Topologische Definitionen

Bemerkung: Im Folgenden ist (X,d) ein metrischer Raum.

ε-Kugel:  Für x0X und ε>0 heißt Bε(x0):={xX|d(x,x0)<ε} ε-Kugel um x0.

offen:  OX heißt offen, falls xOε>0Bε(x)O.

abgeschlossen:  AX heißt abgeschlossen, falls XA offen ist.

Inneres:  Für MX heißt M=int(M):={xM|ε>0Bε(x)M} Inneres von M.

Abschluss:  Für MX heißt M¯:=Xint(XM) Abschluss von M.

Rand:  Für MX heißt M:=M¯int(M) Rand von M.

dicht:  BX liegt dicht in AX, falls B¯=A.

beschränkt:  CX heißt beschränkt, falls xXR>0CBR(x).

zusammenhängend:  ZX heißt zusammenhängend, falls es keine Zerlegung von Z in zwei disjunkte, offene und nicht-leere Mengen Z1,Z2X gibt.

Bemerkung: Die Mengen Z1,Z2X bei der Definition von Zusammenhang müssen offen bzgl. der Teilraumtopologie auf Z sein, d. h. Schnitte von offenen Mengen in X mit Z.

Beispiel:

  • Sei (X,d)=(R2,2). Dann ist B1(0)=int(B1(0)) offen und zusammenhängend und B1(0)¯={xR2|x21} ist abgeschlossen und zusammenhängend. Außerdem ist B1(0)={xR2|x2=1}.

  • Sei (X,d)=(R,||). Dann ist M=nN[12n,12n1] nicht zusammenhängend und weder offen noch abgeschlossen. Es gilt M={1m|mN}{0}.

Bemerkung: Für normierte Räume X gilt Bε(x0)¯={xX|xx0ε}.

Konvergenz

Konvergenz:  Eine Folge (xn)nN in einem metrischen Raum (X,d) heißt konvergent gegen den Grenzwert xX für n (xnnx, limnxn=x), falls limnd(xn,x)=0, also ε>0nεNnnεd(xn,x)<ε.

Bemerkung: Der Grenzwert einer Folge (xn)nN ist eindeutig bestimmt, wenn er existiert. Sind nämlich x und y Grenzwerte der Folge, dann gilt
0d(x,y)d(x,xn)+d(xn,y)=d(xn,x)+d(xn,y)n0, also d(x,y)=0 und x=y.

Satz (Linearität des Grenzwerts): Seien (X,) ein normierter Raum, (xn)nN und (yn)nN Folgen in X sowie (αn)nN eine Folge in K, wobei xnnx, ynny und αnnα.
Dann gilt αnxn+ynnαx+y.

Satz (Abschluss ist Menge aller Grenzwerte): Seien (X,d) ein metrischer Raum und MX.
Dann gilt M¯={xX|(xn)nN Folge in Mxnnx}.

Beispiel:

  • Sei (X,d)=(Rm,2). Dann gilt xnnx genau dann, wenn
    i=1m((xn)i(x)i)2n0. Dies ist äquivalent zu i=1,,m(xn)in(x)i.

  • Sei (X,d)=(C0([0,1]),d) mit d(x,y)=maxt[0,1]|x(t)y(t)|.
    Dann gilt xnnx genau dann, wenn maxt[0,1]|xn(t)x(t)|n0
    ε>0nεNnnεmaxt[0,1]|xn(t)x(t)|<ε
    ε>0nεNnnεt[0,1]|xn(t)x(t)|<ε (xn konvergiert gleichmäßig gegen x).

  • Sei (X,d)=(C0([0,1]),d) mit d(x,y)=(01|x(t)y(t)|pdt)1/p für p[1,).
    Dann gilt xnnx genau dann, wenn (01|xn(t)x(t)|pdt)1/pn0
    ε>0nεNnnε01|xn(t)x(t)|pdt<ε (xn konvergiert im p-ten Mittel gegen x).

Stetigkeit

Bemerkung:
Im Folgenden sind (X,dX) und (Y,dY) metrische Räume und T:XY eine Abbildung.

stetig in einem Punkt:  T heißt stetig in x0X, falls
ε>0δ=δ(x0,ε)>0xX,dX(x,x0)<δdY(T(x),T(x0))<ε.

stetig:  T heißt stetig (in X), falls T in jedem Punkt x0X stetig ist.

Homöomorphismus: 
T heißt Homöomorphismus, falls T bijektiv ist sowie T und T1 stetig sind.

Isomorphismus: 
T heißt Isomorphismus, falls T bijektiv und linear ist sowie T und T1 stetig sind.

Isometrie: 
T heißt Isometrie, falls T bijektiv und stetig ist und x1,x2XdY(T(x1),T(x2))=dX(x1,x2).

Bemerkung: Isometrien werden oft ohne Voraussetzung der Bijektivität definiert. Bijektive Isometrien heißen in diesem Fall isometrische Isomorphismen.

Satz (äquivalente Beschreibungen von Stetigkeit): Folgende Aussagen sind äquivalent:

  • T ist stetig.

  • T ist folgenstetig, d. h. xX(xn)nN Folge in X,xnxT(xn)nT(x).

