilt \(\norm {u}_2 \le c_r \norm {f}_0\). Kombiniert man die Abschätzungen, so erhält man \(\norm {u - u_h}_1 \le c_1 h \norm {f}_0\) mit \(c_1 = (c_b/c_e) c_a c_r\).

Aubin-Nitsche-Dualitätsprinzip: Sei \(H \subset H_\ast \) ein Unterraum des Hilbertraums \(H_\ast \). Dann erfüllt der Fehler \(e_h := u - u_h\) der Ritz-Galerkin-Approximation die Abschätzung

\begin{align*} \norm {e_h}_\ast ^2 \le c_b r \norm {e_h},\quad r = \inf _{v_h \in \BB _h} \norm {u_\ast - v_h}, \end{align*} wobei \(u_\ast \) die Lösung des dualen Problems

\begin{align*} \forall _{v \in H}\; a(v, u_\ast ) = \innerproduct {v, e_h}_\ast \end{align*} ist und \(\innerproduct {\cdot , \cdot }_\ast \) das Skalarprodukt auf \(H_\ast \) bezeichnet.

Beispiel: Für das Modellproblem kann man mit Céas Ungleichung und dem Aubin-Nitsche-Dualitätsprinzip zeigen, dass \(\norm {e_h}_0 \le c_0 h^2 \norm {f}_0\) für stückweise lineare finite Elemente auf quasi-uniformen Triangulierungen eines konvexen, polygonal berandeten Gebiets gilt. In diesem Fall ist \(H := H_0^1(D)\), \(H_\ast := L_2(D)\), \(\norm {\cdot }_\ast := \norm {\cdot }_0\) und die beiden Faktoren in der Aubin-Nitsche-Abschätzung können jeweils durch

\begin{align*} \norm {e_h}_1 \le c_1 h \norm {f}_0,\quad r \le ch\norm {u_\ast }_2 \end{align*} beschränkt werden. Wegen \(a(v, u_\ast ) = \int _D \grad u_\ast \grad v\) ist das duale Problem die schwache Lösung von

\begin{align*} -\Delta u_\ast = e_h \text { in } D,\quad u_\ast = 0 \text { auf } \partial D. \end{align*} Durch elliptische Regularität erhält man \(\norm {u_\ast }_2 \le c_r \norm {e_h}_0\) und daher \(\norm {e_h}_0 \le c_0 h^2 \norm {f}_0\) mit \(c_0 := c_b c_1 (c c_r)\).

Die Abschätzungen funktionieren auch bei anderen finiten Elementen. Bei Spline-Approximationen gilt zum Beispiel

\begin{align*} \norm {u - v_h}_\ell \preceq h^{n+1-\ell } \norm {u}_{n+1} \end{align*} mit \(v_h\) der besten Spline-Approximation von \(u\) vom Grad \(\le n\) und Gitterweite \(h\). Für Probleme 2. Ordnung impliziert Céas Ungleichung, dass für die \(H^1\)-Norm (\(\ell = 1\)) diese optimale Approximationsordnung erhalten bleibt. Dies gilt auch für die \(L^2\)-Norm wegen dem Aubin-Nitsche-Dualitätsprinzip. Hier muss man jedoch annehmen, dass das duale Problem optimale Regularität hat, d. h.

\begin{align*} \norm {u_\ast }_2 \le c_r \norm {e_h}_0. \end{align*}