  • Für alle offenen Teilmengen OY ist T1(O)X offen.

  • Für alle abgeschlossenen Teilmengen AY ist T1(A)X abgeschlossen.

Vollständige Räume

Cauchy-Folge:  Eine Folge (xn)nN in einem metrischen Raum (X,d) heißt Cauchy-Folge, falls ε>0nεNn,mnεd(xn,xm)<ε.

Lemma (konvergente Folgen sind Cauchy-Folgen):
Jede konvergente Folge in einem metrischen Raum ist eine Cauchy-Folge.

vollständig:  Ein metrischer Raum (X,d) heißt vollständig, falls jede Cauchy-Folge (xn)nN in X gegen einen Punkt xX konvergiert.

Fréchet-, Banach-, Hilbertraum:  Ein vollständiger metrischer Raum, normierter Raum oder Skalarproduktraum heißt Fréchet-, Banach- bzw. Hilbertraum.

Beispiel:

  • (R,||) und (C,||) sind Banachräume.

  • (Q,d) mit d(x,y)=|xy| ist nicht vollständig. Wählt man z. B. die Folge (xn)nN in Q mit xn gleich der Dezimaldarstellung von 2 bis zur n-ten Nachkommastelle, so konvergiert zwar xn2 in R. Die Folge hat aber keinen Grenzwert in Q (obwohl sie eine Cauchy-Folge ist).

äquivalent:  Zwei Normen a und b auf X heißen äquivalent, falls jede Folge, die bzgl. a konvergiert, auch bzgl. b konvergiert und umgekehrt.
Äquivalent ist c1,c2>0xXc1xbxac2xb.

Satz (äquivalente Normen in endlich-dimensionalen Räumen):
In einem endlich-dimensionalen K-Vektorraum X sind alle Normen äquivalent.

Folgerung: Jeder endlich-dimensionale normierte Raum ist ein Banachraum.

Bemerkung: Jeder endlich-dimensionale Unterraum U eines normierten Raums X ist abgeschlossen. Ist nämlich (xn)nN eine Folge in U und xX mit x=limnxn, dann ist (xn)nN eine Cauchy-Folge in U. Weil U vollständig ist, existiert ein Grenzwert in U, d. h. auch in X. Wegen der Eindeutigkeit von Grenzwerten muss dieser mit x übereinstimmen, also xU.

Satz (vollständige Funktionenräume): Alle oben definierten, normierten Funktionenräume außer Ccm(Ω,K) sind vollständig, also die Räume B(M,K), Cm(K,K), Cbm(Ω,K), Cunifm(Ω,K) und C0,α(Ω,K) für M,K,ΩRn nicht-leer mit K kompakt, Ω offen und mN0, α(0,1].

Bemerkung: Die Ccm-Räume sind nicht vollständig, da es Folgen gibt, bei denen der Träger immer breiter wird (die Grenzfunktion hätte keinen kompakten Träger mehr).

Satz (Kp vollständig): Die Räume (Kp,p) mit p[1,] sind vollständig, insbesondere handelt es sich bei p=2 um einen Hilbertraum.

Bemerkung: C0([0,1]) mit f:=(01|f(x)|pdx)1/p für p[1,) ist nicht vollständig.
Für p=2 ist zum Beispiel (fn)nN mit fn(x):=nα für x[0,1/n] und fn(x):=xα für x(1/n,1] und α(0,1/2) eine nicht-konvergente Cauchy-Folge.

Satz (Lp vollständig): Die Räume (Lp(Ω),Lp) mit p[1,] sind vollständig, insbesondere handelt es sich bei p=2 um einen Hilbertraum.

Satz (Satz von Beppo-Levi zur monotonen Konvergenz):
Seien D messbar und (fn)nN eine Folge messbarer Funktionen fn:DR0+{} mit fnf für n (fn konvergiert monoton gegen f, also xDlimnfn(x)=f(x),fn(x)fn+1(x)).
Dann ist f messbar und Dfdλ=limn(Dfndλ).

Satz (Satz von Lebesgue zur majorisierten Konvergenz):
Seien D messbar und (fn)nN eine Folge messbarer Funktionen fn:DR{±}, sodass limnfn(x)=:f(x) λ-f.ü. existiert, sowie g λ-integrierbar mit nN|fn|g.
Dann ist f messbar und Dfdλ=limn(Dfndλ) sowie limn(D|ffn|dλ)=0.

Lemma (Äquivalenz für Banachraum): Sei (X,) ein normierter Raum.
Dann sind äquivalent:

  • (X,) ist ein Banachraum.

  • Jede absolut konvergente Reihe i=1ai (d. h. i=1ai<) ist konvergent.

Beispiel: (Cb(Ω),d) mit d(f,g):=n=12nf(n)g(n)C01+f(n)g(n)C0 ist ein Fréchetraum.

Satz (Vervollständigung): Jeder normierte Raum (X,) ist isometrisch isomorph zu einem normierten Raum (X,) (d. h. es gibt einen Isomorphismus T:XX, der gleichzeitig eine Isometrie ist), wobei (X,) ein dichter Unterraum eines Banachraums (X~,X~) und bis auf isometrische Isomorphie eindeutig bestimmt ist. (X~,X~) heißt Vervollständigung von (X,X).

Satz (Ccm dicht in Lp): Für mN0{} und p[1,) ist Ccm(Ω) dicht in (Lp(Ω),Lp).
(Lp(Ω),Lp) kann somit mit der Vervollständigung von Ccm(Ω) bzgl. der Lp-Norm identifiziert werden.

Satz (Banachscher Fixpunktsatz): Seien (X,d) ein vollständiger metrischer Raum und
F:XX eine Kontraktion, d. h. λ(0,1)x,yXd(F(x),F(y))λd(x,y).
Dann besitzt F genau einen Fixpunkt, d. h. !xXF(x)=x.

Kompaktheit

kompakt:  Seien (X,d) ein metrischer Raum und KX.
Dann heißt K kompakt, falls I IndexmengeOiX offen,KiIOii1,,inIKj=1nOij.

Satz (Äquivalenz zu Kompaktheit): Seien (X,d) ein metrischer Raum und KX.
Dann sind äquivalent:

  • K ist kompakt.

  • K ist folgenkompakt, d. h. (xn)nN Folge inK(xnk)kN TeilfolgexKx=limkxnk.

  • (K,d) ist vollständig und präkompakt, d. h. ε>0HX endlichKxHBε(x).

Bemerkung: K¯X ist kompakt (xn)nN Folge inK(xnk)kN TeilfolgexXx=limkxnk.

Satz (kompakt beschränkt und abgeschlossen):
Jede kompakte Teilmenge eines metrischen Raumes ist beschränkt und abgeschlossen.

Satz (Äquivalenz für Umkehrung): Sei (X,) ein normierter Raum.
Dann sind äquivalent:

  • Jede beschränkte und abgeschlossene Teilmenge ist kompakt.

  • X ist endlich-dimensional.

  • B1(0)¯ ist kompakt.

Lemma (Lemma von Riesz): Seien (X,) ein normierter Raum und YX ein abgeschlossener Unterraum. Dann gilt r(0,1)xrXYxr=1,dist(xr,Y):=infyYxryr.

Satz (beste Approximation):
Seien (X,d) ein metrischer Raum und KX eine nicht-leere, kompakte Teilmenge.
Dann gilt x0Xy0Kd(x0,y0)=dist(x0,K):=infyKd(x0,y).
In diesem Fall heißt y0 beste Approximation oder bestapproximierendes Element von x0 in K.

Bemerkung: In nicht-kompakten Mengen gibt es i. A. kein bestapproximierendes Element, z. B. geht dies nicht für x0=1 und M1=(0,1] oder x0=1 und M2=nN[12n,12n1].

Satz (Satz von Arzelà-Ascoli):
Seien (K,d) ein kompakter metrischer Raum und AC0(K,K). Dann sind äquivalent:

  • A ist relativ kompakt in C0(K,K), d. h. A¯ ist kompakt in C0(K,K).

  • A ist beschränkt (d. h. supfAfC0<) und gleichgradig stetig, d. h.
    xKε>0δ=δ(x,ε)>0yBδ(x)fA|f(x)f(y)|<ε.

Bemerkung: Da K kompakt ist, gilt C0(K,K)=Cunif0(K,K), d. h. das δ(x) kann unabhängig von x gewählt werden. Diesen als Satz von Heine-Cantor bekannten Sachverhalt kann man so beweisen: Sei ε>0 beliebig. Zu xK sei δ(x):=δ(x,ε) wie in der Definition der Stetigkeit. Weil K kompakt ist, gibt es x1,,xnK mit Kk=1nBδ(xk)/2(xk). Wähle δ:=mink=1,,nδ(xk)2. Seien xK und yBδ(x) beliebig. Dann gibt es ein {1,,n}, sodass xBδ(x)/2(x). Aus yBδ(x) folgt, dass yBδ(x)/2(x). Insgesamt gilt also yBδ(x)(x). Damit erhält man |f(x)f(y)||f(x)f(x)|+|f(x)f(y)|<2ε, wobei man jeweils die Stetigkeit von f in x anwendet (d(x,x)<δ(x)2<δ(x) und d(x,y)<δ(x)).

Beispiel: Die Menge A:=B1(0) in (C1([1,1]),C1) ist beschränkt in (C0([1,1]),C0) (da fC0fC1<1 für alle fA) und gleichgradig stetig, da
x[1,1]ε>0δ=δ(x,ε)>0yBδ(x)fA|f(x)f(y)||xy|supξ[1,1]|f(ξ)|<ε für δ(x,ε):=ε, weil supξ[1,1]|f(ξ)|1 für alle fA.
Nach dem Satz von Arzelà-Ascoli ist A relativ kompakt in (C0([1,1]),C0).

Satz (Satz von Fréchet-Kolmogorov, Riesz):
Für p[1,) ist ALp(Rm,K) relativ kompakt genau dann, wenn

  • supfAfLp<,

  • supfAf(+h)f()LphRm,h00 und

  • supfAfLp(RmBR(0))R0.